Kleinwasserkraftwerk

Aus SALZBURGWIKI
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Im Bundesland Salzburg gibt knapp 500 Kleinwasserkraftwerke, teilweise in öffentlichem Besitz, viele aber in privater Hand.

Allgemeines

Über 450 Kleinwasserkraftwerke im Bundesland - von denen rund 250 als Ökostromanlagen anerkannt sind - lieferten 2022 jährlich 825 Millionen Kilowattstunden (kWh) Ökostrom für annähernd 235 000 Haushalte.ins Netz. Sie versorgten so rund 235 000 Haushalte und vermeiden jährlich 580 000 Tonnen CO2 im Vergleich dazu, wenn dieser Strom etwa mit Kohle oder Gas produziert werden würde. Es gibt beispielsweise entlang des Almkanals eine Reihe von Kleinwasserkraftwerken. Ein wenig bekanntes davon ist das Kleinkraftwerk in der Münzgasse in der Stadt Salzburg.

2022, im Jahr, in dem es durch den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine zu Energieproblemen, überlegte man in der Landesregierung, ob nicht 120 alte, stillgelegte Kleinwasserkraftwerke revitalisiert werden sollten und könnten. Aber die aktuelle Bürokratie sprach eine andere Sprache. Zu wenige Beamte beim Land und lange Verfahren verärgern Planer und Betreiber solcher Kleinwasserkraftwerke.

Lange Verfahren am Beispiel Ögau Strom GmbH

Eine Betroffene, Sophie Uitz, die mit ihrem Bruder David die Ögau Strom GmbH betreibt, erzählt.

Sie betreibt mit ihrem Bruder David und ihrem Onkel zwei Kleinkraftwerke im Lungau und plagt sich seit Jahren mit den Landesbehörden. Konkret hatte Uitz mit ihrer Familie 2017 bis 2018 rund 900.000 Euro ins Kleinkraftwerk Göriachbach in St. Andrä im Lungau investiert und dadurch die Engpassleistung um fast 30 Prozent auf 485 Kilowatt angehoben. Allerdings wartete die Familie auf die Kollaudierung (behördliche Endabnahme, Anm.), die sie Anfang 2020 noch vor Ausbruch der Corona Pandemie erstmals beantragt hatte, bis heute. "Es wurden immer wieder neue kleine Details von der Behörde verlangt", so Uitz. Der Gipfel war, was ihre Nachfrage im Februar 2022 ergeben hat: "Ich wurde gebeten, das gesamte Konvolut an Unterlagen nochmals einzureichen, weil es mehrere Personalwechsel gegeben hat und niemand im Amt mehr die Übersicht hatte."

Auch bei Uitz' zweiter Anlage, dem Kleinkraftwerk Znotterbach in Zederhaus, hakt es: Sie wollte, dass, gemeinsam mit der Bewilligung für eine geplante Investition, auch die spätestens 2026/2027 nötige Wiederverleihung ihres Wasserrechts abgewickelt wird: "Aber das war leider nicht im gleichen Zeitrahmen möglich."

Besonders geärgert hat die 38-jährige Unternehmerin, die hauptberuflich in Wien tätig ist, die Ansage des Landes im September 2022, zu prüfen, inwieweit man 120 stillgelegte Kleinkraftwerke im Bundesland wieder reaktivieren könne. Uitz: "Das Ziel begrüßen wir ausdrücklich. Aber: Um es zu erfüllen, müsste man die Zahl der zuständigen Beamten vervielfachen." Als Reaktion hatte sie, auch in ihrer Funktion als Salzburger Landessprecherin des Vereins Kleinwasserkraft Österreich, einen offenen Brief an den zuständigen Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) geschrieben, in dem sie eine Ursache für die überlangen Verfahren offen anspricht: Von den nur zwei zuständigen Beamten beim Land ist derzeit eine Sachverständige seit Monaten in Karenz; ihre Stelle wurde nicht nachbesetzt.

