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Dank an Gott und Gattin: 13. Musiktheaterpreise vergeben

Was für ein Zirkus! Im Zelt des Circus Roncalli versammelten sich am Mittwochabend die Stars in der Manege - zur 13. Verleihung des Österreichischen Musiktheaterpreises. In einer zweieinhalbstündigen, von Conférencier Christoph Wagner-Trenkwitz moderierten Gala wurden in 22 Kategorien die Besten der Zunft vor den Vorhang geholt. Die Wiener Staatsoper und das Musiktheater an der Wien (MaW) führten dabei mit je vier Ehrungen die Karawane an.

Ferruccio Furlanetto nahm den Lebenswerkpreis entgegen
Ferruccio Furlanetto nahm den Lebenswerkpreis entgegen

"Candide" als Trumpf des Musiktheaters an der Wien

So konnte sich das MaW etwa in der Sparte Operette durchsetzen, die dem vor zwei Tagen verstorbenen Harald Serafin gewidmet wurde, dem im Vorjahr bei der Gala noch der Lebenswerkpreis zuerkannt worden war. Die Wiederbelebung von Leonard Bernsteins "Candide" brachte dem Haus den Sieg, was dessen Künstlerische Betriebsdirektorin Carolin Wielpütz beglückte: "Tragisch kann jeder, lustig ist die Königskategorie!"

Beglückt und bedrückt zugleich präsentierte sich indes "Candide"-Regisseurin Lydia Steier, die als Siegerin in der Regie-Sektion für ihre Leistung gewürdigt wurde, das über Jahrzehnte als schwierig verschriene Stück zur Hochform gebracht zu haben. "Das Problemkind hatte seine theatrale Form gefunden", unterstrich Steier, die sich umso fassungsloser zeigte, dass angedrohte rechtliche Schritte der Erben einen Erfolgslauf der Inszenierung auf weiteren Bühnen verhindert hätten.

Keine Holly als Molly

Bei der Staatsoper waren es hingegen eher die Kategorien für die Darstellenden, in denen man reüssieren konnte. So hätte sich etwa Holly (Flack) als Molly (Stute) in Alexander Raskatows "Animal Farm" eigentlich persönlich freuen können - hätte die Sopranistin wegen Visaproblemen nicht von Schwechat aus gleich wieder den Rückweg in die USA antreten müssen. Als Preisentgegennehmer sprang Staatsopern-Direktor Bogdan Roščić ein, der zugleich Georg Nigl bei dessen Ehrung als bester Hauptdarsteller die persönlichsten Rosen des Abends streuen konnte: "Schön, dass es Dich gibt!"

Auch für die beste Hauptdarstellerin kam ob Absenz der Chef. Dabei würdigte der Salzburger Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser die Gewinnerin Lisette Oropesa als eine der neuen Säulen des Festivals. Zugleich bot die Würdigung von Mieczysław Weinbergs "Der Idiot" mit dem Titel der besten Opernproduktion Hinterhäuser die Gelegenheit, auf die jüngste Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres jüdischen Dirigenten Lahav Shani vom Festival im belgischen Gent einzugehen: "Das muss man sich vorstellen: inmitten der sogenannten Wertegemeinschaft Europa!"

Dank an Gott und die Gattin

Nebenrollen-Gewinner Michael Laurenz, für seinen Part als David in den "Meistersingern" an der Staatsoper ausgezeichnet, bedankte sich bei seiner Frau, "die jeden Mist mitmacht", während Michael Schade als Intendant der Barocktage in Stift Melk ein noch höheres Wesen adressierte und sich für die Unterstützung "von oben" bedankte. Selbige hätte wohl auch das Orchester der Bühne Baden vonnöten, das nach den Plänen der Politik aufgelöst werden soll, was Wagner-Trenkwitz zur Bemerkung veranlasste, dass die Neue-Musik-Spezialisten des Klangforums ihre Würdigung als bestes Orchester wohl fraglos verdient hätten, "auch wenn ich im Lichte der neuesten Entwicklungen das Orchester der Bühne Baden vorgeschlagen hätte."

