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Salzburger Festspiele: Rede von Kristina Hammer im Wortlaut

Die Präsidentin der Salzburger Festspiele warnt davor, dass demokratische Errungenschaften erschüttert werden.

Kristina Hammer, Präsidentin der Salzburger Festspiele, im Festakt.
Kristina Hammer, Präsidentin der Salzburger Festspiele, im Festakt.

Als am 22. August 1920 mit der Aufführung des "Jedermann" die ersten
Salzburger Festspiele eröffnet wurden, lag der Erste Weltkrieg kaum zwei Jahre
zurück. Österreich war - wie viele andere Länder Europas politisch
destabilisiert, wirtschaftlich erschöpft und gesellschaftlich zerrissen. Die Vision,
die Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt und Richard Strauss beseelte, in
dieser Situation großer Kunst eine Bühne zu bereiten, um damit Menschen aus
aller Welt anzuziehen, erschien vielen als weltfremd und vermessen.
Unsere Gründerväter lehrten uns, dass Kunst gerade in schwierigen Zeiten die
größte Resilienz, den größten Mut entwickeln kann. Und mehr noch: Dass sie
das auch muss, weil sie gerade dann am meisten gebraucht wird.
Gerne würde ich sagen können: Das ist heute nicht mehr der Fall. Heute
leben wir in einer Zeit, in der wir Kunst endlich allein um ihrer selbst willen Raum
geben können.

Demokratische Errungenschaften werden erschüttert

Die Wahrheit ist aber eine andere: Wir alle müssen Tag für Tag erleben, wie
die demokratischen Errungenschaften in immer mehr Teilen der Welt
erodieren, wie Krieg und Krisen unsere Welt erschüttern.
Das zu ignorieren wäre fahrlässig.
Wie begegnen wir als Salzburger Festspiele heute den Herausforderungen
dieser Zeit? Und vor allem was geben wir auch der nächsten Generation mit
auf den Weg? Wie verhindern wir Passivität und Lethargie, in der etwa die
"Drei Schwestern" in der heuer auf dem Programm stehenden Oper von Peter
Eötvös so schmerzvoll verhaftet sind?

Bibliotheken des Menschseins

Natürlich kann die Kunst allein diese manifesten Verwerfungen nicht wieder
aus der Welt schaffen. Es wäre naiv zu glauben, dass allein eine Aufführung
der "Letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus in ihrer erschütternden
Aktualität schon reichen würde, einen Despoten davon abzuhalten, eben
diese letzten Tage einzuläuten.
Wir müssen aber dafür Sorge tragen, dass diese Bibliotheken des Menschseins
und die darin enthaltenen humanistischen Gedankenräume weiterhin ALLEN
offenstehen und vorallem der nächsten Generation greifbar machen, was die
Kunst über die reine Freude an der Aufführung hinaus Entdeckungswürdiges
zu bieten hat. Dabei werden wir nicht müde Kontexte aufzuzeigen und die
Historie ebenso wie die Gegenwart in ihren vielfältigen Schichten
auszuleuchten.

Geistiges Rüstzeug und Herzensbildung


Die Jugend ist unsere Zukunft und es ist unsere Aufgabe ihre Neugier und
Begeisterungsfähigkeit zu erwecken und Ihnen das geistige Rüstzeug und die
Herzensbildung mitzugeben, um die künftigen Herausforderungen zu meistern.
Auch diese Haltung kennzeichnet die Salzburger Festspiele und so bieten wir
mit unseren Aufführungen generationsübergreifend eine eigene Form der
Orientierung in einer komplexen Welt, die nach Menschlichkeit, Vernunft und
Mitgefühl verlangt oder wie Max Reinhardt es so treffend formulierte: "Das
Theater ist ein Spiel, zu dem Schauspieler und Zuschauer sich im lebendigsten
Kontakt zusammenfinden, um eine Unwirklichkeit wirklich zu machen und um
gemeinsam zu lachen und zu weinen."
So möge es uns auch dieses Jahr aufs Neue gelingen Raum für Erkenntnis,
Verständnis und Zuversicht zu schaffen und mittels der Kraft der Musik das
oftmals Unaussprechliche auf eindrucksvolle Weise hör- und erlebbar zu
machen.

Podcast Jederspiele - Ein Blick hinter die Kulissen der Salzburger Festspiele

Schauspielerin Marie-Luise Stockinger über ihre Kindheit, ihre Rolle in "Die letzten Tage der Menschheit" und warum sie manchmal lieber offline statt online ist:

Schauspieler und Jedermann Philipp Hochmair verrät im Podcast, wie lange er diese Rolle noch spielen will - und warum er überlegt, nach Salzburg zu ziehen.

Die Bestseller-Autorin, Sängerin und Festspielbesucherin Hera Lind spricht vom eigenen Scheitern auf der Bühne und von ihren größten Erfolgen.

Der Tonmeister der Salzburger Festspiele, Edwin Pfanzagl-Cardone, über den perfekten Ton und wo im Großen Festspielhaus die besten Plätze liegen

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