Cassio Castelpietra

Dr. med. Cassio Castelpietra (* 1898 in Lofer) war Gemeindearzt in der Pongauer Gemeinde Mitterberghütten, später in Bischofshofen und Mitbegründer des Amselsingens.

Leben

1921 war Castelpietra im Freikorps Oberland.

Für das 21. Reichsverbandsfest, 9. Salzkammergut-Gauverbandsfest und 25 jährige Jubiläum des I. Salzkammergut-Gebirgstrachten-Erhaltungsvereins "Traunseer" in Gmunden, verbunden mit österreichisch-deutscher Trachtenschau, zu Pfingsten 1929 war Dr. Castelpietra als Vertreter der Pongauer Arbeitsgemeinschaft im Festausschuss vertreten.[1]

Bei der Einweihung des Salzburger Heldendenkmals am Hüttenkogel in Badgastein, verbun­den mit zehnjährigem Gründungsfest und Ehrung der noch lebenden Gründer, am 26. und 27. Juli 1930, gab es ein "großes Tiroler Meraner Fahnenschwingen, ausgeführt von Dr. Cassio Castelpietra. Saalfelden."[2]

Dr. Cassio Castelpietra suchte nach Erlangung des Doktorgrades vorerst als Arzt in Saalfelden Fuß zu fassen. Dann übersiedelte er nach Saalbach und schließlich nach Kirchberg in Tirol. Dort widmete er sich wieder in erster Linie der Schuhplatt­lerei. Da er davon aber nicht leben konnte, häufte er Schulden an und wurde gepfändet. Im Juni 1933 unternahm er mit mehre­ren Mitgliedern des Volkstrachtenerhaltungsvereines Kirchberg i. T. eine Propagandafahrt nach Deutschland, die aber ganz im Zeichen des Ha­kenkreuzes stand. Die Fahrt wurde von der deutschen SA geleitet.

1933, Zitat Quelle[3]

[...] Dr. Cassio entfaltete nun eine wüste österreichfeindliche Hetze gegen sein eigenes Vater­land; bei den anläßlich des Auftretens seiner Truppe von ihm gehaltenen Reden kam eine geradezu empörende Haßsucht gegen Oesterreich zum Ausdruck. Er erzählte den begeistert lauschenden SA.-Männern die haarsträubendsten Dinge über Oesterreich und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Grenzpfähle in Bälde fallen und dann auch Oesterreich unter Hitlers Regie­rung einer glücklichen Zukunft entgegengehen werde; begreiflicherweise nahm die gleichgeschaltete deutsche Presse diese Hetzreden mit Freuden in ihren Blät­tern auf und verherrlichte den Sprecher als nationalen Märtyrer.

Die österreichischen Behörden hatten aber von dem verräterischen Treiben dieses "Nationalhelden", dessen Vater die deutsche Sprache kaum zu stammeln ver­mochte, Wind bekommen und ließen eine Hausdurchsuchung vornehmen. Und siehe da: Der Gendarmerie fiel eine tadellos zusammengestellte Sammlung von Ausschnitten aus reichsdeutschen Blättern in die Hände, die Dr. Cassio auf seiner Deutschlandreise zusammen­getragen und als Andenken an seine Verrätereien mit nach Hause genommen hatte. In diesen Zeitungsaus­schnitten waren die von ihm gehaltenen Reden veröf­fentlicht, so daß der Landesverrat klar und ein­deutig erwiesen war. Während der Sichtung des Schrif­tenmaterials durch die Behörde hatte sich aber dieser Held nach bekannten Mustern auf sein Motorrad gesetzt und war über die Grenze geflüchtet, wobei er Weib und Kind und alle seine Parteigenossen schmäh­lich im Stiche ließ!

