Nanoplastik auf dem Hohen Sonnblick nachgewiesen

Aus SALZBURGWIKI
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Das Sonnblick Observatorium auf dem Gipfel des Hohen Sonnblicks, Aufnahme 2019.

In einer Studie des Observatoriums Sonnblick wurde Nanoplastik auf dem Hohen Sonnblick auf 3 106 m ü. A. nachgewiesen.

Die Studie

Nanoplastik auf dem Rauriser Sonnblick kommt aus Frankfurt, Paris und London

Die Arbeit der Forscher zeigt: Nanoplastik ist kein Problem, das sich auf Großstädte beschränkt. Es ist auch in unberührten Regionen zu finden - wo wir es mit der vermeintlich guten Luft einatmen.

Die Vorstellung, wonach Bergluft stets frisch und gesund sei, ist trügerisch: Denn auf dem 3 106 Meter hohen Sonnblick haben Wissenschafter der Universität Utrecht, Niederlande, erstmals Nanoplastik nachgewiesen. Dabei waren die Forscher ursprünglich auf der Suche nach bestimmten organischen Partikeln, als sie eher zufällig auf Nanoplastik stießen.

Das Projekt, bei dem auch Elke Ludewig, die Leiterin des Observatoriums der ZAMG auf dem Hohen Sonnblick, mitarbeitet, startete im Februar 2017 mit Schneeproben - die Ergebnisse wurden jetzt im Fachmagazin "Environmental Pollution" veröffentlicht.

Eineinhalb Monate lang haben Elke Ludewig und ihre Kollegen täglich frischen Schnee geschöpft und die Proben tiefgekühlt an das Forscherteam unter der Leitung von Dušan Materić nach Utrecht geschickt und einer aufwendigen chemischen Analyse unterzogen. Die Schneeproben wurden geschmolzen, das Wasser verdampft und die Rückstände anschließend verbrannt. Die dabei entstandenen Dämpfe wurde analysiert - mit einer Nachweismethode, die der einer mechanischen Nase ähnelt.

Dabei fand ein Detektor den Geruch verschiedener Kunststoffarten. In erster Linie handelte es sich dabei um Polypropylen (PP) und Plyethylenterepftalat (PET). Und: Die Kunststoffpartikel waren mit einer Größe von weniger als 200 Milliardstel Meter (Nanometer) deutlich kleiner als in früheren Studien nachgewiesene Plastikpartikel.

Ihre Größe entspricht in etwa einem Hundertstel der Breite eines menschlichen Haares. Die durchschnittliche Nanoplastik-Konzentration lag bei 46,5 Nanogramm pro Milliliter Oberflächenschnee. Dieses Ergebnis an einem so abgelegenen Ort wir dem Sonnblick-Observatorium hat die Forscher überrascht. Observatoriumsleiterin Elke Ludewig: "Nicht das Vorhandensein von Nanoplastik an sich hat mich erstaunt, aber die Menge schon", sagt sie. Die Ergebnisse wurden noch einmal überprüft - und durch neue Proben bestätigt.

"Eine Hypothese ist, dass sich die Nanoplastikpartikel im Gehirn an unseren Synapsen ablagern und die Leistung des Gehirns beeinträchtigen" (Elke Ludewig)

Das Forschungsprojekt wurde daraufhin ausgeweitet. 2019 wurden auf dem Sonnblick spezielle Messinstrumente aufgestellt, mit deren Hilfe sowohl Mikro- als auch Nanoplastik in der Luft gemessen werden können. Außerdem machten sich die Forscher auf die Suche nach einer Erklärung für das Nanoplastik auf dem Sonnblick. Dass es aus der lokalen Umgebung stammen könnte, ist unwahrscheinlich. An manchen Tragen betrug etwa die Mikroplastik-Konzentration bis zu neun Mikrogramm pro Liter Luft.

"Wir haben unsere Modelle zur Berechnung der Luftbewegungen für die Frage herangezogen, woher die Partikel stammen könnten", berichtet Elke Ludewig. Zusammen mit den Simulationsmodellen der Kollegen von der Universität Utrecht konnte das Rätsel letztlich gelöst werden: Die mit Nanoplastik verschmutzte Luft kommt bei bestimmten Luftströmungen aus europäischen Großstädten, oft aus Frankfurt und dem industriell geprägten Ruhrgebiet, aber auch aus den Niederlanden, aus Paris und sogar aus London.

Für Elke Ludewig sind die Erkenntnisse bedenklich. Zwar sei das Thema Nanoplastik als noch sehr neues Thema in der Wissenschaft nicht endgültig erforscht. "Was genau Nanoplastik, das wir mit der Luft einatmen, in unserem Körper anrichtet, darüber streitet die Wissenschaft noch. Eine Hypothese ist, dass sich die Nanoplastikpartikel im Gehirn an unseren Synapsen ablagern und die Leistung des Gehirns beeinträchtigen", sagt sie.

Sie will mit ihrer Arbeit dazu beitragen, Lösungen zu finden, die solche Umweltbelastungen reduzieren. "So wie man den sauren Regen mit Filteranlagen in den Griff bekommen hat und die Ozonschicht durch das FCKW-Verbot gerettet hat, sollte es auch gelingen, die Auswirkungen von Nanoplastik zu bekämpfen. Aktuell werden auf dem Sonnblick-Observatorium neue Luftproben genommen. "Wir schauen uns jetzt genau an, aus welchen Polymeren diese Nanoplastikpartikel bestehen. Vielleicht wird die Industrie diese einmal nicht mehr einsetzen dürfen. Wir wollen die Politik dabei unterstützen, gute Entscheidungen zu treffen", sagt die Wissenschafterin.

Quelle