Alpines Steinschaf
Das Alpine Steinschaf ist eine im Bereich des Alpenhauptkammes bodenständige Rasse des Hausschafes, die akut vom Aussterben bedroht ist und daher zu den Gefährdeten Nutztierrassen zählt.
Beschreibung
Es ist klein bis mittelgroß und der breite und tiefe Körper ist feingliedrig. Mutterschafe werden im Schnitt 40 bis 60 kg schwer, Widder wiegen 55 bis 80 kg. Rassetypisch ist, dass Gesichtsfeld, Unterkiefer und Füße bei erwachsenen Tieren unbewollt bleiben. Interessanterweise sind die Lämmer dieser alpinen Rasse an eben diesen Stellen stärker bewollt. Zeichen des ursprünglichen Rassetyps ist die bei beiden Geschlechtern häufig auftretende Mähnenbildung im Brust- und Nackenbereich.
Die Stirn der Alpinen Steinschafe ist mit kurzer und meist hellfarbener Wolle bewachsen. Das gerade Kopfprofil, das leicht gebogene Nasenbein, die spitz zulaufenden waagrecht stehenden bis leicht hängenden Ohren ergänzen die rassetypischen Merkmale. Die kleinen Klauen sind sehr hart und am Außenrand scharfkantig, was das Steinschaf sicher klettern lässt und die Anfälligkeit gegenüber der Moderhinke - eine bakteriell bedingte entzündliche Klauenerkrankung - minimiert.
Das Fundament ist trocken, der lang bewollte Schwanz erreicht das Sprunggelenk. Bei beiden Geschlechtern finden sich sowohl behornte als auch unbehornte Tiere. Das Horn der Widder ist deutlich stärker ausgebildet als das der Mutterschafe. Die Wolle des Alpinen Steinschafes besteht aus grober Mischwolle, die für alle Steinschafrassen typisch ist. Sie kann beim alpinen Steinschaf alle Farbschläge aufweisen. Lämmer grauer Tiere bekommen schwarze Wolle. Auf den Ohren und im Gesichtsfeld treten häufig Pigmentierungen auf.
Vorkommen und Verbreitung
Anfang des 20. Jahrhunderts umfasste das Verbreitungsgebiet des Alpinen Steinschafes noch den gesamten Alpenhauptkamm. Doch bereits damals versuchte man diese bodenständige Rasse durch Einkreuzung von Böcken anderer Rassen zu verdrängen. Um 1950 war das Alpine Steinschaf noch in mehreren Alpenregionen stark präsent. In den 60er-Jahren wurde es vor allem in Oberösterreich (Salzkammergut) und im Bundesland Salzburg systematisch verdrängt, in dem Tiere dieser urtümlichen Rasse gezielt aufgekauft und der Schlachtung zugeführt wurden. Die triebigen Steinschafwidder verbannte man gezielt von den Gemeinschaftsalmen. Erst Ende der 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts setzten in Bayern und in Österreich erste Erhaltungsbemühungen ein. Seit November 1999 züchtet man die Rasse Alpines Steinschaf wieder planmäßig.
Gegenwärtig wird das Alpine Steinschaf in den deutschen Landkreisen Berchtesgaden, Traunstein und Rosenheim, in Österreich im Pinzgau, im Großarltal, in der Gaißau, im Tennengebirge und an den nördlichen Hängen der Kitzbüheler Alpen, in Italien im Obervinschgau, im Eisacktal, im Passeiertal und im oberen Pustertal gehalten.
Verwandtschaften und Zuchtgeschichte

Das Krainer Steinschaf und das Alpine Steinschaf repräsentieren noch den Typus des alten mischwolligen, asaisonalen Steinschafes ohne Bergamaskereinkreuzung. Die Abstammung beider sehr ursprünglichen Hausschafrassen ist sehr alt und geht auf das Zaupelschaf, bzw. das steinzeitliche Torfschaf zurück. Es handelt sich beim Alpinen Steinschaf und dem Krainer Steinschaf daher um die ältesten Hausschafrassen des Ostalpenraumes.
Eigenschaften
Der Brunstzyklus des alpinen Steinschafes ist asaisonal. Mutterschafe haben meist zwei Lammungen jährlich und diese meist mit Zwillingsgeburten. Tiere dieser Rasse sind frühreif und ihre Erstzulassung erfolgt bereits mit sechs bis sieben Monaten. Die extrem triebigen Steinschafwidder sorgen für kurze Zwischenlammzeiten und hohe Fruchtbarkeit. Das Alpine Steinschaf ist sehr genügsam und Lämmer weisen bei reiner Grundfütterung gute Zuwachsleistungen auf. Die Tagesgewichtszunahmen liegen bei Schlachtlämmern um 200 bis 250 Gramm. Durch die Alpung können höhere Zuwachsleistungen erzielt werden.
