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Belgiens Premier rügt Festival für Ausladung von Lahav Shani

Die Ausladung der Münchner Philharmoniker und des israelischen Dirigenten Lahav Shani vom Flanders Festival in Gent lässt weiter die Wogen hochgehen. Der massiven Kritik schloss sich am Freitag auch der belgische Premierminister Bart De Wever an. Er bedauerte, dass "dem Ansehen unseres Landes" schwerer Schaden zugefügt worden sei. Die Deutsche Botschaft in Belgien beendete indes die Zusammenarbeit mit dem Festival, und das Musikfest Berlin sprach eine Einladung an Shani aus.

An der Ausladung von Lahav Shani wird weiter Kritik geübt
An der Ausladung von Lahav Shani wird weiter Kritik geübt

"Rücksichtslos als auch unverantwortlich"

"Jemandem allein aufgrund seiner Herkunft ein Berufsverbot aufzuerlegen, ist sowohl rücksichtslos als auch unverantwortlich", erklärte De Wever am Freitag im Onlinedienst X. Die Entscheidung habe "dem Ansehen unseres Landes" schweren Schaden zugefügt, bedauerte der Politiker.

Die Organisatoren des Festivals hatten am Mittwoch das für den 18. September geplante Konzert der Münchner Philharmoniker abgesagt. Shani sei "nicht in der Lage gewesen, die nötige Klarheit über seine Haltung zu dem genozidalen Regime in Tel Aviv auszudrücken", schrieben sie als Begründung mit Verweis auf die israelische Regierung. Die Entscheidung sei in Übereinstimmung mit der flämischen Kulturministerin Caroline Gennez, dem Genter Stadtrat und dem Kultursektor der Stadt gefallen.

Die "beispiellose Forderung", dass Künstler "schriftliche Erklärungen zu ihren politischen Ansichten abgeben müssen", sei "beunruhigend", schrieb De Wever. Diese Entscheidung habe "zu Recht" große Bestürzung ausgelöst. Auch Flanderns Regierungschef und De Wevers Parteifreund Matthias Diependaele bedauerte die Entscheidung. Außenminister Maxime Prévot hatte zuvor lediglich von einer "übertriebenen" Entscheidung gesprochen.

Roščić: "Einfach Feigheit"

Der deutsche Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) sprach von "blankem Antisemitismus". Auch der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, äußerte sich gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe ähnlich: "Die Musiker, Besucher und Sponsoren des Festivals kommen aus aller Welt. Ausgerechnet der Dirigent aus Israel wird jedoch ausgeladen - das ist purer Antisemitismus." Die Veranstalter in Gent "hätten nicht deutlicher machen können, dass Juden dort unerwünscht sind", sagte Prosor. Und: "Ein Frontalangriff auf die Kunstfreiheit wird unter dem Deckmantel der Israelkritik verborgen." "Das ist einfach Feigheit", äußerte sich Staatsopern-Direktor Bogdan Roščić gegenüber dem ORF zur Ausladung und empfahl den Veranstaltern, ihre Entscheidung zu überdenken.

Deutsche Botschaft beendet Zusammenarbeit

Die Deutsche Botschaft in Belgien beendete mittlerweile die Zusammenarbeit mit dem Flanders Festival. Man habe das Botschaftslogo von der Website des Festivals entfernen lassen und Hinweise auf die Konzerte aus den eigenen Social-Media-Kanälen genommen, teilte eine Sprecherin auf dpa-Anfrage mit.

Auftritte in Berlin und Wien

Statt in Gent tritt Shani mit den Münchner Philharmonikern nun beim Musikfest Berlin auf. Die Einladung erfolgte als gemeinsame Initiative der Berliner Festspiele und der Stiftung Berliner Philharmoniker in Zusammenarbeit mit dem Konzerthaus Berlin. Damit solle ein Zeichen gesetzt werden "für die verbindende Kraft der Kunst, die Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaften in Europa und gegen Antisemitismus, Diskriminierung und den Boykott in Kunst und Wissenschaft". Am 20. September eröffnet Shani mit den Münchner Philharmonikern die neue Saison im Wiener Musikverein.

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