Kartoffelschaukochen, illegale Kämpferinnen und Krieg. Frauen im nationalsozialistischen Salzburg

Titelbild des Buches

Buchtipp Kartoffelschaukochen, illegale Kämpferinnen und Krieg. Frauen im nationalsozialistischen Salzburg.

Autorin: Katharina Scharf
Verlag: Verlag Anton Pustet
Erscheinungsjahr: 2021
ISBN 978-3-7025-1017-6

Verlagsinformation

Macht oder Ohnmacht?

Wer waren die Frauen, die sich für den Nationalsozialismus begeisterten und engagierten? Und was brachte sie dazu? Bis heute sind die Bilder zum weiblichen Geschlecht während der NS-Zeit so vielfältig wie ambivalent. Sie reichen von der hysterischen, Hitler zujubelnden Frau über die Vorzeige-Hausfrau und Mutter bis hin zur fürsorglichen Krankenschwester. Im allgemeinen Verständnis dominiert das Bild der Frau, die wenig bis gar nichts zu sagen hatte. Diese vereinfachte Vorstellung wird mittlerweile von der Forschung infrage gestellt, passte doch das NS-Regime die Ansprüche und Erwartungen gegenüber den "Volksgenossinnen" immer wieder aufs Neue an.

Im Mittelpunkt dieses Buches stehen Salzburgerinnen aus Stadt und Land, die sich mehr oder weniger intensiv für den Nationalsozialismus begeisterten. Bereits vor dem "Anschluss" 1938 engagierten sich viele Frauen als "illegale Kämpferinnen" für die im austrofaschistischen Österreich verbotene NSDAP. In der NS-Frauenschaft widmeten sie sich einer Fülle an Aufgaben, die ihre Macht und Ohnmacht greifbar machen. Die Tätigkeiten reichten von der karitativen Spendensammlung bis zur Vermittlung der "Rassenlehre" in Schulungen. Es gab nicht, wie häufig angenommen, das eine, sondern viele verschiedene NS-Frauenbilder, die noch dazu nicht unbedingt mit dem Lebensalltag der Frauen übereinstimmten.

  • Grundlagenforschung zur Geschlechtergeschichte in Stadt und Land
  • Bilder und Dokumente aus dem Salzburger Stadt- und Landesarchiv
  • NS-Täterinnenbiografien

Rezension 1

Stefanie Schenker, Salzburger Nachrichten, schrieb in der Ausgabe vom 12. Juli 2021:

Frauen im nationalsozialistischen Salzburg: Vor dem Singen und Tanzen gab es Rassenlehre-Vorträge

Historikerin Katharina Scharf hat die Biografien von Salzburger Nazi-Täterinnen und -Mitläuferinnen aufgearbeitet. Ihre Geschichten sind facettenreich und können ab 14. Juli nachgelesen werden.

Anders als noch bis in die 1970er- und 1980er-Jahre hinein gern behauptet wurde, haben "arische" Salzburgerinnen bei Weitem nicht nur für Soldaten genäht und gestickt. Ja - sie haben Kochkurse über "gesunde und sparsame Ernährung" oder die Vorzüge der damals wenig geschätzten Kartoffeln gehalten und Kriegspflichten wie die Versorgung von Soldaten erfüllt, aber das war nicht alles. Die Beteiligung bzw. Mittäterschaft von Salzburgerinnen an der Naziherrschaft ist vielschichtig - "es gibt nicht nur die ultimativ Bösen und die Opfer, das Ganze hat viele Facetten", sagt Katharina Scharf.

Die 32-Jährige stammt aus Moosbach im Bezirk Braunau am Inn und wusste schon als Volksschülerin, dass sie einmal Geschichte studieren würde. Heute sind der Nationalsozialismus und Frauengeschichte ein Schwerpunkt der Germanistin und promovierten Historikerin. Für ihr Buch "Kartoffelschaukochen, illegale Kämpferinnen und Krieg" hat sie die Biografien von neun Salzburgerinnen in Archiven recherchiert und eine Reihe von Gesprächen mit Zeitzeuginnen, die die Zeit nach der großen Wirtschaftskrise noch miterlebt haben, geführt. Dabei habe sie auch altbekannte Sätze wie "Der Hitler hat sich um viel gekümmert" oder "Damals wurde noch nichts verschwendet" gehört. Viele hätten auch noch das Zusammengehörigkeitsgefühl in der NS-Frauenschaft abgespeichert. "Es waren also positive Erinnerungen, auf die ich in persönlichen Gesprächen gestoßen bin. Das bezieht sich auch auf die Treffen der NS-Frauenschaft, wo man gemeinsam aus ,Mein Kampf' gelesen hat, sich Goebbels Reden im Radio angehört hat oder Vorträge über die Rassenlehre der Nationalsozialisten hörte. Diese Gemeinschaftsaktionen waren immer an Spaß gekoppelt, also an gemeinsames Singen und Tanzen, bei dem zum Teil auch die Kinder und Männer der Frauen dabei waren", schildert Katharina Scharf und ergänzt: "Die beste Erziehung im Sinn des NS-Regimes war die, die man nicht bemerkt und die nicht vom hohen Podest, sondern in der Gruppe passiert."

Während der Kriegsjahre fungierten die Vertreterinnen der NS-Frauenschaft als Kontrolleurinnen der Rassengesetze. "Sie überprüften, ob sich Bäuerinnen mit Zwangsarbeitern einließen oder aus ,falschem Mitgefühl' Kinder von Zwangsarbeitern bzw. ,fremdvölkischen Arbeitern' bei sich aufnahmen."

Salzburgerinnen waren bereits lang vor 1938 für die NSDAP aktiv. So wie die gebürtige Tirolerin Hanna Sophie Riedl, die nach Salzburg geheiratet hatte und bereits 1932 die erste Gaufrauenschaftsleiterin Salzburgs war. "Sie war schon damals Mitglied der NSDAP und hat Frauen rekrutiert. Sie war einerseits evangelisch, andererseits hat sie sich für die Sache der Nationalsozialisten eingesetzt und das sogar mit Bibelstunden verbunden." Nach dem Verbot der NSDAP im Juni 1933 arbeiteten die Frauen illegal weiter - sie waren bei Bölleranschlägen dabei, beschmierten Gebäude mit NS-Symbolen, betrieben antisemitische Hetze und verteilten Nazi-Propagandamaterial. Von den Männern wurden die Aktivitäten der NS-Frauenschaft eher beliebäugelt - so lang sich die Frauen unterwürfig und still hielten. Hanna Riedl, die sich vor allem für ihre eigene Karriere einsetzte, eckte aber bei männlichen Vorgesetzten schnell an und wurde 1936 als Gaufrauenleiterin abgesetzt. Dagegen hat sie jahrelang prozessiert - erfolglos.

Es gab auch immer wieder Frauen, die aus dem deutschen Frauenwerk ausgeschlossen wurden - weil sie Dienste wie das Nähen und Sticken für Soldaten neben der Betreuung ihrer Kinder und einer Erwerbsarbeit nicht schafften. Für diese Frauen bedeutete das im Umkehrschluss, dass auch sie keine soziale Unterstützung mehr bekamen.

Rezension 2

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Quellen