Cholera-Epidemie
Cholera-Epidemien im Gebiet des heutigen Bundeslandes Salzburg fanden bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts statt.
Geschichtliche Notizen
Cholera in Wien
Dr. Drasche fasste 1865 in der "Wiener medizinischen Wochenschrift"[1] vergangenen Cholera Epidemien und deren Ausbreitung zusammen.
"In Wien hat die Cholera bereits 7mal als Epidemie bestanden und zwar das erstemal 1831, dann 1834, 1836, 1848/49, 1850, 1854 und zuletzt 1855.
Als selbstständige Epidemien können jedoch nur die der Jahre 1831, 1836, 1848/49 und 1854 betrachtet werden. Denn die Epidemie 1832 war nur eine Fortsetzung aus dem Jahre 1831, das Gleiche gilt von den Epidemien der Jahre 1850 und 1855. Ein einzigesmal erlosch die Cholera zu Wien nach blos einjähriger Dauer (1836), während sie sich von 1831 auf 1832 von 1844 auf 1850 und von 1854 auf 1855 hinüberzog. Die Epidemien vom Jahre 1832, 1850 und 1855 können daher bei der nachfolgenden Darstellung füglich ausser Acht fallen.
In den bezeichneten 4 Hauptepidemien entwickelte sich die Cholera zweimal während des Sommers (1831 und 1854) einmal im Frühjahre (1836) und einmal auch zu Ende des Winters (1849/49). Der Zeitraum zwischen dem Auftreten des ersten echten Cholerafalles und dem eigentlich epidemischen Ausbruche der Krankheit war 1831 und 1848/49 am kürzesten, 1836 am läng-sten, betrug im Durchschnitte der 4 Epidemien ungefähr 4/ Wochen.
Die statistischen Erhebungen aus dem Jahre 1848/49 sind aus mehreren Gründen weniger massgebend. Die damalige Epidemie betraf Anfangs ausschliesslich das Militär und zwar Soldaten, die aus dem stark inficirten Galizien dem aufständischen Ungarn und Italien beim Durchmarsche Wien berührten also fast durchgehends importirte Fälle.
Das erstemal (1831) gelangte die Cholera vom Osten her aus Galizien nach Wien; 1836 mehr vom Südwesten aus dem lombardisch-venetianischen Königreiche, Kärnthen, Steiermark; 1848/49 vom Osten aus Galizien, Ungarn und 1854 vom Westen zur Zeit der Industrie-Ausstellung in München.
Vor dem jedesmaligen jedesmaligen Ausbruche der Seuche in Wien bestand die Krankheit epidemisch schon ein Jahr vorher in mehr weniger grosser Ausbreitung über die österreichische Monarchie oder an deren Gränzen.
So herrschte 1831 schon Anfangs des Frühjahres die Seuche in Galizien vom Vorjahre her, mit Beginne des Sommers in den an Nieder-Oesterreich gränzenden ungarischen Comitaten, in Steiermark und Schlesien. Der Epidemie 1836 ging eine allgemeine Eruption der Cholera im lombardisch-venetianischen Königreiche während des Herbstes 1835 voran. Die Epidemie 1884 hatte schon 1847 ihre Vorläufer in Kon-stantinopel, den Donaufürstenthümern, Siebenbürgen. War ja schon in Pest die Cholera während des Oktobers 1848 epide-misch ausgebrochen - also zu einer Zeit, wo Wien noch ganz frei war. Die grosse Verbreitung der Seuche während 1853 über Russland, Bessarabien, die scandinavischen Reiche, die Donaufürstenthümer, Frankreich, Belgien und Deutschland liess die Cholera doch nicht unvermuthet in Wien ankommen. Jedesmal ging dem epidemischen Ausbruche der Seuche eine grössere Anzahl von Brechdurchfällen voran; dieselben häuften sich, je näher die Krankheit heranrückte. Die ersten durch dieselben erfolgten Todesfälle galten immer als ein fast sicheres Anzeichen, dass die Seuche ihre Niederlassung beginne.
Die eben dargelegten Verbreitungsverhältnisse der Cholera in Wien sind keineswegs von localer Bedeutung die Krankheit hat sich überall so oder in ähnlicher Weise verhalten.
