"Ich bin unbegrenzt belastbar und habe kein Talent zur Frustration". Mit diesem Satz hat sich Helga Rabl-Stadler, die am 2. Juni ihren 70. Geburtstag feiert, treffend beschrieben. Diese Charakterzüge haben ihr zu einer außergewöhnlichen Karriere verholfen: Journalistin, Politikerin, Unternehmerin, Präsidentin der Wirtschaftskammer Salzburg und seit 23 Jahren Präsidentin der Salzburger Festspiele.
In Salzburg wird sie vielfach nur "die Präsidentin" genannt, und tatsächlich ist die Juristin und zweifache Mutter fast schon so etwas wie eine Institution. Seit Jänner 1995 lenkt Rabl-Stadler die weltweit renommierten Salzburger Festspiele. Mit Klugheit, Charme, Durchsetzungskraft und viel Energie waltet sie über "Geld und Spiele" in der Hofstallgasse. Die Verantwortung ist groß: In dem Unternehmen arbeiten während des Jahres 210 Menschen, im Sommer sind es bis zu 4.000 inklusive aller Festspielkünstler.
Bacher-Tochter verdiente sich erste Sporen im Journalismus
Ihre Domäne ist das Werben um Sponsorengelder bei den Vertretern der Wirtschaft, das Repräsentieren einer weltweiten Kultur-Marke und diplomatisches Geschick im Umgang mit der Politik, auch und gerade wenn man nicht immer einer Meinung ist. Auf diese verantwortungsvollen und teils streitbaren Aufgaben war Helga Rabl-Stadler aufgrund ihrer beruflichen Vergangenheit gut vorbereitet.
Die am 2. Juni 1948 in Salzburg geborene Tochter von Ex-ORF-General Gerd Bacher absolvierte 1966 die Matura am Wirtschaftskundlichen Realgymnasium in Salzburg mit Auszeichnung. Vier Jahre später schloss sie ihr Jus-Studium, das sie mit ausgezeichnetem Erfolg absolvierte, mit dem Doktor der Rechte ab.
Rabl-Stadler studierte auch einige Semester Publizistik, denn "Journalismus war mein Traumberuf", wie sie sagte. Ihre berufliche Karriere begann sie in der Lehrredaktion der Zeitung "Die Presse". Später wechselte sie zur "Wochenpresse" und schließlich zur Tageszeitung "Kurier". Dort schrieb sie von 1974 bis 1978 als erste weibliche Innenpolitikkolumnistin für die Rubrik "Politik von innen". 1977 heiratete sie ihren Kollegen Peter Rabl, den späteren Chefredakteur des "Kurier". Aus der mittlerweile geschiedenen Ehe stammen zwei Söhne.
Steht seit 30 Jahren an der Spitze des familieneigenen Modehauses
Zugunsten des Familienbetriebs "Resmann Couture" - das Modegeschäft führte ihre Mutter Rosl Stadler - kehrte Helga Rabl-Stadler 1978 von Wien nach Salzburg zurück. Anfang der 1980er-Jahre wurde sie Miteigentümerin und Gesellschafterin des Modehauses in Salzburg und Linz. Diese Entscheidung fiel ihr nicht leicht, war aber "eine Investition in die Familie", wie sie betonte. Rund 30 Jahre leitete sie das Unternehmen. 1983 ging sie für die ÖVP in den Nationalrat, wo sie sich bis 1990 für liberalere Ladenöffnungszeiten und für die Verankerung von Sponsoring im Steuerrecht engagierte - ein Fach, das viele Jahre später für Rabl-Stadler noch wichtig werden sollte.
Führte als erste Frau die Salzburger Wirtschaftskammer
Zuvor aber stand die Salzburger Wirtschaftskammer am Lebensweg der Karrierefrau. Dort begann sie 1985 als Vizepräsidentin, von 1988 bis 1995 als Präsidentin - wiederum als erste Frau. "Damals suchte man intensiv nach Frauen in politischen Funktionen", schilderte Rabl-Stadler. "Vizepräsidentin wurde ich, weil ich eine Frau war, Präsidentin, obwohl ich eine Frau war." Von 1990 an war sie fünf Jahre lang auch Bundesobmann-Stellvertreterin der ÖVP.