Das Alpine Steinschaf besticht insgesamt durch hohe Fruchtbarkeit, gute Zuwachsleistungen und eine besondere Fleischqualität, die es bei reinen Grundfuttergaben erreicht. Es verfügt über eine robuste Konstitution, ist genügsam und ein guter Futterverwerter und zeichnet sich daher als Extensivhaltungs-Rasse aus.
Das Fleisch von Junglämmern bis zum Alter von acht Monaten ist mager, fettarm und von hoher Qualität. Reife Lämmer im Alter von zehn bis elf Monaten weisen gut marmoriertes Fleisch auf, das sich bestens als Grillspezialität eignet. Die besonders gute Schlachtausbeute beruht wie bei der Rinderrasse der Ennstaler Bergschecken auf der Feinknochigkeit dieser urtümlichen Rasse.
Wollverarbeitungseigenschaften
Die Wolle des Alpinen Steinschafes weist Fliesfarben von meliert bis zu silbergrau und anthrazitfarben auf, die sie in Kombination mit ihrer Spinnbarkeit, ihren Filzeigenschaften und der Farbaufnahmefähigkeit zu den besten unter den Wolltypen der Generhaltungsrassen machen.
Zusammenfassung
Aus den Erfahrungsberichten der Züchter wie dem Spartenbetreuer Günter Jaritz aus Unken im Mitterpinzgau ist zu entnehmen, dass das Alpine Steinschaf durch seine Widerstandsfähigkeit, seine Anspruchslosigkeit, seine hohe Fruchtbarkeit und seine problemlose Ablammung besticht. Es eignet sich in den Hochlagen inneralpiner Gebiete mit rauer Witterung zur Dreifachnutzung Milch – Wolle – Fleisch, wobei seine lang gescheitelte grobe Mischwolle gepaart mit überdurchschnittlich viel Wollfett ein Durchfeuchten bei Regen und Schnee verhindert. Leo Ammerer aus Saalfelden ist Zuchtwart für die Rasse Alpines Steinschaf. Er schätzt die Standorttreue des Schafes bei der Alpung und dass es nach dem Almsommer wohlgenährt auf den Heimhof kommt. Irmgard Herbst, Aschlbäuerin aus Unken, lobt die überdurchschnittliche Verfilzungsfähigkeit der Wolle. Rupert Hasenauer, Hasenaubauer in Hinterglemm schwärmt von der Festigkeit und Feinfasrigkeit und vom guten Geschmack des Fleisches.
Eignung und Haltung
Das Alpine Steinschaf gilt als "zutraulicher Allrounder für Neueinsteiger", das auch in kleinen Beständen gut gedeiht. Es hat einen breiten Einsatzbereich und kann sowohl in der Koppel als auch in der Almwirtschaft im Hochgebirge gehalten werden. Es verfügt über eine hohe Unempfindlichkeit gegenüber Verwurmung und empfiehlt sich aufgrund seiner oben erwähnten guten Eigenschaften, sowie der ausgeprägten Mutterinstinkte auch für Gebrauchskreuzungen mit Fleischrassen.
Steinschaf-Wollprojekt
Ein österreichisch-deutsches Wollprojekt hat sich die Vermarktung der rassetypischen Wolle des Alpinen Steinschafes mit eigenem Qualitätssiegel zum Ziel gesetzt. Die Produktpalette umfasst Pullover, Socken und Strickwesten bis hin zu Filzprodukten. Die Wolle wird einmal jährlich von allen österreichischen und bayrischen Beständen zentral gesammelt und anschließend verarbeitet. Die Vermarktung der veredelten Wolle erfolgt durch engagierte Züchter.
Gefährdung
Der derzeitige Bestand (2011) liegt bei rund 390 herdebuchmäßig erfassten Tieren und es muss infolgedessen von einem hohen Gefährdungsgrad gesprochen werden. Die Erhaltung der Rasse und ihre Zucht werden daher im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen (ÖPUL 2007) finanziell unterstützt.
Literatur
- Seltene Nutztiere der Alpen, 7 000 Jahre geprägte Kulturlandschaft., Verlag Anton Pustet 2014, ISBN 978-3-7025-0744-2