Lager Grödig

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Das Lager Grödig nordwestlich der heutigen Berchtesgadener Straße (Aufnahme etwa aus dem heutigen Bereich der Autobahnanschlussstelle Salzburg-Süd.
Russenlager
Lagerplan
Insassen des Lagers
Flüchtlingsfamilien vor einer Lagerbaracke.

Das Lager Grödig befand sich im Flachgau in der Marktgemeinde Grödig sowie im Anifer Ortsteil Neu-Anif.

Geschichte

Das Lager Grödig bestand aus drei Teilen. Lager I und Lager II waren das k.u.k. Kriegsgefangenenlager Grödig im Marktgemeindegebiet von Grödig, Lager III, das Lager Niederalm, befand sich im Gemeindegebiet von Anif, in dem damals noch Niederalm genannten Ortsteil. Das Lager III war im Ersten Weltkrieg unter militärischer Führung für Flüchtlinge aus den östlichen Gebieten der Donaumonarchie (Galizien und der Bukowina) vorgesehen, wurde danach jedoch auch für andere Zwecke verwendet.

Die Bezeichnungen für das Lager Grödig und das Lager Niederalm, neben anderen Bezeichnungen wie Russenlager oder Schwabenlager, sind in Quellen durchaus unterschiedlich. Dopsch titelt in der Anifer Chronik das gesamte Lager als Lager Niederalm, ältere Zeitungsquellen nennen es k.u.k. Kriegsgefangenenlager Grödig oder Kriegsgefangenenlager Grödig, andere Internetquellen wiederum nennen es nur Barackenlager, Barackenlager Grödig oder auch Barackenlager Grödig-Niederalm[1]. Selbst auf Internetseiten, die das Lager historisch aufarbeiten, wechseln die Bezeichnungen.

Beim Eingang in den Lagerfriedhof wiederum steht auf einer Tafel Lagerfriedhof Grödig.

Das Salzburger Volksblatt berichtete in seiner Ausgabe vom 11. Februar 1920, dass "im Barackenlager Niederalm bei Grödig" am 9. Februar eine Baracke in Brand geraten war (und das Feuer rasch wieder gelöscht werden konnte).[2] Zuvor, am 18. April 1917, hatte das Salzburger Volksblatt von Fällen von Infektionskrankheiten im Lager Niederalm berichtet.[3]

Schon am Anfang des Ersten Weltkriegs, Ende 1914, begannen die Arbeiten auf dem Gelände, das insgesamt 598 000 Quadratmeter umfasste. Bis zu 45 000 Menschen sollten dort in 290 Holzbaracken leben. Mit 40 000 Einwohnern wurde der Höchststand erreicht - um 4 000 mehr, als die Landeshauptstadt Salzburg in der Zählung von 1910 aufwies.

Die Gesamtkosten für den Lagerbau betrugen 2,5 Millionen Kronen.

Laut der Grödiger Gemeindechronik sind während der Lagerzeit über 2 000 Menschen gestorben. Die Zahl dürfte aber um einiges höher gewesen sein. Zeitzeugen berichteten von 17 000 bis 23 000 Toten.[4]

Lagerabschnitte

Lager I

Das Lager I erstreckte sich östlich des Marktzentrums im heutigen Grödiger Ortsteil Neue Heimat, Bereich Oberfeldstraße-Göllstraße-Neue-Heimat-Straße (dort befindet sich noch heute die so genannte "Lagerstraße"). Es umfasste zunächst 50 Wohnbaracken für jeweils 300 Kriegsgefangene (= 15 000). Hier befand sich auch der Bahnhof Grödig der Salzburger Lokalbahn (Rote Elektrische).

