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KI-Bilder: Das Ende der Kunst

Eine Maschine kopiert und nennt es Schöpfung. Wie KI-generierte Kunstwerke die Branche gefährden.

So sieht ein KI-generiertes Bild der Mona Lisa aus. Betroffen vom „Stilklau“ sind aber vor allem zeitgenössische Künstler.
So sieht ein KI-generiertes Bild der Mona Lisa aus. Betroffen vom „Stilklau“ sind aber vor allem zeitgenössische Künstler.

In den vergangenen Monaten wurde die Welt der Kunst erschüttert. Wut und Angst sind Gefühle, die Künstler empfinden, seit ein bestimmter Eindringling sich in der Künstlerszene breitmacht und bei vielen für Zukunftsängste sorgt. Die Rede ist von künstlicher Intelligenz.

Doch was ist eigentlich die Problematik?

Nun, viele Menschen, die in der Kunstszene aktiv sind und hauptsächlich auch dort arbeiten, fühlen sich in ihrem Dasein bedroht. Und das zu Recht: Künstlich generierte Bilder machen die Runde. Ob es Filter auf TikTok sind, Videos, in denen Obama mit Biden und Trump Videospiele spielt, oder das erst kürzlich viral gegangene Bild von Papst Franziskus im weißen Daunenparka. Bilder, die mittels künstlicher Intelligenz erstellt wurden, lassen sich zurzeit überall finden, und mit ihnen gibt es auch ein großes Problem: die Art, wie sie entstehen.

Um so ein Bild zu bekommen, gibt es zwei Möglichkeiten: "text to image" und "image to image". Bei der ersten Variante gibt man in ein Feld ein, was man denn haben möchte. Beispielsweise "grüner Frosch auf einer Seerose, Regen, dramatische Beleuchtung". Die künstliche Intelligenz stellt daraufhin mehrere Bilder zusammen und man kann auswählen. Bei "image to image" gibt man der KI ein Bild als Beispiel. Das wäre dann in unserem Fall ein Frosch. Man muss einen kurzen Text dazuschreiben, wie das Beispielbild genau umgesetzt werden soll.

Ein Bild entsteht nicht einfach aus dem Nichts. Es braucht einen Input, etwas, worauf die KI aufbauen kann, womit sie lernen kann. Und dieser Input ist Datenmaterial. Sehr, sehr viel Datenmaterial. Und hier liegt die Problematik. Milliarden von Zeichnungen, Fotografien, Musik, Stimmen, Gesichtern, Häusern - alles, was sich irgendwie im Internet finden lässt - werden benutzt, um aktiv maschinelles Lernen zu betreiben. Ohne das Wissen oder die Zustimmung des Künstlers. Es werden gezielt Namen von Zeichnern benutzt, um deren Zeichenstil nachzuahmen und zu stehlen.

Der berühmte Konzeptzeichner Greg Rutkowski ("Dungeons and Dragons", "Horizon Forbidden West") ist einer der Meistbetroffenen in der Kunstbranche. Sein Name wurde für KI-generierte Bilder über 250.000 Mal benutzt und damit öfter als der einiger alter Meister wie da Vinci oder Michelangelo. Ohne sein Einverständnis. Rutkowski betonte mehrmals ausdrücklich, dass er nicht wolle, dass sein Stil für die KI-Bilder benutzt werde. Seine Bitte stieß auf taube Ohren. Ein weiteres prominentes Beispiel ist der Künstler Samdoesarts. Auch sein Stil wurde unzählige Male verwendet, ungefragt, ungestraft. Er machte seine Follower via Twitter auf einen Reddit-Kanal aufmerksam, in dem KI-generierte Bilder mit seinem Stil gepostet wurden. Daraufhin meldete sich der Ersteller des Kanals bei ihm per E-Mail. Es sei ihm egal, was Sams Meinung dazu sei.

Für Künstlerinnen und Künstler kann so etwas schwere Folgen haben. Sie werden irrelevant, ihre Fähigkeiten werden unbedeutend, ersetzbar. Unternehmen müssen in Zukunft keine Konzeptzeichner, Charakterdesigner oder Animatoren mehr einstellen. Keine langwierige Personalsuche mehr, schnellere Ergebnisse und das Wichtigste: Es ist billig. Statt 50 Leuten braucht man nur noch ein System. Und dieses musst du nicht bezahlen, es beschwert sich nicht, es wird nicht krank. Und es entwickelt sich weiter. Jede Eingabe wird gespeichert, kein Bild wird vergessen.

Menschen, die ein nicht so geübtes Auge für Kunst haben, werden den Unterschied zwischen KI-generiert und von Menschenhand gemacht daher auch nicht leicht erkennen können. Aber wenn man weiß, wo man hinsehen soll, wird man fündig. Das größte Problem für KI ist das, womit auch viele Künstler zu kämpfen haben: die Hände. Zu viele Finger, Nägel wachsen aus den Knöcheln, falsche Haltung. Hände sind der erste Anhaltspunkt. Auch Augen, Ohren und Haare werden oft unnatürlich dargestellt. Kleidung ergibt keinen Sinn, Knöpfe sind da, wo sie nicht sein sollten, ein Reißverschluss geht ins Leere. Die Details machen ein gutes Bild aus. KI schafft es nicht, diese sinnvoll zu replizieren.

KI-Modelle wie Midjourney, DALL-E oder Stable Diffusion benutzen urheberrechtlich geschützten Content von Künstlern, die einen großen Teil ihres Lebens dem Schaffen von Kunst gewidmet haben, die Stunde für Stunde, Tag für Tag, Jahr für Jahr immer wieder das Gleiche gezeichnet haben, um Anatomie zu meistern, Farben, Kontraste, nur um dann zu sehen, wie das, was sie sich hart aufgebaut haben, gestohlen wird für die Erzeugung von Bildern, die aus künstlerischer Sicht absolut keinen Mehrwert haben. Sie sind ohne Liebe gemacht, von Leuten, die lieber entspannt auf der Couch sitzen und ein paar Wörter eingeben, um ein Bild zu bekommen, anstatt selber zeichnen zu lernen oder jemanden zu bezahlen, der es mit Erfahrung und Können umsetzt.

Als Künstlerin bin auch ich davon betroffen und die Richtung, in die sich KI entwickelt, stimmt mich besorgt und lässt mich um meine Zukunft und auch um die aller anderen Künstler bangen. Für viele ist Kunst das, was für ihre Familien sorgt und Essen auf den Tisch bringt. Es sind unsere Kreationen, die uns am Herzen liegen, für die wir viel Zeit und Willen geopfert haben, weil wir es gerne tun. Wir haben ein Recht, wütend zu sein. Künstler haben keine Angst vor Werkzeugen wie Photoshop. Sie können nur den Unterschied erkennen, zwischen Werkzeug und Ersatz.