Himmelsscheibe von Nebra

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Himmelsscheibe von Nebra, Nachbildung, Bergbaumuseum und Schaustollen Mühlbach am Hochkönig

Die Himmelsscheibe von Nebra war ein bedeutender archäologischer Fund mit sensationellem Salzburgbezug.

Einführung

Abbild der restaurierten Himmelsscheibe von Nebra. Sonderausstellung April bis Oktober 2015 im Besucherzentrum des Geoparks Erz der Alpen in Bischofshofen

Der spektakulärste und neben "Ötzi" wohl bekannteste und am besten untersuchte archäologische Fund der letzten 100 Jahre ist die Himmelsscheibe von Nebra. Sie ist Teil eines Bronzeschatzes, der als Hort (um 1600 v. Chr.) sorgfältig deponiert und vergraben wurde.

Fundort, Fundumstände und Zustand der Scheibe

Die Auffindung der Himmelsscheibe wurde im Jahr 2002 bekannt. Die Bronzescheibe wurde auf dem Mittelberg bei Nebra entdeckt. Nebra liegt in Sachsen-Anhalt in der Bundesrepublik Deutschland. Der Mittelberg bei Nebra ist eine Anhöhe, deren Kuppe von großen Abschnittswällen umgeben ist.

Die "Entdecker" der Scheibe wurden selbst "entdeckt", nachdem sie die Scheibe im Jahr 1999 gefunden, ausgegraben, auf dem Schwarzmarkt angeboten und erfolgreich verkauft hatten. Die Himmelsscheibe gelangte in den folgenden Jahren in die Hände verschiedener Händler und Hehler. Auf verschlungenen Wegen drangen Gerüchte über eine besondere "Ware" bis in Fachkreise. Es folgte eine polizeiliche Untersuchung und Fahndung, die schließlich Erfolg hatte. "Im Februar 2002 stellte die Basler Polizei in enger Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt, dem Kultusministerium und dem Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt den Fund sicher. Die Originale gehören seitdem zur Schatzkammer des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Seit dem 23. Mai 2008 ist die Himmelsscheibe in der Dauerausstellung des Landesmuseums für Vorgeschichte des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt zu sehen."

Die Himmelsscheibe wies bei der Übernahme durch die Archäologen einige Schäden auf. Die Oberfläche war teilweise zerkratzt und der Scheibenrand war an einer Stelle durch einen Hammerschlag zerstört. Ein Teil der ursprünglich kreisrunden Goldblechauflage war mit einem scharfkantigen Werkzeug heraus gerissen worden. Der Zustand der Scheibe wies die Archäologen auf die Fundsituation hin, die später von den Findern bestätigt wurde. Die Scheibe wurde seither aufwendig untersucht und restauriert und in Form einer Ausstellung gemeinsam mit anderen Gegenständen an mehreren Orten, u.a. in Wien, der interessierten Öffentlichkeit präsentiert.

Platzierung der Himmelsobjekte und inhaltliche Deutung der Scheibe

Die Himmelsscheibe ist Teil eines Bronzeschatzes, der als Hort (um 1600 v. Chr.) sorgfältig deponiert wurde. Diese Niederlegungen waren Teil eines religiösen Brauchtums.

Die Himmelskörper aus Gold wurden zu vier unterschiedlichen Zeitpunkten auf der Bronzescheibe platziert. Die Scheibe zeigte vor 1600 zuerst nur Sterne, den Vollmond und den Sichelmond. In einer zweiten Phase, ebenfalls noch vor 1600, kamen die Randbögen dazu. Diese wurden – das hat man durch technische Untersuchungen herausgefunden – von einem anderen Handwerker gefertigt. Ebenfalls noch vor 1600 wurde zu einem dritten Zeitpunkt die Barke eingefügt. Bei der vierten Umgestaltung, wiederum noch vor 1600, wurde der Rand der Scheibe in nahezu gleichen Abständen durchlocht. In der fünften Phase irgendwann vor 1600 ging der linke Horizontbogen verloren oder er wurde entfernt. Zwischen 1600 vor Christus und 1999 veränderte sich die Scheibe durch die Einwirkung des Umgebungsmaterials durch Korrosion durch Malachit und Zinnstein und erhielt seine intensiv grüne Verfärbung.

Es hat den Anschein, dass Menschen in weiten Teilen Europas und im mediterranen Raum ähnliche Vorstellungen von der Sonnenreise in Verbindung mit einem Schiff hatten. Das Schiff wurde als Vermittler zwischen Himmel und Unterwelt betrachtet. Man nimmt an, dass die Religion der Nordischen Bronzezeit eine "Sonnenreligion" war, deren zentrales Thema der Kreislauf der Sonne ist.

