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Ärztin und Autorin Tara Meister tritt beim Bachmann-Preis an

Der Bachmann-Preis ist nicht nur in der deutschsprachigen Fachwelt angesehen. Auch engagierte Kärntner Deutschlehrer machen mit ihren Klassen mitunter gerne einen Lehrausgang zum Wettlesen. So geschehen einst auch mit der 1997 geborenen Tara C. Meister, die von ihrer Lehrerin als 12-Jährige, nachdem sie ihren Text vor der Klasse vorgelesen hatte, zu hören bekam: "Du liest bestimmt noch einmal beim Bachmann-Preis." Ab 25. Juni geht die Prognose in Erfüllung.

Tara C. Meister liest beim Bachmann-Preis
Tara C. Meister liest beim Bachmann-Preis

Doch so geradlinig, wie das klingt, hat sich Leben und Literatur der Autorin, die als eine von vier österreichischen Teilnehmenden zu den 49. Tagen der deutschsprachigen Literatur nach Klagenfurt kommt, keineswegs entwickelt. Geboren in Frauenchiemsee, wuchs sie in Kärnten auf, studierte Humanmedizin in Wien, und schrieb nebenbei. Doch gegen Ende des Studiums kamen ihr Zweifel, wie sie im Gespräch mit der APA erzählt: "Wenn ich meine Facharztausbildung in Gynäkologie und Geburtshilfe mache, komme ich auf 50 bis 60 Stunden in der Woche. Dann schreibe ich vielleicht fünf oder sechs Jahre keinen Satz."

In Leipzig "wahnsinnig viel gelernt"

Tara Meister entschied sich dafür, sich "Raum fürs Schreiben" zu nehmen, und begann Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig zu studieren. "Das war die richtige Entscheidung. In diesen drei Jahren ist wahnsinnig viel passiert." Sie hat dort nicht nur "wahnsinnig viel gelernt, etwa professionelle Distanz zum Schreiben", und vor allem viel Austausch mit anderen Schreibenden gepflogen, sondern auch drei Stücke geschrieben und im Vorjahr ihren Debütroman "Proben" vorgelegt. Die zwei Freundinnen, von denen er erzählt, haben mit Proben auf sehr unterschiedliche Weise zu tun: als Naturwissenschafterin im Labor und als Regisseurin im Proberaum.

Während ihrer Zeit in Leipzig hat sie dennoch ihre medizinische Ausbildung weiter verfolgt und war für "klinische Rotationen" einen Monat am Lenox Hill Hospital New York und drei Monate in Philadelphia ("Alles noch unter Biden, jetzt würde ich nicht mehr fahren ..."). "Die Medizin und das Schreiben: Diese zwei Leidenschaften werden immer um die erste Stelle in meinem Leben konkurrieren. Ich bin überzeugt, dass es sich nicht nur ausgeht, sondern einander auch gut tut", sagt die Ärztin und Autorin, die im Herbst Stipendiatin am Literarischen Colloquium Berlin ist und sich in der Medizin neben Gynäkologie auf den Bereich "Medical Humanities" spezialisieren möchte, eine interdisziplinäre Schnittstelle von Medizin und Geisteswissenschaften. Speziell interessiert sie sich für "Narrative Medizin", in der die individuelle Erfahrung im Zentrum steht. "Ich glaube, gerade im Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe gibt es viel zu erzählen." Das wird wohl auch in ein neues Buchprojekt einfließen.

Bachmann als "wichtige frühe Leseerfahrung"

Meisters Videoporträt für den Bachmann-Preis beginnt mit: "Ich finde, das Dazwischen ist ein guter Ort. Ich bin da oft." Aber auch auf der Bühne fühlt sie sich wohl. Mit 17 hat sie begonnen, in der Spoken Word Szene aktiv zu sein und als Poetry Slammerin aufzutreten. "Schon beim Schreiben denke ich an Timing, an Pausen, an Tempo. Ich hab' großes Interesse am Rhythmus der Texte. Zu lesen, zu sprechen, zu performen ist für mich keine Hürde. Ich bin die Bühne gewohnt. Ich freue mich sehr auf die Lesung in Klagenfurt. Das ist aber mit meinen Auftritten nicht vergleichbar."

Eigentlich wollte sie sich für den Klagenfurter Literaturkurs bewerben, der aber heuer aus Budgetgründen gestrichen wurde. "Das fand ich wahnsinnig schade. Dann hat sich alles sehr spontan entwickelt. Ich habe einen Text, der mich schon länger begleitet hat, hervorgeholt. In ihm setzt sich etwas fort, das in meiner Lesebiografie wichtig war. Ingeborg Bachmann war eine wichtige frühe Leseerfahrung für mich. Ihn einzureichen fand ich daher sehr stimmig. Auch, wenn es kein autofiktionaler Text ist, hat er im weitesten Sinn Bezüge zu meinem Aufwachsen. Die Bewegung zurück nach Kärnten fühlt sich für mich richtig an."

"Es wird sicher lustig."

Den Text schickte sie der von ihr sehr geschätzten Jurorin Mara Delius - die Tara C. Meister (das C steht für Camilla, ist aber nicht obligatorisch) daraufhin einlud. Und so gibt es vor der Rückkehr in den Medizinbetrieb, die Meister im Wiener AKH anpeilt, neben der Materialsammlung für den nächsten Roman und dem Schreiben ihres vierten Theaterstücks noch eine aufregende Woche in Klagenfurt. "Ich habe keinen Druck. Dabeizusein ist schon mein Gewinn. Es wird sicher lustig. Es ist ja ein großes, in Teilen auch abstruses Lesefest. Ich freue mich auf die Texte und die Menschen."

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - https://tarameister.com/, https://bachmannpreis.orf.at )

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