Morettis Tortur

"Cross Over bedeutet ja oft, dass Menschen die Grenzen ihres Talents überschreiten", moderierte Wagner-Trenkwitz den Preisträger in dieser Kategorie ein, was für Tobias Moretti aber fraglos nicht zutreffe. Strauss-Jahr-Impresario Roland Geyer würdigte den Geehrten als "Virtuose des Übergangs", der sich wiederum pragmatisch zeigte und bekannte: "Es ist eine Tortur, bei so langen Lobreden daneben zu stehen." Lebenswerkpreisträger Ferruccio Furlanetto hingegen genoss die stehenden Ovationen im Zirkusrund: "Diese Herzenswärme des Publikums hat 40 Jahre lang für mich Wien bedeutet."

"Cagliostro" als Intermezzo

Herzerwärmend handgemacht zeigte sich dabei auch die 13. Preisgala. Sängerin Eva Maria Marold kam als Laudatorin eine Kategorie zu früh aus den Kulissen, während Conférencier Wagner-Trenkwitz schon einmal in den falschen Gang abging. Und wer sich bis dato um das im Rahmen des laufenden Strauss-Jubiläumsjahrs initiierte zirzensische Highlight "Cagliostro" herumgeschummelt hatte, der bekam durch die musikalischen Intermezzi des Abends einen nicht geringen Anteil des Projekts geboten. Einzig Der Nino aus Wien und Ernst Molden brachen mit ihrer "Zirkusmusik" aus diesem Reigen aus.

Zwischen den Musikeinlagen wurden insgesamt Preise in 15 Kategorien aus dem weiten Feld Oper, Operette und Musical unter die Roncalli'schen Zirkuskuppel verkündet. Zu diesen gesellten sich sieben Sonderpreise. Die Entscheidung über die Gewinnerinnen und Gewinner traf wie stets eine Fachjury aus renommierten Musikjournalisten und -journalistinnen unter Vorsitz von Kritikerurgestein Heinz Sichrovsky und Joachim Leitner von der "Tiroler Tageszeitung".

Überblick über die Auszeichnungen

PREISE GEWINNER
Beste weibliche Hauptrolle Lisette Oropesa als Ophélie in "Hamlet" bei den Salzburger Festspielen
Beste männliche Hauptrolle Georg Nigl als Nekrotzar in "Le Grand Macabre" an der Wiener Staatsoper
Bester weiblicher Nachwuchs Jaye Simmons in diversen Rollen an der Volksoper Wien
Bester männlicher Nachwuchs Matteo Ivan Rašić als Nemorino in "L'elisir d'amore - Der Liebestrank" an der Oper Burg Gars
Beste weibliche Nebenrolle Holly Flack als Stute Molly in "Animal Farm" an der Wiener Staatsoper
Beste männliche Nebenrolle Michael Laurenz als David in "Die Meistersinger von Nürnberg" an der Wiener Staatsoper
Beste Ausstattung Paolo Fantin und Klaus Bruns für "Animal Farm" an der Wiener Staatsoper
Beste musikalische Leitung Petr Popelka für "Schwanda, der Dudelsackpfeifer" am Theater an der Wien
Beste Gesamtproduktion Oper "Der Idiot" bei den Salzburger Festspielen
Beste Gesamtproduktion Operette "Candide" am Theater an der Wien
Beste Gesamtproduktion Musical "School of Rock" am Landestheater Linz
Beste Gesamtproduktion Jugend "Wo die wilden Kerle wohnen" am Theater an der Wien
Beste Regie Lydia Steier für "Candide" am Theater an der Wien
Beste Ur-/Erstaufführung "Lass uns die Welt vergessen" an der Volksoper Wien
Beste Off-Produktion "Luziwuzi" am Rabenhof Theater
SONDERPREISE
Orchester Klangforum Wien
Verdienste um das Musiktheater - Fotografie Barbara Pálffy
Wiederentdeckung "Des Simplicius Simplicissimus Jugend" am Tiroler Landestheater
Festival Internationale Barocktage Stift Melk
Großer Preis der Jury Cecilia Bartoli
Cross Over Tobias Moretti
Lebenswerk Ferruccio Furlanetto/Jaime Aragall

(S E R V I C E - www.musiktheaterpreis.at/)

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