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"Ehrenkodex verletzt": Liebesbeziehung mit Trainer führt zu ÖSV-Aus von Franziska Gritsch

Die Top-Läuferin Franziska Gritsch muss nach einem Verhältnis zu ihrem Coach Florian Stengg fortan im Skiweltcup eigene Wege abseits des ÖSV gehen. Für Sportdirektor Herbert Mandl wurde damit "das Vertrauensverhältnis zerstört". Gritsch selbst spricht von einem "Herzensprojekt", mit dem nun aber riesige Herausforderungen auf das Paar warten.

„Immer dem Herzen nach“ – Franziska Gritsch und Florian Stengg verlassen den ÖSV und bilden ab sofort ein Privatteam.
„Immer dem Herzen nach“ – Franziska Gritsch und Florian Stengg verlassen den ÖSV und bilden ab sofort ein Privatteam.
Franziska Gritsch fährt weiter für Österreich, gehört aber nicht mehr zum ÖSV-Team.
Franziska Gritsch fährt weiter für Österreich, gehört aber nicht mehr zum ÖSV-Team.
Trainer und Lebensgefährte Florian Stengg wurde aus dem Team eliminiert.
Trainer und Lebensgefährte Florian Stengg wurde aus dem Team eliminiert.

Insider haben sich gewundert, warum Franziska Gritsch beim sonntägigen Weltcup-Super-G in Val d'Isère gefehlt hat, die Gerüchteküche hat ohnedies schon länger gebrodelt - und seit Montag ist es fix: Die ÖSV-Topläuferin Franziska Gritsch (26) wird aus dem ÖSV ausscheiden und mit ihrem bisherigen Trainer und neuen Lebensgefährten Florian Stengg (34) ein Privatteam bilden (müssen).

Vorausgegangen ist, dass sich Gritsch und der Coach im Laufe des Jahres sehr nahe gekommen sind und - laut ÖSV - interne Grenzen überschritten haben. "Damit wurde ein Ehrenkodex verletzt, das ist für das ganze Team untragbar. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Trainer und den anderen Läuferinnen ist damit zerstört", kommentiert ÖSV-Sportdirektor Herbert Mandl. Stengg wurde daraufhin vom Team entfernt, Gritsch reagierte offenbar sehr unwirsch auf diese Aktion und stellte dem ÖSV angeblich ein Ultimatum. Das dementiert Mandl zwar, aber er sagt: "Es zeichnet sie aus, dass sie ein starker Charakter ist, aber man darf das nicht immer nur für sich ausnutzen."

Gritsch muss sich fast alles selbst organisieren und finanzieren

Nun hat man sich doch noch geeinigt: Stengg wird einvernehmlich aus dem ÖSV ausscheiden und mit Gritsch ein Privatteam bilden. Die Läuferin muss den Coach selbst bezahlen, beide müssen sich ab sofort um Trainingsstrecken, Quartiere, Autos oder Physiotherapeuten in Eigenregie kümmern. "Sie werden auch nicht mehr in einem ÖSV-Teamquartier wohnen und sich an keinem ÖSV-Training beteiligen können", bestätigt Mandl.

Gritsch wird aber vom ÖSV für die Rennen nominiert und auch im ÖSV-Renndress antreten, der ÖSV übernimmt für sie wie für alle nominierten Läuferinnen die Flugkosten. Möglich wurde das auch, weil ihre Skifirma Head den Weg mitgehen und ihr den Servicemann weiter zur Verfügung stellen wird. Befristet ist das Projekt vorerst bis Saisonende. Die Premiere erlebt das neue Team schon am Donnerstag beim Nachtslalom in Courchevel.

ÖSV-Sportdirektor Herbert Mandl (l.) und Generalsekretär Christian Scherer ziehen Konsequenzen.
ÖSV-Sportdirektor Herbert Mandl (l.) und Generalsekretär Christian Scherer ziehen Konsequenzen.

Gritsch selbst schreibt auf Instagram von einem "Herzensprojekt", bei dem ihr die zusätzlichen Herausforderungen durchaus bewusst seien. "Ich habe mir die Entscheidung wohl überlegt. 'Immer dem Herzen nach' bedeutet manchmal, neue Wege zu gehen, oftmals die Komfortzone zu verlassen und immer mutige Schritte zu wagen, dem Bauchgefühl treu zu bleiben", teilt die Tirolerin mit. Courchevel beschreibt Gritsch als ihren "ersten Meilenstein auf dem neuen Weg". Wohin sie dieser führen wird? Klar ist, dass er mit größeren Hürden gepflastert sein wird als der bisherige. Vier Podestplätze hat die Allrounderin bisher eingefahren, der erste Sieg lässt noch auf sich warten. Da sie aber schon mit Bestzeiten aufhorchen ließ, gilt Gritsch als rot-weiß-rote Hoffnungsträgerin.

ÖSV ist offen für Rückkehr von Gritsch

Wessen Wunsch war letztlich das für Gritsch sehr teure Privatteam? Es sei für beide Seiten der beste Weg, "Zwischenlösungen führen nur zu Irritationen", sagt Mandl. ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer gibt sich amikal: "Wir haben das im Guten lösen können, bevor es zur Eskalation kommt. Sie ist und bleibt ÖSV-Läuferin und ich wünsche ihr alles Gute." Zudem betont man bei Ski Austria: "Für eine Rückkehr in den Trainingsbetrieb mit dem Team bleibt der ÖSV offen und gesprächsbereit."

Auch Stengg habe man angeboten, in einer anderen Funktion im ÖSV zu bleiben, was dieser aber ablehnt habe. Als Ersatz für Stengg haben die ÖSV-Verantwortlichen Meinhard Tatschl, den einstigen Vertrauenstrainer von Anna Veith, zurück ins Weltcup-Trainerteam beordert. Übrigens gab es schon vor rund 20 Jahren einen ähnlichen Fall im ÖSV-Team, als der Slalom-Cheftrainer und eine Spitzenathletin zueinander fanden. Deren Kolleginnen stiegen auf die Barrikaden - und der ÖSV versetzte den Coach.

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