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Jüdisches Museum Hohenems: Loewy geht, "Morgenländer" kommen

Ende März geht Hanno Loewy, der seit 2004 amtierende Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, in Pension. Zur laufenden Nachfolge-Suche wollte er am Freitag bei einem Pressegespräch in Wien aber nicht viel sagen. Es sei "ein professionell aufgesetzter Prozess zur Findung", über dessen Resultat der Vorstand des Trägervereins "zu gegebener Zeit" Auskunft geben werde. Laut APA-Informationen soll es noch im November soweit sein.

Direktor Hanno Loewy, Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek
Direktor Hanno Loewy, Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek

"Ich bin nicht weniger neugierig als Sie auf die Entscheidung, habe aber ein großes Vertrauen", versicherte Loewy, der kürzlich von Bundespräsident Alexander van der Bellen mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet wurde. Er habe das 1991 in der 1864 erbauten Villa Heimann-Rosenthal eröffnete Museum mit einer jährlichen Besuchszahl von 5.000 übernommen und habe dies vervierfachen können, sagte der 1961 in Frankfurt am Main Geborene, der Hohenems auch künftig erhalten bleiben will. "Uns gehört ein Haus in Hohenems. Wir wohnen da. Es lebt sich sehr schön da." Er versuche, "nicht zu viele Pläne zu machen", sei dabei, Fluchtgeschichten zu sammeln, und habe das eine oder andere Buch im Kopf.

Vermittlungszentrum "Flucht" an der Schweizer Grenze

Besonders die Internationalität und Grenznähe der 17.000-Einwohner-Stadt, die "über Jahrhunderte so etwas wie ein Hub jüdischen Lebens im Alpenraum" (Loewy) war, hat es ihm angetan: Der 1998 gegründete amerikanische Freundesverein des Museums sei sehr wichtig, aus der angrenzenden Schweiz komme nicht nur ein Teil der Besucher, sondern auch ein Teil der Mittel. Mit dem Vermittlungszentrum "Flucht", das in der Gemeinde Diepoldsau (Kanton St. Gallen) unmittelbar an der Grenze zwischen der Schweiz und Österreich errichtet wird, ist das Jüdische Museum Hohenems auch in einem transnationalen Projekt engagiert, das die Geschichte der Flucht während der NS-Zeit am historischen Schauplatz lebendig machen soll.

Seit 2015 ist Dieter Egger Bürgermeister von Hohenems, der 2009 als Vorarlberger FP-Obmann mit einer antisemitischen Äußerung über Loewy (für die er sich später als "missverständlich" und "unangebracht" entschuldigte) für einen Eklat sorgte. "Wir hatten einen Konflikt mit klar antisemitischen Äußerungen und einem Prozess von Einsicht, dass das problematisch und schrecklich war", sagte Loewy heute. Dies habe dazu geführt, "dass die Stadtgesellschaft sich einiger ist als je zuvor, dass das Museum ein Stück der Stadtidentität" ist. Es sei Motor einer Entwicklung gewesen, auf die man stolz sein könne. Die von der Stadtgesellschaft entwickelten Visionen seien von der neuen Stadtregierung schrittweise umgesetzt worden. Das revitalisierte und verkehrsberuhigte Stadtzentrum evoziere bei Besuchern gelegentlich Fragen wie "Habt ihr einen grünen Bürgermeister?", berichtete er schmunzelnd: "In Hohenems tickt manches anders als anderswo - aber das ändert nichts daran, dass die FPÖ die FPÖ ist." Als Obmannstellvertreter hat Bürgermeister Egger im Trägerverein über die Loewy-Nachfolge mitzuentscheiden.

Ausstellung "Die Morgenländer"

Am 16. November wird die nächste Ausstellung eröffnet. "Die Morgenländer" sei "eine fulminante Ausstellung, die in mancher Hinsicht unsere Arbeit fokussiert, die Beziehungsgeschichte zwischen Jüdinnen und Juden und den jeweiligen Mehrheitsgesellschaften offen und kritisch zu beleuchten", sagte Hanno Loewy. Die Schau widmet sich der Entstehung der Orientalistik im 19. Jahrhundert und macht deutlich, wie sehr die Entwicklung der Orient- und Islamwissenschaften sowie der Arabistik von jüdischen Forscherinnen und Forschern mitgeprägt war. Das Bestreben, die Quellen der eigenen Kultur und Geschichte zu erforschen, sei gleichzeitig auch ein Versuch gewesen, "sich aus der diskriminierenden Umklammerung in einer christlichen Gesellschaft zu befreien".

Der Orient habe als "Sehnsuchtsraum" gegolten, berichtete Felicitas Heimann-Jelinek, Sprecherin des Museumsbeirats und Kuratorin der Ausstellung "Die Morgenländer", und kündigte in dem Zusammenhang auch die Büste der Nofretete an - als kleiner Gipsabguss. Das Original "ist und bleibt in Berlin und wird nicht nach Hohenems reisen", doch schon in den 1930er-Jahren habe sich eine jüdische Ägyptologin für eine Rückgabe stark gemacht.

(S E R V I C E - "Die Morgenländer. Jüdische Forscher und Abenteurer auf der Suche nach dem Eigenen im Fremden", Ausstellung im Jüdischen Museum Hohenems, 16. November 2025 bis 04. Oktober 2026 https://www.jm-hohenems.at/)

(Quelle: APA)

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