Spiluttini wurde am 16. Oktober 1947 als Tochter eines Baumeisters in Schwarzach im Pongau geboren, absolvierte eine Ausbildung als medizinisch-technische Assistentin und arbeitete zunächst am AKH Wien in der Nuklearmedizin. Als Autodidaktin machte sie ihre Leidenschaft für die Fotografie schließlich zum Beruf und arbeitete ab 1981 als freischaffende Fotografin.
"Margherita Spiluttini schrieb als zentrale Figur der österreichischen, ja europäischen Architekturfotografie Geschichte und erhob dieses Genre mit ihren künstlerischen Interpretationen zu einer zeitgenössischen Kunstform", würdigte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) die Künstlerin. Spiluttini sei "eine Meisterin des Gestaltens, eine behutsame Interpretin und eine unvergleichbare Sammlerin und Bewahrerin von Gebäuden, Orten und Räume". "Ihr Werdegang, ihr künstlerischer Blick und ihre Errungenschaften werden noch lange als motivierend und inspirierend gelten und sie wird uns mit ihrem Oeuvre noch lange in Erinnerung bleiben", so Mayer.
Für Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler hat die Fotografin "ihre Disziplin zum Leuchten gebracht, denn sie hat ihre Faszination für Architektur in Lichtbilder übersetzt, die Betrachter*innen befähigte, diese Leidenschaft für den umbauten Raum nachzuempfinden. Dieser präzise, aufmerksame und kenntnisreiche Blick hat ihr ermöglicht, das mit mehreren Sinnen erfahrbare Dreidimensionale in Zweidimensionalität zu übersetzen", hieß es am Samstag in einer Aussendung.
Margherita Spiluttini wurde u.a. mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und dem Österreichischen Staatspreis für künstlerische Fotografie ausgezeichnet. "Architektur ist immer etwas von Menschen Gemachtes und damit auch über Menschen Aussagekräftiges", zitierte das Architekturzentrum Wien (Az W) die Künstlerin, die mit ihrer Arbeit "einen ganz eigenen und innovativen Ansatz in vielerlei Hinsicht" verfolgt habe, wie es in der Jury-Begründung für den Staatspreis hieß. Spiluttini fotografierte für renommierte Architekten und Künstler wie Friedensreich Hundertwasser, Friedrich Achleitner, Hermann Czech, David Chipperfield, Olafur Eliasson und Adolf Krischanitz, mit dem sie ab 1970 verheiratet war, vor vielen Jahren jedoch geschieden wurde. Den letzten Abschnitt ihres Lebens verbrachte sie laut Angaben ihrer Kinder gemeinsam mit ihrem Partner, dem ebenfalls kürzlich verstorbenen Architekten Gunther Wawrik.
Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stand die Dokumentation zeitgenössischer Architektur, etwa im Rahmen ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Herzog & de Meuron. Sie widmete sich aber auch städtebaulichen Themen und anonymer Architektur und setzte sich mit historischen Bauten und Kunst im öffentlichen Raum auseinander.
"Ihre Linse offenbart das Sein und nicht den vergänglichen Schein", sagte der damalige Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) bei der Verleihung des Staatspreises. Spiluttini sei "keine Gerichtssachverständige, aber eine Sachverständige über Architektur. Ihrer Linse kann man vertrauen, auch wenn Sie immer wieder versuchen, das nicht Vertraute zu fassen."
Spiluttini war jahrelang Mitglied im Vorstand der Wiener Secession und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Neben dem Staatspreis waren das u.a. der Österreichische Würdigungspreis für künstlerische Fotografie (1996), der Preis der Stadt Wien (1997) und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (2006). Sie lehrte an der Universität für angewandte Kunst Wien und der Kunstuniversität Linz.
Seit 2014 hinderte sie ihre Multiple Sklerose-Erkrankung am Fotografieren. Spiluttini, die ihren künstlerischen Vorlass dem Architekturzentrum Wien übergeben hatte, hinterlässt ein etwa 120.000 Diapositive umfassendes Archiv. Ein Großteil ihrer Bilder ist online unter https://spiluttini.azw.at/ abrufbar. Das Az W dankte in einer Aussendung Margherita Spiluttini dafür, "dass sie Fotografien geschaffen hat, die uns immer wieder neue Architekturreisen im Kopf ermöglichen". Sie sei "unbestritten eine der bedeutendsten Architekturfotografinnen Europas" gewesen und gehörte zu den Vorreiterinnen in der Architekturfotografie, wo Frauen früher als Architektinnen ein Handlungsfeld in einer männlich geprägten Domäne gefunden hätten.