Was nun die angeführten Thatsachen bezüglich eines Schlusses auf das mehr minder wahrscheinliche, diessjährige Betroffenwerden unserer Stadt von der Seuche anbelangt, so ist vorerst allerdings die gegenwärtige Jahreszeit die schwüle Sommerhitze ein Moment, dessen Bedeutung nicht zu übersehen ist; da eben die Wärme einen wesentlichen Einfluss auf die Cholera-Propagation nimmt.
Erfahrungsgemäss sind die Schnelligkeit und Extensität der Seuche am grössten während des August und September - gerade diese Monate sind an der Schwelle einer Epidemie am meisten zu fürchten. Da indess der erwähnte meteorologische Faktor die Cholera keineswegs zu erzeugen, sondern deren Entwicklung und Verbreitung nur zu fördern oder zu hemmen vermag, lässt sich als hieher bezügliche Schlussfolgerung nur sagen, dass die gegenwärtige sommerliche Hitze der Verbreitung der Krankheit sehr förderlich ist. Unsere Befürchtung ob der Schwüle des Sommers ist nicht so sicher, als die Zuversicht zur Kälte des Winters, der jedenfalls mit der Krankheit auch die Furcht verscheuchen könnte."
1831
Die erste Cholera, die Österreich erreichte, ereignet sich in den Jahren 1831 und 1832 in mehreren Schüben. Von Niederösterreich schritt die Cholera im September nach Oberösterreich - zu welchem damals auch Salzburg gehörte - vor, woselbst sie zu Wels zwischen dem 48-49° N. B. und zwischen dem 31 und 32 ° Ö. L. im Dezember ihre westliche Verbreitung im Süden für diesmal abschloss.[3]. In Salzburg wurden Vorkehrung getroffen indem dem Kreisarzt Dr. von Bernberg wegen seines "allzu weit vorgerückten Alters" der junge Dr. Maffei zur Seite gestellt wurde.
1836
Im Jahr 1836 kam es zu einem Verdachtsfall in Salzburg. Auf Grund eines Zeitungsartikels über den Ausbruch der Cholera in Salzburg in der Moy‘schen "Augsburger Zeitung", 7. Juli 1836, Nummer 189, begann die k. b. Regierung des Isarkreises Ermittlungen. Die Landgerichtsärzte in Berchtesgaden und Laufen wurden angeschrieben und befragt. Dr. Joseph Zetl der Landgerichtsarzt von Laufen antwortete: "Es wird Gehorsams berichtet dass der gehorsamst Unterfertigte auf den Grund des angezogenen Zeitungsartikel sich mit dem k.k. Kreis Physikus Dr Susann unmittelbar in physikats-ärztliche Korrespondenz setzte, und unter gestrigen nachstehende, wörtlich exzerpierte Aufklärung erhielt."[5]
Aus Salzburg hatte Zetl folgende Information erhalten:
"mit voller Gewissheit und aufrichtige Wahrheit wird bestätiget, daß der Gesundheitszustand in dem ganzen Salzburgerkreise der Beste seit langen Jahren ist; das St. Johans Spital ist nie so arm an Kranken gewesen, und die vielen Ärzte in Salzburg zusammen, haben fast nichts zu thun, weder an chronischen noch akuten Krankheiten. Vor 14 Tagen oder 3 Wochen zeigten sich in der Stadt Salzburg etwas zahlreich gastrisch galligte Diarrhoen, was welche in der Regel wieder gut, und fast jederzeit ohne allem Arzneygebrauche, bloß mit diätischen Verhalten, ohne alle nachfolgenden verliefen. Im Gasthofe zum Erzherzog Karl /: Trinkstube vormals genannt :/ starb die eben von Gmunden angekommene 70 jährige Mutter nach länger vorausgegangener Krankheit an Zufällen des Erbrechens und Abführens, welches Dr. Werneck, k.k.g. Regimentsarzt, für einen Choleraverdacht ausgab, und in dieser Meinung umso mehr bestärkt wurde, als die Tochter gleichzeitig von dem eben allgemein vorgekommenen Durchfall befallen wurde, die aber bald wieder reconvalescirte. Vom Dr Werneck wurde nun theils öffentlich - theils im Stillen der Verdacht geäußert, dass die Cholera in der Stadt Salzburg wäre, und so konnte dieses unwahre und höchst unzeitige Gerücht bis nach Wien und weiter verbreitet werden.“
1848
Ende des Jahres 1848 verbreitete sich die Cholera von Galizien, der Bukowina und Ungarn ausgehend nach Westen. Diese entwickelte sich auch später in den mehr westlich gelegenen Kronländern. An der Schwelle des Jahres 1849 zeigte sich die Cholera wieder in Wien und zwar Anfangs nur unter dem Militär.[6] Auch in Salzburg wurden Vorkehrungen getroffen wie das "Commissions-Protocoll", aufgenommen in dem magistratischen Sitzungssaal zu Salzburg am 21. September 1848, betreffend die Vorkehrungen gegen die herannahenden Cholera Epidemie, zeigt.[7] Salzburg blieb auch von diesem Ausbruch verschont.
