Lawinenkatastrophe Mühlbach am Hochkönig 1916

Dankschreiben an Johann Hanisch, Reviersteiger der Bergbauleitung der Mitterberger Kupfer-Aktien-Gesellschaft, im Zusammenhang mit der Lawinenkatastrophe.
Text, Ausschnitt.

Die Lawinenkatastrophe Mühlbach am Hochkönig am 19. Februar 1916 war die größte Lawinenkatastrophe im Land Salzburg.

Das Ereignis

Dass es "nur" 58 tote und 72 schwerverletzte Soldaten zu beklagen gab, ist rückblickend ein Wunder. Die Schneemassen begruben 245 Soldaten der II. k.u.k. Skikompanie Wien unter sich. Sie sollten in Mitterberg in Mühlbach am Hochkönig die Skiausbildung für den Einsatz an der Dolomitenfront in Italien erhalten.

Vor dem Unglück hatte es drei Tage lang durchgehend geschneit. Die Betriebsleitung der Mitterberger Kupfer AG kommandierte deshalb 180 Mann der Grubenschicht statt ins Bergwerk zum Schneeschaufeln ab. Auch zehn russische Zwangsarbeiter wurden mit Schneeschaufeln zum Arthurhaus geschickt. Sie alle waren bereits vor Ort, als der Oberstleutnant die Soldaten zur Übung am Fuße der Mandlwand ausrücken ließ.

Besonders tragisch: Die Warnungen der Hüttenwirtin Theresa Radacher, die Mandlwand wegen der Lawinengefahr unbedingt zu meiden, schlug er in den Wind. Einem Zivilisten - und noch dazu einer Frau - wurde kein Glauben geschenkt.

Drei Lawinen verschütteten 245 Soldaten. 78 konnten sich selbst befreien, 109 konnten lebend ausgrabend werden. Dies ist wohl dem raschen Einsatz und der Expertise der Bergknappen mit dem Werksarzt Richard Hartmann zu verdanken. Sie zogen kurzerhand mehrere Stollen durch den Lawinenkegel. Insgesamt starben 58 Soldaten. Die letzten Todesopfer fand man erst im Frühjahr.

Auszug aus dem "Salzburger Volksblatt":

Im Gebiete des Hochkönigs übt seit längerer Zeit eine Skiabteilung, zusammengesetzt aus Mannschaften der Infanterieregi­menter Nr. 4, 64 (Ungarn), 91 (Budweis) und 99 (Znaim), sowie des Landwehr-Infanterie-Regimentes Nr. 21 (St. Pölten). Das Wetter der letzten Tage haste starke Lawinengefahr geschaffen, so daß bei den Uebungen mit aller Vorsicht vorgegangen wurde. Am Samstag nachmittags befand sich die Mannschaft in der Kirchsteinhütte, unterhalb der Koch- und Waschwerke der Ge­werkschaft Mitterberg. Etwa fünfzig Deutschmeister waren da­mit beschäftigt den Weg von den angehäuften Schneemassen zu säubern, während der andere Teil der Mannschaft sich in der Hütte befand oder mit verschiedenen Arbeiten beschäftigt war.

Einige Minuten nach 2 Uhr fuhr vom Hochkönig eine mächtige Lawine ab, die sich gegen den Hochkeil zu bewegte und die Kirchsteinhütte samt der dort befindlichen Mannschaft in die Tiefe riß. Die Lawine war etwa 1000 Meter lang, 600 Meter breit und an die zwei Meter tief. Einigen Leuten gelang es, sich durch eigene Kraft aus den Schneemassen zu befreien. Die Rettung der übrigen Verschütteten wurde von hundert Russen begonnen, die die Bergwerksleitung an die Un­glücksstätte beordert hatte. Den Leuten standen aber nicht genü­gende Arbeitsgeräte zur Verfügung, so daß sie mit den Händen den Schnee wegschaffen mußten. Auf diese Art konnten sechzig bis siebzig Mann gerettet werden. Um Mitter­nacht wurde der letzte Lebende dem Schneegrabe entrissen.

Die von Salzburg abgegangene Rettungsmannschaft von 200 Mann wurde in Bischofshofen gemustert und die für den gefährlichen Dienst als geeignet erkannten 30 Mann alpin aus­gerüstet. Ihnen schlossen sich von der Freiwilligen Rettungsabteilung Hans Stradner und Liebenweinn an, die den Sanitätsschlitten der Rettungsabteilung mit sich führten, sowie Herr Pietsch von der alpinen Rettungssektion. Die Expedition trat um halb 12 Uhr bei strömendem Regen den Weg nach Mühlbach an. Sie fand die Straße durch eine Lawine verschüttet und mußte sich erst den Weg durch den Schnee bahnen. Die Ankunft in Mühlbach erfolgte um ½3 Uhr früh. Am frühen Morgen— inzwischen war auch Hauptmann Bilgeri aus Innsbruck in Mühlbach eingetroffen— wurde der Weg an die Unfallstelle fortgesetzt, und trotz der drohenden Lawinengefahr unverzüglich mit den Arbeiten begonnen. So gelang es im Laufe des Vormittags 38 Tote zu bergen, die zum Teile schwere Verletzungen aufwiesen. Einem Mann war durch einen Balken der Hütte die Schädeldecke abgeschlagen worden, andere zeigten entsetzliche Spuren des Todeskampfes, den die Unglück­lichen durchgemacht haben müssen. DVon den fünfzig verschütteten Deutschmeistern ist anzunehmen, daß nicht einer lebend geborgen werden kann. Da die Lawinengefahr immer drohender wurde und anderseits die traurige Gewißheit besteht, daß sich kein lebendes Wesen mehr unter der Lawine be­findet, wurden die Arbeiten mittags eingestellt.

Quellen