Uitz weiß zudem von Branchenkollegen, dass ihre Wartezeit kein Einzelfall ist: "Das Nachrüsten einer Anlage dauert in Salzburg sicher drei Jahre; der Hauptteil dran sind die Verfahren." Für den Neubau eines Kleinkraftwerks müsse man, von der Idee bis zur ersten Einspeisung, gar fünf bis zehn Jahre rechnen. Zudem bräuchten bei knapp 500 Kleinkraftwerken im Land wohl jährlich ein Dutzend Projekte neue Bescheide vom Land, um ihr befristetes Wasserrecht zu verlängern, betont sie.

"Verein Kleinwasserkraft Österreich"

Ein weiteres Thema, das auch bei der österreichweiten Vereinstagung, die im Herbst 2022 in Zell am See stattfand, diskutiert wurde, war die Zahl der Auflagen. Denn Bescheide sind bei einem Wasserkraftwerk sowohl in den Bereichen Natur- und Gewässerschutz als auch in Wasserbau- und Elektrotechnik nötig: Vereinspräsident Christoph Wagner, der Anlagen in Oberösterreich betreibt, hat kürzlich 88 Auflagen diktiert bekommen. Auch Uitz berichtet von 40 bis 60 Auflagen als Normalfall: Als Konsequenz fordert Wagner: "Wenn ein Antrag innerhalb von einem halben Jahr von der Behörde keinen Bescheid erhält, dann sollte dieser als bewilligt gelten."

Die zweite Forderung Wagners, Verfahren mittels Zuziehung externer Sachverständiger zu beschleunigen, teilte auf der Jahrestagung auch Landesumweltanwältin Gishild Schaufler. Sie betonte aber, dass die diversen Auflagen kein Selbstzweck seien: "Beim Erhalt der Natur, der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt geht es auch um die Lebensgrundlage des Menschen - und nicht darum, dass jeder Fisch, jeder Vogel oder jeder Käfer wichtiger ist als der Mensch."

Landesrat Schwaiger räumt auf SN-Nachfrage ein, dass man die Verfahren beschleunigen könnte. Er würde im Amt sofort eine Biologin mit Schwerpunkt Gewässerökologie einstellen, jedoch ist aktuell niemand dafür zu finden. Er teile auch das Ziel, externe Sachverständige heranzuziehen, sagt Schwaiger. Jedoch auch diese seien nicht zu finden. Fallfristen, wie von Wagner gefordert, lehnt er aber ab - und appelliert stattdessen an die Betreiber: "Nur ein Drittel bis zur Hälfte der Anträge, die eingereicht werden, sind verhandlungsfähig."

Auch Schwaiger sieht viel Potenzial in der Kleinwasserkraft: "Sie könnte und muss künftig sechs bis zehn Prozent der nötigen Ökostrommenge beitragen." Eine größere Hürde als die Auflagen des Landes ist aber die aus Schwaigers Sicht "zu eng gefasste Wasserrahmenrichtlinie der EU", die etwa bei größeren Anlagen Fischaufstiegshilfen vorschreibt.

Am Ziel, 120 alte Anlagen zu reaktivieren, hält der Landesrat fest. Er sieht aber auch Grenzen: "Naturnahe Fließgewässer mit Gewässergüteklasse 1 werden wir sicher nicht verbauen."

Der in Wien ansässige Umweltjurist Berthold Lindner, der viele investitionswillige Kleinwasserkraftbetreiber vertritt, kennt beide Seiten und sprach bei der Tagung Politik und Beamtenschaft ins Gewissen. Er appellierte aber auch an die Kraftwerksbetreiber: "Stellen Sie nicht Ihr Projekt über alles und seien Sie kompromissbereit. Das Landesverwaltungsgericht als zweite Instanz kann nie die Lösung sein - und es verlängert Verfahren nur."

2024

270 neue Projekte für kleine Wasserkraftwerke könnten im Bundesland Salzburg zweieinhalb Mal so viel Strom liefern wie ein großes Donaukraftwerk. Das hatte ein Potenzial-Check des Vereins Kleinwasserkraft Österreich ergeben.

Tag der Kleinwasserkraft

Der 25. Juni ist der Tag der Kleinwasserkraft.

Quellen