Dahlica talagovensis
Dahlica talagovensis (Siederia talagovensis Kurz, Kurz & Zeller, 2013:1-10 ist eine Art aus der Ordnung Lepidoptera (Schmetterlinge), Familie Psychidae (Sackträger).
Diagnose
Die Männchen besitzen eine Epiphyse an der Vordertibie und mäßig breite Deckschuppen auf den Vorderflügeln. Im Genitalapparat sind die Valven lang und schmal. Charakteristisch sind die auffallend langen und schlanken Säcke, die die Art von allen anderen mitteleuropäischen Dahlica-Arten sofort unterscheidet. Eine Auflistung aller diagnostischen Merkmale findet sich bei Kurz, Kurz & Zeller 2013.
Verbreitung, Lebensraum und Phänologie[1]
D. talagovensis wurde bereits 1989 zum ersten Mal am Nordufer des Fuschlsees, auf dem Gemeindegebiet von Thalgau durch Marion und Michael Kurz sowie Christof Zeller entdeckt. Seither konnte die Art noch an zwei weiteren Standorten – unweit der Fageralm in Elsbethen sowie auf der oberösterreichischen Seite des Pötschenpasses im Salzkammergut nachgewiesen werden. Alle drei Fundorte liegen in den nördlichen Kalkalpen (Zone II nach Embacher et al. 2024). Die bisher dokumentierte Höhenverbreitung ist mit rund 710 bis 860 m ü. A. sehr gering (Kurz & Kurz 2024). An allen drei Fundorten ist die Art zudem außerordentlich selten und trotz mehr als 20 Jahren Suche konnte insgesamt nur eine Handvoll Tiere gefunden werden. Trotzdem war bald klar, dass sich die Salzburger Tiere in einigen Merkmalen von allen übrigen aus Europa bekannten Arten der früheren Gattung Siederia unterscheiden, und somit eine für die Wissenschaft neue Art vorlag. Die Beschreibung erfolgte schließlich 2013, wobei der wissenschaftliche Name "talagovensis" an den ersten Fundort erinnert, nämlich Thalgau, dessen historischer Name einmal "Talagova'" lautete.
Lebensraum von D. talagovensis sind lichte, trockenwarme Buchen-Fichten-Tannen-Mischwälder, Tannenwälder oder auch Schneeheide-Kiefernwälder, in denen die Raupen fast zwei Jahre für ihre Entwicklung brauchen. Sie schlüpfen ab Anfang Juni und verpuppen sich erst nach zwei Überwinterungen gegen Anfang April. Nach kurzer Puppenruhe von rund zwei Wochen schlüpfen die Falter Ende April, Anfang Mai (Kurz & Kurz 2013).
Nachbarfaunen
Bei Huemer (2013) ist D. talagovensis noch als Siederia sp. nur für Salzburg angeführt. Zu dieser Art gehören aber auch Funde von der oberösterreichischen Seite des Pötschenpasses, möglicherweise auch solche aus Baden-Württemberg. Die dort unter Siederia rupicolella angeführte Art besitzt ebenfalls lange und schlanke Säcke (Ebert 1994). Vielleicht ebenfalls hierher gehören könnten die Angaben aus Liechtenstein.
Biologie und Gefährdung
Trotz der Seltenheit der Tiere ist die Biologie vergleichsweise bereits recht gut untersucht. Die Raupen leben an Baumstämmen in Bodennähe, wo sie die an der Rinde wachsenden Algen und Flechten abweiden. Zur Verpuppung spinnen sie ihren Sack dann an den Baumstämmen (besonders jenen von Tannen, Kiefern und Fichten, selten auch von Buchen) in einer Höhe zwischen rund 10 cm und 1,3 m an. Die Weibchen schlüpfen am frühen Morgen (zwischen 5 und 7 Uhr MEZ) und beginnen sofort danach mit dem Anlocken der Männchen. Diese fliegen niedrig über dem Boden, gegen den Wind an, wobei sie den Duftstoffen des Weibchens folgen. Der Anflug der Männchen wurde um 6:40 Uhr bzw. 7:10 Uhr MEZ beobachtet, unmittelbar darauf erfolgt die Kopula. Anschließend beginnt das Weibchen sofort mit der Eibablage, die wie bei allen Psychiden in den eigenen Sack erfolgt und sich über den ganzen Tag erstrecken kann. Männchen und Weibchen sterben kurz darauf, unbefruchtete Weibchen können aber 4-7 Tage überleben. Rund einen Monat nach der Ablage der Eier schlüpfen die kleinen Räupchen und bauen ihren ersten Sack, womit der Kreislauf von neuem beginnt. Der Parasitierungsgrad der Raupen ist nicht sehr hoch. Bisher konnten nur zwei Weibchen einer Diadegma-Art (Familie Ichneumonidae, Schlupfwespen) erhalten werden, wobei diese Schlupfwespen vermutlich nicht nur spezifisch an S. talagovensis parasitieren, sondern auch andere kleine Sackträger befallen.
S. talagovensis gehört zu den seltensten Schmetterlingen im Land Salzburg und ist an allen bekannten Standorten vom Aussterben bedroht (Einstufung CR nach Embacher et al. 2024).
Weiterführende Informationen
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Quellen
- Embacher, G., S. Flechtmann, P. Gros & M. A. Kurz 2024: Die Schmetterlinge des Landes Salzburg. Teil I: Systematische und revidierte Liste mit Verbreitungsangaben für die geologischen Zonen des Landes. 2., neu bearbeitete Auflage, Naturkundliche Gesellschaft, Salzburg, preprint.
- Ebert, G. (ed.) 1994. Die Schmetterlinge Baden-Wuerttembergs Band 3: Nachtfalter 1 (Hepialidae, Cossidae, Zygaenidae, Limacodidae, Psychidae, Thyrididae) 3. Verlag Ulmer, Stuttgart: 518 pp.
- Kurz, M. A. & M. E. Kurz 2000–2024. Naturkundliches Informationssystem. URL: http://www.nkis.info [online 2024.12.20].
- Kurz, M. A., M. E. Kurz & C. Zeller-Lukashort 2013. Eine neue Psychidenart aus den Salzburger Kalkalpen: Siederia talagovensis sp.n. (Lepidoptera, Psychidae). Taxonomy Online, print edition, 11 pp.
Einzelnachweis
- ↑ siehe Phänologie