1873
Max von Pettenkofer schrieb 1878 über den ersten Choleraausbruch in Salzburg: "Vom 13. August bis 14. Oktober 1873 kamen in Salzburg 19 Cholerafälle vor, von denen nur acht von aussen, von Choleraorten zugereist waren, mithin elf als in Salzburg selbst entstanden angenommen werden mussten, und fünf davon sogar in einem Armenquartier. Vom 1. bis 26. Februar 1874 erhob die Krankheit ein zweites Mal ihr Haupt und verursachte neun Fälle, von welchen ein einziger sich die Cholera möglicherweise auswärts geholt haben konnte: sechs Fälle (ein männlicher und fünf weibliche) trafen auf ein Krankenhaus, auf das St. Johannisspital, wo also eine kleine Hausepidemie war, ähnlich wie 1849 im Hôtel Dieu und im Militärspital zu Lyon, oder im Juliusspitale zu Würzburg 1866 und 1873.
Als sich diese Spuren der Cholera in Salzburg zeigten, gewahrte man dieselben auch in dem benachbarten Badeort Reichenhall, wo im August einige Fälle unter den Badegästen grossen Schrecken hervorriefen. Aber sowohl in Reichenhall als auch in Salzburg erfolgte 1873/74 keine epidemische Verbreitung, so dass die Immunität der beiden Städte unerschüttert blieb, und sich aufs Neue bewährte. Die Immunität vieler Orte gegen epidemische Cholera, wenn die Krankheit auch vielfach und wiederholt - wie man sich gewöhnlich ausdrückt - eingeschleppt wird, das ist, wenn auch Cholerakranke hinkommen und sterben, ist eine epidemiologische Thatsache, welche feststeht und contagionistisch nicht erklärt werden kann."[8]
Der Ausbruch einer Cholera-Epidemie 1873 machte die ersten Bestattungen noch vor der Eröffnung des damals erst geplanten Salzburger Kommunalfriedhofs notwendig. Karl Graf Arco-Zinneberg verstarb am 25. August 1873 Stunden nach seiner Ankunft aus Wien zur Jagd auf Schloss Blühnbach an der Cholera.
Im "Salzburger Landesgesetzblatt" findet sich 1873 eine Kundmachung der k. k. Landesregierung in Salzburg vom 16. August 1886 (?) betreffend einer Hinausgabe einer Cholera-Instruction.
Erster Weltkrieg
Während des Ersten Weltkriegs traten Cholera im Kriegsgefangenenlager Grödig auf.
Quellen
- SALZBURGWIKI-Artikel
- ANNO Salzburger Landesgesetzblatt aus dem Jahr 1886
Einzelnachweise
- ↑ "Wiener medizinische Wochenschrift", Bd. 15 (1865), 1083–1084.
- ↑ "Salzburger Zeitung" , 8. Jänner 1831, 3.
- ↑ Joseph Johann Knolz, Darstellung der Brechruhr-Epidemie in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, wie auch auf dem flachen Lande in Oesterreich unter der Enns, in den Jahren 1831 und 1832, Wien 1834; Anton Drasche, die epidemische Cholera, Wien 1860, 26.
- ↑ Staatsarchiv München RA 15158.
- ↑ Staatsarchiv München RA 15158.
- ↑ Drasche, Cholera, 53-54.
- ↑ OÖLA Landesregierungsarchiv 1787-1849 / Allgemeine Reihe, Sch. 161.
- ↑ Max von Pettenkofer, Zum gegenwärtigen Stand der Cholerafrage, Oldenbourg 1887, 520.