Lager I bestand aus etwa 160 Baracken

  • Lagerkommando mit Turm, Kommandantur, Post, Requisitendepot, Remise
  • Gebäudeverwaltung, Kanzlei, Proviantur, zwei Wachebaracken, zwei Waschbaracken, Keller, Transformatorenhaus, Altarkapelle, sowie Rinderstall, Pferdestall, Verbrennungsofen und Verbrennungsofen für Fäkalien
  • Wachgruppe zu je einer Hauptwache, Kanzlei, sechs Wachebaracken, drei Arreste, zwei Waschbaracken, eine Marketenderei für Wache, Pumpenbaracke
  • eine kriegsgefangene-Offiziere-Gruppe zu je zehn Offizierswohnbaracken, eine Offiziersdiener-Wohnbaracke, eine Kontumaz- und Strafbaracke
  • fünf Mannschaftswohngruppen zu je zehn Wohnbaracken, zwei Waschbaracken, zwei Küchenbaracken und zwei Wachebaracken
  • Krankengruppe zu je eine Sanitätsbaracke und eine Sanitäts-Mannschaftsbaracke, zwölf Krankenbaracken, zwei Wasch- und Badebaracken, zwei Küchenbaracken und ein Leichenhaus, sowie Isoliergruppe zu je vier Isolierbaracken, vier Beobachtungsbaracken, eine Sanitäts-Mannschaftsbaracke und ein Leichenhaus
  • Verpflegungsgruppe (Bahnstation Grödig, Schleppgleis) zu 9 Magazinen, Proviantur, Kanzlei und zwei Bäckereien, zwei Mannschaftsbaracken

Lager II

Mit der Errichtung des Lagers II für Kriegsgefangene, das sich zwischen St. Leonhard im Süden von Grödig und dem Drachenloch westlich des Almkanals bis zum Fuße des Untersbergstocks erstreckte, wurde am 3. März 1915 begonnen.

Lager II bestand aus etwa 110 Baracken

  • Wachgruppe zu je eine Hauptwache und vier Wachebaracken, zwei Arreste, ein Requisitendepot, eine Offizierswohnbaracke, eine Offiziersdiener-Wohnbaracke, eine Marketenderei für Wache
  • drei Mannschaftswohngruppen zu je zehn Wohnbaracken, zwei Waschbaracken, zwei Küchenbaracken und vier Wachebaracken
  • Krankengruppe zu je eine Sanitätsbaracke und eine Sanitäts-Mannschaftsbaracke, vier Krankenbaracken, zwei Waschbaracken, eine Küchenbaracke und ein Leichenhaus, sowie Isoliergruppe zu je zwei Isolierbaracken, eine Sanitäts-Mannschaftsbaracke und ein Leichenhaus
  • Verpflegungsgruppe (Bahnstation St. Leonhard, Schleppgleis) zu vier Magazinen, Proviantur, Kanzlei und Bäckerei, sowie eine Mannschaftswohngruppen zu je zehn Wohnbaracken, zwei Waschbaracken, zwei Küchenbaracken, eine Sanitätsbaracke und vier Wachebaracken, sowie Rinderstall, Schweinestall, Schlachthaus, Trockenraum Häute, Pumpenbaracke, Transformatorenhaus, Verbrennungsofen und Verbrennungsofen für Fäkalien

Lager III

Lager III wurde südöstlich des bereits bestehenden Kriegsgefangenenlagers I errichtet in Richtung des kleinen Gois-Hügels sowie gegen den Überackerhof und Niederalm. Das heutige Siedlungsgebiet von Neu-Anif entspricht dem Lagergebiet.

Hauptartikel Lager Niederalm

Lager III bestand aus 65 Baracken

  • Wachgruppe zu je einer Hauptwache und zwei Wachebaracken
  • vier Mannschaftswohngruppen zu je zehn Wohnbaracken, zwei Waschbaracken, zwei Küchenbaracken und eine Sanitätsbaracke
  • zwei Bereitschaftsbaracken

Es war für Evakuierte und Flüchtlinge aus den Gebieten der östlichen Donaumonarchie (Galizien und der Bukowina) vorgesehen. In diesem Lager III gab eine Theaterbaracke, eine Bibliothek mit Lesehalle, eine katholische, evangelische und eine orthodoxe Kirche sowie einen jüdischen Tempel und einen muslimischen Gebetsraum. Außerdem gab es eine eigene Feuerwehr, die allerdings 1916 einen Großbrand im Lager nicht verhindern konnte. Die Lagerkinder wurden in einer russischen, einer ukrainischen und einer jüdischen Schule unterrichtet. Zumindest bis 1923 existierte eine Lagerschule, die als Außenstelle der Volksschule Grödig von Oberlehrer Siegl geleitet wurde.

Zum Lager gehörte auch der Lagerfriedhof Grödig.

Bilder

 Lager Grödig – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im Salzburgwiki

Weblink

Quellen

Einzelnachweise

  1. Beispiel ANNO, Salzburger Wacht, Ausgabe vom 30. Mai 1915
  2. ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 11. Februar 1920, Seite 4
  3. ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 18. April 1917, Seite 4
  4. Quelle ORF/2015