Ladübertragen

Das Ladübertragen ist ein alter Brauch in der Lungauer Gemeinde Ramingstein.

Allgemeines

Das Ladübertragen wird in Ramingstein immer dann gefeiert, wenn ein Bürgermeisterwechsel stattfindet.

Beim Ladübertragen handelt es sich um einen uralten Brauch, bei dem eine Truhe – die "Gemeindetruhe" – vom Haus des alten zu dem des neuen Bürgermeisters übertragen wird. Früher befanden sich in dieser Lade wichtige Schriften, Urkunden und Bücher sowie die Gemeindekassa. Da es damals noch kein Gemeindeamt gab, wurden diese Dinge vom Bürgermeister in der Truhe aufbewahrt. Da das heute nicht mehr der Fall ist, birgt die Lade nun Anliegen von Vereinen und Brauchtumsgruppen, die zum Amtswechsel an das neue Gemeindeoberhaupt gerichtet werden. Die heutige Truhe ist allerdings nicht mit der Originallade ident. Diese ging während des Zweiten Weltkrieges verloren und musste im Jahr 1959 nachgefertigt werden.

Wichtiger Bestandteil des Ladübertragens ist das "Beschlagen" des Bürgermeisters. Dabei wird ein Hufeisen mit drei Nägeln – sie repräsentieren die drei Katastralgemeinden Ramingstein, Mitterberg und Mignitz – an der Schuhsohle befestigt. So soll das neue Oberhaupt einen guten Stand für seine Amtszeit haben. Daraufhin wird der Gemeindeschlüssel übergeben und die Truhe in das Haus getragen. Der Festzug begibt sich zum Dorfplatz, wo der Umzug endet. Anschließend werden die Mitwirkenden vom Bürgermeister zu Speise und Trank eingeladen.

Ungefähr gleich alt wie die Gemeindelade ist der Ramingsteiner Gemeindeschlüssel, auf dem die Namen der Bürgermeister ab 1945 verewigt sind.

Die Lade verbleibt bis zum nächsten Ladübertragen ebenso im Haus des Bürgermeisters wie der Schlüssel und die beschlagenen Schuhe.

Anlässlich des Ladübertragens erscheint auch die Zeitschrift "Kiebitz", worin die "Untaten" der Ramingsteiner Gemeindebürger während der letzten Jahre in humorvoller Art auf das Korn genommen werden.

Beispiele

1979

Nach der Gemeindevertretungswahl 1979 hatte kein Ladübertragen stattzufinden, da es (seit Langem wieder) zu einer Wiederwahl des amtierenden Bürgermeisters gekommen war. Unverzagt führten die feierlustigen Ramingsteiner durch Statutenänderung einen neuen Brauch ein: Nach einer Wiederwahl des Bürgermeisters war fortan eine Begrüßungsfeier zu veranstalten, bei der das bisherige Wirken des Bürgermeisters in humorvoller Weise zu beleuchten sein würde.

Auch im Rahmen der nun erstmals abgehaltenen Wiederwahl-Feier hatte die Gemeindelade ihren Platz, da die Vereine nicht um neue Wünsche verlegen waren. Bürgermeister Richard Maier nahm gemeinsam mit den fünf Altbürgermeistern der vergangenen 30 Jahre vor der Lade Aufstellung, die von schwer bewaffneten Reisigen bewacht wurde. Vorreiter kündigten das Erscheinen der Vereine an, die sodann ihre Anliegen vorbrachten. Der Kameradschaftsbund feuerte Ehrensalven ab, die Landjugend pflanzte (im Rahmen einer diesbezüglich gesamtsalzburgischen Aktion) auf dem Gemeindeplatz einen Bergahorn, die Gesangsrunde sang, der Sportklub kürte den Bürgermeister zum "Sportler des Jahres". Der Kriegsopferverband stellte einen Pfleger mit seinen Reisigen da, der die Bezahlung des Zehents einforderte. Und nicht zuletzt mussten die Bürgermeisterschuhe angezogen werden und wurden neu beschlagen.

1992

Vor dem Wohnhaus des vorigen Bürgermeisters Richard Meier walteten gegen 12 Uhr die beiden "Dorfschmiede" ihres Amtes: Mit einer Hufzange wurden die Festtagsschuhe des Altbürgermeisters von den beiden Eisen, die mit drei Nägeln an der Sohle befestigt waren, befreit. Gegen 12 Uhr setzte sich der Festzug, der von zwei Straßenkehrern und zwei Vorreitern angeführt wurde, vom Ortsteil Kendlbruck in Richtung Ramingstein in Bewegung. Rund eine Stunde später trafen die Gratulanten vor dem Wohnhaus des neuen Gemeindeoberhauptes Johann Bogensberger ein. Hier übergab Meier seinem 45-jährigen Nachfolger die Lade und dem Gemeindeschlüssel, auf dem die Namen der sieben Bürgermeister seit 1945 verewigt waren. Das Beschlagen des ersten Bürgermeisterschuhes fand gegen 17 Uhr vor dem Gemeindeamt statt.

2014

Am 27. September 2014 übergab der scheidende SPÖ-Bürgermeister Franz Winkler Amt und Gemeindelade seinem ÖVP-Nachfolger Dipl.-Ing. Peter Rotschopf. 19 Gruppen gaben zu Ehren des neuen Gemeindeoberhauptes Darbietungen verschiedenster Art zum Besten.

2019

Nachdem Peter Rotschopf auf einen Wiederantritt verzichtet hatte, gewann der SPÖ-Kandidat Günther Pagitsch am 10. März 2019 die Bürgermeisterwahl 2019 gegen den ÖVP-Kandidaten Leonhard Kocher. Das Fest des Ladübertragens fand aber erst am 7. September 2019 statt.

Der ganze Ort war auf den Beinen, nachdem das Festkomitee unter Bernhard Kendlbacher zum großen Ladübertragen gerufen hatte. 19 Vereine und Organisationen mit 15 Festwagen erwiesen dem neugewählten Gemeindeoberhaupt die Ehre:

Vier Stunden lang wurde für Pagitsch Theater gespielt, bevor die Schuhe des neuen Bürgermeisters beschlagen wurden. Nach Dankesworten übernahm Pagitsch von seinem Vorgänger symbolisch die Gemeindeschlüssel. Schließlich geleitete ihn die Musikkapelle mit der Gemeindelade, in der die Wünsche der Gemeindebürger verwahrt waren, zu seinem Haus, in dem die Truhe nun ihren Platz fand.

Quellen