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FPÖ-Wien fordert Entlassung von Festwochen-Intendant Rau

Die Wiener FPÖ fordert die Entlassung von Festwochen-Intendant Milo Rau. Anlass ist ein am 4. Oktober veröffentlichter Aufruf Raus "zum Widerstand gegen die Kriegsverbrechen in Gaza", der auf Kritik von mehreren Seiten gestoßen ist. Stadtrat Stefan Berger und FPÖ-Wien-Kultursprecher Lukas Brucker sehen die "Wiener Festwochen für israelfeindliche Propaganda missbraucht" und wollen neben personellen Konsequenzen auch eine Überprüfung der städtischen Förderung des Festivals.

Rücktrittsreif? - Milo Rau hält die Fahne hoch
Rücktrittsreif? - Milo Rau hält die Fahne hoch

"Es muss endlich Schluss sein mit dieser selbstgerechten linken Kulturpolitik, die Kunst als Deckmantel für ideologische Botschaften missbraucht", fordern die beiden FPÖ-Politiker am Dienstag in einer Aussendung. Unterdessen ist ein neuer Text Milo Raus auf der Homepage der Wiener Festwochen erschienen, in dem der Schweizer Theatermacher und Festivalintendant den aus der Kulturbranche kommenden mehreren Dutzend Unterzeichnern einer "Absage" gegen seinen Aufruf antwortet.

Rau fühlt sich missverstanden

Er habe "viele Antworten aus ganz Europa" erhalten, schreibt Rau. "Den Leser:innen aus dem nicht-deutschsprachigen Europa war mein Brief, um einen Kritiker zu zitieren: 'zu wenig und zu spät'. Das zentrale Statement 'Menschlichkeit hat nur eine Seite' und der Aufruf, an der Seite der israelischen genauso wie der palästinensischen Bevölkerung zu stehen, um den Krieg endlich zu beenden, wurde von vielen Kommentator:innen - etwa in Italien oder Frankreich - als eine Art opportunistischer Verrat an den 60.000 Toten im Gaza-Streifen gelesen. Im deutschsprachigen Europa war es umgekehrt."

"Eure Worte sind für mich etwas, das ich sehr, sehr ernst nehme", wendet er sich an die Unterzeichner dieser "Absage": "Mein Brief wurde in jedem der 15 Länder, in denen er erschienen ist, in anderer Weise als 'falsch' gelesen, als einseitig, als pro-israelisch, pro-palästinensisch, jedenfalls als moralisch und rechthaberisch. Das kann ich nur zur Kenntnis nehmen, denn wer sich öffentlich äußert, muss auch öffentlich Kritik entgegennehmen. Nur: Mir war es um genau das Gegenteil gegangen, nämlich einen Diskursraum zu schaffen, der über keine der Seiten schweigt und allen Traumata Raum gibt."

"Eine Kulturinstitution muss solche Debatten möglich machen"

Rau sieht sein Agieren nicht als persönliche Haltung, sondern als Teil seiner künstlerischen Arbeit als Festwochen-Leiter: "Ich glaube, eine Kulturinstitution muss genau solche Momente, solche Debatten möglich machen, auch wenn sie schwierig sind. Ich glaube, dass wir versuchen müssen, einander zu provozieren, andere Perspektiven einzunehmen, den sogenannt 'Anderen' zuzuhören."

Aktionen, Demonstrationen und Meinungsäußerungen jedweder Seite hätten "zum jetzigen Friedensschluss beigetragen", glaubt Rau. "Unsere Debatte wurde schlagartig von der Wirklichkeit überholt, und ich bin froh darüber. Wir wünschen uns alle, davon bin ich überzeugt, dass endlich Frieden herrscht in Israel und Palästina."

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