Deutsche Arbeitnehmer in Salzburger Unternehmen

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Der Frage, warum immer öfter Deutsche Arbeitnehmer in Salzburger Unternehmen zu finden sind ist Sigrid Scharf von den Stadt Nachrichten in der Ausgabe vom 16. Mai 2019 nachgegangen.

Immer öfter geben Deutsche den Ton an

Moin, Moin! Oder griaß di. Deutsche Arbeitskollegen sind für viele Salzburger nichts Außergewöhnliches. Warum ist das so? Eine Spurensuche.

Red Bull, Palfinger AG, Bosch, große Autounternehmen wie BMW, Porsche, Pappas und Mercedes, Siemens, Miele, Sony - das sind Zugpferde für den Arbeitsmarkt. Vor allem Deutsche arbeiten gern in Salzburg. Mit 6 657 (Stand: 1.Jänner 2018) stellen sie aktuell die größte "Ausländergruppe" in der Mozartstadt. Eine, die sich perfekt integriert hat, ist Anja Effenberger. Sie arbeitet im Bereich Human Resources bei Skidata. Ursprünglich stammt sie aus der Nähe von Cottbus im Osten Deutschlands und arbeitete zunächst als Unternehmensberaterin in Berlin. Weil ihr die Stadt zu groß war, suchte sie anderswo einen Job und kam über ein Münchner Jobportal auf Salzburg. "Ein Kriterium für mich war: Wo habe ich Anschluss?", sagt Effenberger. Salzburg kannte sie von Besuchen bei Studienfreunden. Aus den geplanten fünf Auslandsjahren sind acht geworden. Und: Kein Ende in Sicht. Auch privat ist Effenberger angekommen. Sie ist mit ihrem Partner aus der Stadt nach Adnet gezogen, im Sommer geht sie in den Mutterschutz.

Ihre Geschichte belegt, dass neben den ganz großen Fischen auch mittelständische Unternehmen wie Skidata, KTM oder Kiska sich bei der Besetzung ihrer Managerposten international umsehen. Deutsche Arbeitnehmer sind insbesondere beliebt, weil es mit ihnen keine sprachlichen Barrieren gibt.

Besonders viele finden sich in Salzburg im Kultur- und universitären Betrieb (siehe rechts). Medizinisches Personal lässt sich ebenfalls gern an der Salzach nieder. So stammen etwa die Klinikvorstände Uta Hoppe (2. Medizin), Klaus Emmanuel (Chirurgie), Thorsten Fischer (Frauenheilkunde), Gerd Rasp (HNO) oder Roman Metzger (Kinder- und Jugendchirurgie) aus dem Lieblingsnachbarland. Laut Statistik sind 502 der 6 330 Mitarbeiter im SALK-Uniklinikum Deutsche, angeführt von 160 Pflegekräften und 114 Ärzten. "Gefühlt sind es mehr", kommentiert eine einheimische Kollegin.

Tania Karner erleichtert Expats ihren Neustart in Salzburg. Sie ist selbst Deutsche, mit einem Österreicher verheiratet und hat sich vor neun Jahren mit einem Relocation Service selbstständig gemacht. Zu ihren Kunden gehören Privatpersonen, aber mehr noch Unternehmen. Der Service umfasst die Immobiliensuche, Behördengänge bis hin zur Integration der Familie. Auf ihrer Homepage deklariert Karner sich selbst als "erste Freundin in der Fremde". "Ich organisiere auch für die Ehefrauen gemeinsame Frühstücke, connecte sie und binde auch Salzburger ein."