An den Titel "Präsidentin" hat sie sich bereits gewöhnt, als sie am 26. Jänner 1995 eine der mächtigsten Kulturmanagerinnen der Welt wurde: Sie übersiedelte in die Direktion der Salzburger Festspiele und legte damit alle politischen Funktionen nieder. "Außer dem Amt des Bundespräsidenten gibt es kein Amt, das ich lieber antreten würde als das Amt des Präsidenten der Salzburger Festspiele", sagte Rabl-Stadler damals im Fernsehen. Immer wieder wurde ihr Vertrag verlängert, und bis einschließlich 2020 wird die "Präsidentin" in Salzburg weiter Helga Rabl-Stadler heißen.
Höhepunkt: Neubau des Hauses für Mozart 2006
Wie keine andere steht Rabl-Stadler als Vertreterin des alteingesessenen Salzburger Bildungsbürgertums für die Umarmung von Kunst und Geld ohne Berührungsängste. Eine der Höhepunkte ihrer Sponsoringerfolge war die Finanzierung des Hauses für Mozart im Mozartjahr 2006. Von den Gesamtkosten von über 36 Millionen Euro haben die Festspiele 40 Prozent selbst aufgebracht. Rabl-Stadler wurde mehrfach für ihre Verdienste ausgezeichnet: 1998 erhielt sie das Goldene Ehrenzeichen des Landes Salzburg, im August 2016 den "Grande Ufficiale dell'ordine della Stella d'Italia" der Republik Italien in Anwesenheit von Maestro Riccardo Muti.
Der volle Terminkalender macht die Präsidentin offenbar niemals müde. Das ganze Jahr über reist sie als Botschafterin der Salzburger Festspiele zu Programmpräsentationen und Vorträgen zwischen Peking und New York, lukriert Sponsorengelder, verhandelt, repräsentiert, kommentiert, lächelt und scherzt. Sie seht in diesem "Karussell der Eitelkeiten" mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Diese Eigenschaft war auch für die wechselnden künstlerischen Leiter der Festspiele und deren verschiedene Charaktere von Vorteil.
Spielt erfolgreich die Vermittlerin für die größten Festspiele der Welt
Falls es überhaupt Meinungsverschiedenheiten mit Gerard Mortier, Peter Ruzicka, Jürgen Flimm, Alexander Pereira und Sven-Eric Bechtolf oder dem jetzigen Intendanten Markus Hinterhäuser gab, nach außen drang nichts. Ein böses Wort kam ihr vor der Öffentlichkeit nicht über die Lippen. Rabl-Stadler blieb stets ihrer Rolle als Vermittlerin und starke Unterstützerin in der Umsetzung des künstlerischen Programms für die größten Festspiele der Welt treu.
Die Präsidentin erlebte auch turbulente Festspieljahre. Ende 2009 flog die Affäre um die Osterfestspiele auf, in die auch der Technische Direktor der Festspiele involviert war. In der Folge wirbelte ein Bericht des Rechnungshofes viel Staub auf und löste Reformen unter anderem in der Buchhaltung aus. 2011 übernahm sie zusätzlich auch noch für einige Jahre die kaufmännische Leitung des Festivals. Dann kam es zum Streit ums Budget zwischen Intendant Alexander Pereira und dem Festspiel-Kuratorium, auch hier war die Präsidentin als Vermittlerin gefordert.
Das Festspielkuratorium hat sich am 2. Dezember 2016 einstimmig für eine neuerliche Verlängerung des Vertrages der erfolgreichen Langzeitpräsidentin entschieden. Zuvor hatte sich Rabl-Stadler kurzfristig dazu entschlossen, sich noch einmal zu bewerben. Sie wird damit auch zum 100-Jahre-Jubiläum der Salzburger Festspiele im Jahr 2020 an der Spitze des Festivals stehen.