Die Verfahrensprüfer verlangen von den Flüchtlingen, ihre Erlebnisse so detailgetreu wie möglich zu schildern, um mögliche Widersprüche erkennen zu können. Unbarmherzig und ohne Rücksicht auf menschliche Würde wird so eine in Afghanistan vergewaltigte Frau aufgefordert, das an ihr begangene Verbrechen haargenau zu beschreiben, nur um dann abgeschoben zu werden: Ihre Erzählung sei unrealistisch, da sie sich nach dem traumatischen Erlebnis nicht gewaschen habe, was für Vergewaltigungsopfer untypisch sei.
Mit den nachgespielten Protokollen abgelehnter Asylanträge konfrontiert das Regieteam Karl Baratta und Natascha Soufi die Zuschauer mit deren Bedeutung für die Flüchtlinge, denn viele müssen in ihrem Herkunftsland um ihr Leben fürchten. Dass es sich dabei um echte menschliche Schicksale handelt, geht an niemandem spurlos vorbei.
Die anderen Episoden des Stücks, die sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache dargeboten werden, stammen aus dem Umfeld der sechs Schauspieler Haider Munshed, Alaedin Gamian, Laura Alexandrino, Masha Ghafari, Ahmed Sabah und Hamayun Mohamma Eisa. Sie sind selbst allesamt Migranten - zumeist aus Nahost - und stellen eindrucksvoll die einzelnen Episoden dar.
Anhand von Alltagssituationen zeigt das Stück sowohl die vielen Gemeinsamkeiten der Zentraleuropäer mit den Flüchtlingen aus dem Nahen Osten auf, als auch die unüberbrückbaren Differenzen. Diese gehen weniger auf die Heimatkulturen, sondern vielmehr auf die traumatischen Erlebnisse der Geflüchteten zurück. Derartiges Grauen ist für Mitteleuropäer nicht nachvollziehbar, sodass selbst Karin Peschkas poetischer Text, der von der Flucht aus einem fiktiven gegenwärtigen Kriegsgebiet Wien handelt, unnahbar bleibt.
Alle Szenen zeigen Abläufe und Situationen, die den meisten Menschen verborgen bleiben und schaffen so eine neue Perspektive darauf, was es tatsächlich heißt, Flüchtling zu sein. Der Fokus des Stückes liegt dabei auf den Menschen, ohne das Thema Islam und andere Stereotypen aufzugreifen.
Barattas Bühnenbild ist minimalistisch: Auf zwei Leinwände werden mit einem Projektor die räumlichen Hintergründe der Szenen angedeutet, mit ein paar Sesseln und Tischen werden AMS-Zentren, Wohnzimmer und Cafés geschaffen. Ein umfangreicheres Szenenbild ist auch nicht notwendig, denn die Zuschauer werden allein durch die emotional intensiven Episoden, die Unvorstellbares beschreiben, gefesselt.