Eine, die von Karner 2012 derart aufgefangen wurde, ist Geertje Tutschka. Die Norddeutsche kam mit ihrem Mann, einem Manager beim Autozulieferer Benteler, und drei Kindern über Detroit (USA) nach Salzburg. "Wir standen damals vor der Entscheidung einer weiteren Entsendung nach Schanghai oder einer Heimkehr zum Mutterschiff", sagt Tutschka: "Die Entscheidung fiel uns nicht leicht." Mittlerweile pendelt der Gatte wieder nach Würzburg aus, sie selbst ist als Rechtsanwältin tätig. "Wir leben hier, zahlen unsere Steuern, aber man wird nie zum Salzburger", sagt sie. Es sei Teil des Systems, es den Deutschen immer ein Stück weit schwerer zu machen: beim Führerschein mit einem deutschen Pass, an der Uni oder als es darum ging, einer der drei Töchter eine Jugendkreditkarte zu organisieren. "Ganz so willkommen fühlt man sich nicht", schwingt bei Tutschka leichte Frustration mit.

Karner spricht von üblichen Rotationen bei Managerposten von drei bis fünf Jahren. Internationale Konzerne würden viel Geld für Mieten aufbringen, was die Preise nach oben treibe.

Warum ausgerechnet die Deutschen in Salzburg stark vertreten sind, liegt laut Karner auch am regen Grenzgänger-Verkehr in beide Richtungen. Das gelte insbesondere für Studierende. Karner selbst kam, als die Kinder im Kindergartenalter waren. "Der tägliche Gang in die Einrichtungen war eine unheimliche Hilfe bei der Integration", erinnert sie sich. Nachdem sie selbst gut aufgenommen worden war, nahm sie sich Bekannter an - und aus dem Hobby wurde ein Beruf.

Fragt man Österreicher und Deutsche nach den Unterschieden in der Zusammenarbeit, sagen viele dasselbe: Die Qualität der Deutschen liege in ihrer Gründlichkeit, sie seien sehr ordentlich und machten keine halben Sachen. Die Österreicher gelten bei Terminabgaben ein Stück weit weniger verbindlich. "Schau ma mal", heiße es des Öfteren. Woraus sich laut Effenberger von Skidata aber auch mehr Flexibilität ergebe. "Die Österreicher halten sich den Spielraum größer, was für ein entspannteres Miteinander und eine bessere Work-Life-Balance sorgt."

Gerrit Dörnemann nennt die Deutschen scheuer, die Österreicher geselliger. "Sonst sind Letztere Traditionalisten, eine gewisse Kultur-Offenheit muss man ihnen erst beibringen." Dörnemann ist irgendwo der "Klassiker": vor 13 Jahren nach dem Psychologie-Studium in der Stadt Salzburg "hängen geblieben". Der Lüneburger trainierte zunächst Langzeitarbeitslose mit psychischen Störungen und ist heute bei Commend, internationaler Hersteller von sicheren Kommunikationssystemen, als technischer Trainer beschäftigt. "Salzburg hat mich gepackt", sagt er, auch wenn einem der viele Tourismus mitunter auf die Nerven gehen könne.

Beispiele aus dem Alltag

Carl Philip von Maldeghem, Landestheater-Chef; Leslie Suganandarajah, designierter Musikdirektor im Landestheater; Thorsten Sadowsky, Direktor im Museum der Moderne, Sebastian Linz, Leiter der ARGEkultur;

Andreas Fladvad-Geier, Konzertchef der Stiftung Mozarteum; Hendrik Lehnert, Rektor der Universität Salzburg; Angela Schottenhammer, Historikerin; Robert Junker, Biologe (beide haben den in der EU größten Forscherpreis erhalten);

Jürgen Koehler, Ärztlicher Direktor am Uniklinikum; Erzabt Korbinian Birnbacher; Bettina Ganghofer, Flughafen-Chefin; Sylvia Steinitz, neue Chefredakteurin für das Magazin carpe diem aus dem Red Bull Media House; Justo Santos, Generalbevollmächtigter der Eurofinanzservice AG; Wolfgang Karl Bremm, CEO bei Mercedes; Anni Friesinger, Mode; Erik Kerwer, Leiter Aqua Salza; Hans Jörg Harbring, Chef von Austrocell. (Die Auswahl erfolgte willkürlich.)

Quelle