Zeitliche und kulturelle Zuordnung der Himmelsscheibe

Unetice, deutsch Aunjetitz, ein kleines Dorf nordwestlich von Prag im heutigen Tschechien, wurde wegen einer ausserdordentlich fachlichen Ausgrabungsdokumentation im Jahr 1879 namensgebend für eine Kulturphase, die sich über ca. 700 Jahre erstreckt. Der Zeitraum liegt zwischen 2300 und 1600 v. Chr. Die Menschen der Aunjetitzer Kultur lebten in weiten Teilen des östlichen Mitteleuropa. Sie verwendeten gleiche Geschirrformen – besonders bekannt ist die klassische Aunjetitzer Tasse - trugen ähnlichen Schmuck und bestatteten ihre Toten nach denselben Regeln. Sie legten ihre Verstorbenen in Flachgräber auf der rechten Körperseite in Hockstellung mit Blick nach Osten. Die Toten sahen so der aufgehenden Sonne entgegen, was zur Annahme geführt hat, dass die Sonne für die Menschen dieser Kultur in deren Religion eine große Rolle spielte.

Der Hort, dessen zentrale Gabe die Himmelsscheibe darstellt, wird dieser Periode zugeordnet. Er wird zwischen 1700 und 1500 v. Chr. datiert. Neben diesem Hortfund sind noch andere Hortfunde aus demselben Zeitraum bekannt. Außer diesen gibt es aus der Aunjetitzer Kultur zahlreiche Grabfunde, aber nur wenig Siedlungsfunde. Man rechnet die Aunjetitzer Kultur zur Frühbronzezeit, obwohl erst um die Wende zum Zweiten Jahrtausend eine größere Anzahl von Gegenständen aus Bronze vorkommen.

Herstellung der Scheibe und Herkunft des Rohmaterials

Prähistorischer Schmelzplatz in Mühlbach am Hochkönig
Bruchstück einer prähistorischen Fladenschlacke, Schrammbach, Mühlbach am Hochkönig

Die Sonnenscheibe von Nebra besteht aus Bronze, einer Legierung von Kupfer und Zinn. Sie wurde nicht gegossen sondern kalt geschmiedet. Das Rohmaterial war ein Kupferbarren mit etwa 15 – 20 cm Durchmesser und etwa 1 bis 1,5 cm Dicke. Die Bronze weist einen niedrigen Zinngehalt auf und ist dadurch ungewöhnlich weich. Der Handwerker war mit der Technik vertraut, aber es passierten ihm auch Fehler, erkennbar an einigen Rissen am Rand der Scheibe. Aber erst durch das Anbringen der Himmelskörper aus Gold wurde das Bronzeblech zur Himmelsscheibe. Die Anbringung erfolgte in einer Technik, die bis zu dieser Zeit in Mitteleuropa nicht gebräuchlich war. Die angewandte Tauschiertechnik stammte aus dem mediterranen Raum, insbesondere aus der mykenischen Kultur. Der Handwerker muss diese Technik gekannt oder von ihr gehört haben und versuchte bei seiner Arbeit eine ähnliche Wirkung zu erzielen. Nach komplizierten und vielfältigen - auch kriminaltechnischen – Untersuchungen weiß man heute, dass das Kupfer als Rohmaterial aus dem Ostalpenraum und zwar konkret aus dem Mitterberger Kupferrevier in Mühlbach am Hochkönig stammt. Das verwendete Gold ist sehr silberhältig und weist Spuren von Zinn auf, was den Schluss zulässt, dass es in Siebenbürgen gewonnen wurde. Eine kunstvolle Nachbildung der Himmelsscheibe (siehe Bild) wird im Rahmen des Museumsprojektes Bergbaumuseum und Schaustollen Mühlbach am Hochkönig präsentiert.

Heimspiel

Das Besucherzentrum Geo Park Erz der Alpen im Schanzengelände Bischofshofen wurde am 24. April 2015 mit der internationalen Sonderausstellung über diesen archäologischen Jahrhundertfund (Ausstellungsdauer 24. April bis 31. Oktober 2015) eröffnet.

Quellen

  • "Der geschmiedete Himmel, Die weite Welt im Herzen Europas vor 3600 Jahren", Hrsg. Harald Meller, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum für Vorgeschichte, Begleitband zur Sonderausstellung, ISBN 3-8062-1907-9