Nun kommt aber das dicke und geradezu unglaub­liche Ende dieses Heldenlebens. Bereits gestern abends — also beiläufig drei Tage nach seiner Flucht — sprach dieser deutsche Recke durch den Münchener Sender, dem alle deutschen Sender angeschlossen waren, zum "Deutschen Volk" über die Zustände in Oesterreich! Was dieser zweite Raffl den gedul­digen Hörern alles vorlog, das ist an und für sich nebensächlich. Tief bedauerlich und geradezu entsetzlich ist nur die Tatsache, daß eine reichsdeutsche amtliche Pro­pagandastelle — und eine solche ist heute jeder deutsche Sender — einen solchen Menschen, der es trotz seiner akademischen Studien und seines Doktorgrades bisher nur bis zu einem mittelmäßigen Schuhplattler gebracht hat, vor das Mikrophon stellt und ihm Gelegenheit gibt, in der niederträchtigsten und verlogensten Weise gegen seine Heimat und das österreichische Brudervolk zu hetzen und zu schüren. Wenn mit amtlicher Zustim­mung reichsdeutscher Stellen solche Dinge möglich sind, dann wird auch das ehrlichste Bemühen unseres Kanz­lers Dr. Dollfuß, Wege zu finden, die zur Versöhnung führen, vollkommen zwecklos fein. Die Welt wird aber nach solchen Vorfällen doch nunmehr ganz im klaren sein, aus welcher Seite das alleinige Verschulden an diesem unglückseligen Bruderzwist liegt.

Die "Oedenburger Zeitung" berichtet in ihrer Ausgabe vom 28. Juli 1933:[4]

Wie die "Innsbrucker Zeitung" aus zuverlässiger Quelle erfährt, sei Doktor Cassio Castelpietra, bekannt durch seine Hetzrede im Münchner Rundfunk gegen Oesterreich, von den reichsdeutschen Be­hörden wegen verschiedener Schulden und Betrügereien verhaftet und nach dem Konzentrationslager in Dachau gebracht worden. Es soll sich um eine Summe von rund 24.000 S handeln.

Am 3. Februar 1940 trat er der Waffen-SS bei und seit 1. März 1941 war er bei der SS-Standortkommandantur München-Dachau, 20. Februar 1944 im SS-Lazarett Prag und dann bis 29. April 1945 im Straflager der Waffen-SS und bei der Polizei Dachau. Zuletzt war er Sturmbannführer.[5]

In den "Salzburger Nachrichten" vom 24. November 1951 findet sich dann ein Eintrag unter "Ärztlicher Notdienst" von Dr. Castelpietra in Bischofshofen.[6]

Familie

Dr. Cassio Castelpietra heiratete bei einer Trachtenhochzeit am 5. Mai 1929 seine Braut Nora Fröch.[7][8]

Er heiratete ein zweites Mal, wie den "Salzburger Nachrichten" vom 5. Jänner 1953 zu entnehmen ist:[9]

Familiennachrichten. Der um das heimische Brauchtum hoch­verdiente Gemeindearzt von Mitterberghütten, Dr. Cassio Castelpietra, wird heute, Montag, in Salzburg mit Frau Farida, verw. Scheibenbogen, geb. Steineck, getraut.

Weblink

  • ANNO, "Österreichische Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Zeitung", Ausgabe vom 15. Dezember 1925, Seite 3, ein Beitrag von Dr. Castelpietra, Ehrenmitglied des 1. öst. Reichsverbandes: "Da muß ich noch Kritik an dem Gauverband üben, dem ich selbst die Ehre habe, als Mitglied anzugehören..."

Quellen

  1. ANNO, "Österreichische Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Zeitung", Ausgabe vom 1. Mai 1929, Seite 2
  2. ANNO, "Österreichische Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Zeitung", Ausgabe vom 15. Juli 1930, Seite 7
  3. ANNO, "Allgemeiner Tiroler Anzeiger", Ausgabe 11. Juli 1933, Seite 4
  4. ANNO, "Oedenburger Zeitung", Ausgabe vom 28. Juli 1933, Seite 4
  5. www.the-saleroom.com, von seiner Frau zusammengestelltes, prächtig in Pergament gebundenes Fotoalbum mit Goldprägung eines Adlers über "Deutschland Erwacht", beginnend mit einem Dankesschreiben "Adolf Hitler - Kanzlei - 4.III.35", screen print Beleg
  6. ANNO, "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 24. November 1951, Seite 8
  7. wolfgang-dreier.at, pdf, mit Hochzeitsbild
  8. ANNO, "Österreichische Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Zeitung", Ausgabe 1. Juni 1929, Seite 6: "Die Trachtenhochzeit in Salzburg"
  9. ANNO, "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 5. Jänner 1953, Seite 6