Stranz & Scio

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Historische Außenansicht
Aufnahme in den 1950er- oder 1960er-Jahren.

Stranz & Scio war ein Salzburger Feinkostgeschäft.

Allgemeines

Im Erdgeschoss seines Hauses in der Salzburger Altstadt, in der Getreidegasse 9, Mozarts Geburtshaus, führte Lorenz Hagenauer (* 1712; † 1792) die "Alte Hagenauerische Specereywarenhandlung", Salzburgs erste Adresse für Delikatessen, Kaffee und Gewürze.

Die Hagenauer Zeit

Das Haus ist urkundlich seit 1408 nachweisbar. Dass der Hofapotheker Chunrad Fröschlmoser ab 1585 darin eine Arzney- und Specereywarenhandlung geführt hat, bezeugen heute noch die mit Äskulapnattern und Löwenköpfen verzierten Türklopfer. Anfang des 18. Jahrhunderts erwarb es die Kaufmannsfamilie Lorenz Hagenauer.

Einst hingen in den einzelnen Stockwerken an geschmiedeten Ringen die ledernen Lösch-Feuereimer. In den herrlichen Gewölben, gleich neben dem geschmackvollen Eingangsportal, war die "Alte Hagenauerische Specereywarenhandlung". Über dem skulptierten Relief des Marmorportals ist das zarte Bildnis des im Volksmund seit altersher bekannten "Schleierweiberl" zu sehen, das heute noch Zeugnis von einer alten, traditions- und kulturreichen Ära gibt.

Der Innenhof ist lang gestreckt, der rückwärtige Trakt des Hauses reicht bis zum Universitätsplatz, ehemals "Frauengarten", und hat dort eine reizvolle Rokoko-Fassade. Ein zusätzlicher Lichtschacht brachte den Schlafkammern und Stuben der Mägde des vorderen Teiles natürliches Licht. Marmorne Treppenaufgänge und ein Loggien umsäumter Innenhof mit Marmorsäulchen und einem herrlichen Blick auf die Bekrönung der Universitätskirche zeigen von hohem Geschmack der Erbauer.

Der ganze Besitz ist mit großen Gewölbekellern weitläufig untermauert, und ein großer Lastenaufzug im Zwischenhof war wie einst in den meisten Altstadthäusern für die Stappelung und Speicherung der Güter im Dachgeschoss von Nöten. Für die Großhandlung lag der Eingang auf der Universitätsplatzseite, der den Durchgang bis zur Getreidegassse gewährte. Einen herrlichen Laufstall und unendlichen Möglichkeiten des Versteckspielens für die in diesem Haus heranwachsende Jugend boten die vielen Vorhäuser mit eigenartigen Schlitzen zu den Untergeschossen, Gängen und Verbindungsstiegen.

Stranz & Scio übernehmen
Die Kaffeeabteilung bei Stranz & Scio um 1950

1838 erwarb der schlesische Kaufmann Thury das Haus und die "Alte Hagenauerische Spezereywarenhandlung" von den Erben der Hagenauers. Angelo Saullich, mit der französischen Kaufmannsfamilie Rigaud verwandt, heiratet die Witwe Thury und übergab 1885 die Specereywarenhandlung seinen beiden Prokuristen Anton Stranz und Gustav Scio. Seit damals fimierte das Unternehmen unter "Stranz & Scio". Dies war auf einer Hauschronik, einer Ahnentafel im Hausflur und dem Büro im ersten Stock bis ins 21. Jahrhundert nachzuweisen. Das Geschäft vererbte sich in der Familie Scio/Rigaud weiter.

1917 übernahm die Internationale Stiftung Mozarteum das Haus und widmete die Räume der oberen Stockwerke in das Mozart Museum um und überließ dafür den Großteil des Gebäudes der Familie Scio – Rigaud zur Nutzung.

Im Zwischenhof gibt es seit 1849 Fließwasser, wie dies aus der Jahreszahl am Marmorbrunnen hervorgeht. Hier waren die Holzlage, der Flaschenwaschraum mit einem großen Steingrand, der Transportaufzug zum 4. Stock, wo sich die Kaffeerösterei und das Trockenlager befanden. Zur Grünmarkt-Seite gelegen und mit eigenem Eingang lag das En-Gros für die Hotellerie und Großkunden der aufstrebenden Fremdenverkehrsbetriebe in Salzkammergut, Bad Gastein und Pinzgau. Um den Anforderungen des Tourismus gerecht zu werden, wurden während der Saison die Lkw zweimal die Woche um 4 Uhr Früh vom Grünmarkt aus beladen. Im Getreidegassenbereich waren die Lagerräume für Papier, Dekoration, Tee, Gewürze und Specereywaren.

Die erfolgreichen "Fünfziger Jahre"
Auslage um 1950
Hauptartikel: Die erfolgreichen "Fünfziger Jahre" bei Stranz & Scio

In den 1950er Jahren produzierte Stranz & Scio Kaffee in der hauseigenen Rösterei, sowie Tee. Daneben war die Gewürzabteilung mit hunderten, teils orientalische Kräuter und Gewürzen ein Hauptstandbein. Zweimal wöchentlich wurden große Lenden Roastbeef, Schweine- und Kalbsfricandeao eingebraten. Berühmt war Stranz & Scio auch für seine originell gestalteten Faschings- und Heringschmaus-Spezialitäten wie tafelfertigen Platten.

Viele junge Lehrlinge und Angestellte erhielten durch die Ausbildung bei Stranz & Scio eine besondere Förderung in allen Bereichen der Produktpräsentation für die Kunden. Das überdurchschnittlich hohe Bildungsengagement der Firmenleitung ergab eine Zusammengehörigkeit, die das Miteinander stärkte.

Jedes Jahr gab es einen großen "Stranz & Scio Hausball" im Gablerbräu, im Hotel Stein oder im ersten Stock des Zipfer Bierhauses. Zahlreiche prominente Salzburger waren dem Haus verbunden.

Anwanderung in die Sigmund-Haffner-Gasse

Als 1994 die Konkurrenz von Nordsee und McDonald's das Überleben in der Getreidegasse nicht mehr ermöglichte, zog sich Ludwig Rigaud in ein Bistro in der ruhigeren Sigmund-Haffner-Gasse zurück, wo er gemeinsam mit der Scios Specereyen GmbH. einen Laden mit feinster Küche und köstlichen Tropfen aufmachte. Das Unternehmen als solches hatte jedoch noch als Firmensitz die Getreidegasse 9[1].

Sechs Generationen der Familie Rigaud sind im Mozarts Geburtshaus nachzuweisen. Ende Februar 2012, nach Ablauf der von der Stiftung Mozarteum eingeräumten Wohn- und Nutzungsrechte, zog das letzte Familienmitglied aus.

Bildnachweis

  • Archiv Adele Sungler

Quellen

Einzelnachweis

  1. Quelle Salzburger Wirtschaft (Zeitung), 17. September 2010, "Konkursverfahren"