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"Komödie mit Banküberfall" überzeugt mit Turbo-Slapstick

Sich einfach mal einen Abend lang dem absoluten Quatsch hingeben und dabei dennoch auf höchstem Niveau unterhalten werden - geht das? Das Volkstheater hat sich mit der österreichischen Erstaufführung der "Komödie mit Banküberfall" aus der Feder der britischen Mischief Theatre Company an das Genre des Turbo-Slapstick gewagt. Und einen Abend abgeliefert, den man so an diesem Haus lange nicht erlebt hat. Lachmuskeltraining deluxe.

'Komödie mit Banküberfall' im Volkstheater
'Komödie mit Banküberfall' im Volkstheater

Die 2008 gegründete Mischief Theatre Company kam ursprünglich aus dem Impro-Theater und hat sich in weiterer Folge ganz dem turbulenten Unfug verschrieben und mit Arbeiten wie "Dieses Stück geht schief" große Erfolge erzielt. Mittlerweile werden ihre Stücke weltweit nachgespielt, so auch "Komödie mit Banküberfall", die der deutsche Regisseur Christian Brey 2018 in Nürnberg inszeniert und nun mit dem Volkstheater-Ensemble in eine Wiener Fassung gegossen hat. Darin ist der Titel Programm: Ein Verbrecher und ein Wärter fliehen aus dem Gefängnis, um eine Bank zu überfallen. Durch zahlreiche Missverständnisse und Verwechslungen wird das Vorhaben jedoch zu einem wilden Ritt, der auf einen filmreifen Klimax zusteuert.

Feuerwerk der absurden Sprachakrobatik

Bereits in den ersten Minuten nimmt die rasante Inszenierung das Publikum mit einem Feuerwerk der Sprachakrobatik ein: Maria Harpner und Anatol Preissler haben in ihrer Übersetzung ins Deutsche ganze Arbeit geleistet. In rasendem Tempo rattern zwei Gefängnisaufseher eine absurde Zellenkontrolle herunter. Das klingt dann so: "Ist er rabiat? - Nein, Sir, kein Rabbi, er ist Katholik. Und ein guter Fahrer. - Ein Pfarrer? Sehr löblich. - Nein, Sir. LKW-Fahrer. - Schein? - Er fährt gern bei Sonnenschein. - Welchen Führerschein er hat. Ich nehme an, Klasse 3. - 4. Klasse, Sir. - Was? - Hier steht 'Grundschule'. - Hat er sie abgeschlossen? - Nein, er hat doch keinen Schlüssel."

Bereits im Vorfeld hat Maximilian Pulst, der als einziger aus dem Ensemble bereits in der Nürnberger Inszenierung mit von der Partie war, gegenüber der "Kronen Zeitung" erklärt: "Eine schlechte Pointe folgt auf die nächste. Wir versuchen so schnell zu spielen, dass das Publikum nicht darüber nachdenkt, wie blöd dieses Stück ist. Im total positiven Sinn." Und der Plan geht auf, die erste Szene erhält bereits Zwischenapplaus. Doch dann wird es ernst. Vor den Gitterstäben eines Gefängnisses, die den Blick auf den Sternenhimmel freigeben, macht sich der Ganove Mitch (herrlich rüpelhaft: Nicolas Frederick Djuren) unter Mithilfe des tölpelhaften Wärters Cooper (Andrej Agranovski) für den Ausbruch bereit. Blöd nur, dass Cooper einem weiteren Gefängniswärter vom geplanten Banküberfall erzählt hat. Und der wiederum einem anderen. Und der seiner Frau. Und so weiter. Am Ende steht das zehnköpfige Ensemble auf der Bühne und will unbedingt dabei sein. Keine gute Voraussetzung.

Viele Türen, viele Missverständnisse

Was folgt, ist ein filmreifes Auto-Wettrennen zur Minneapolis City Bank. Dort versucht der korrupte Bankdirektor (Tjark Bernau) gerade, die Bank auf die Ankunft des ungarischen Prinzen Ludwig vorzubereiten, der einen wertvollen Diamanten im Tresor zwischenlagern möchte. Doch er hat nicht nur mit der Inkompetenz seines schrulligen Angestellten Warren, den Bernardo Arias Porras mit hingebungsvoller Unterwürfigkeit gibt, zu kämpfen, sondern auch mit seiner gutgläubigen Kassierin (Claudia Sabitzer). Die hat sich nicht nur in den von Stefan Suske leidenschaftlich gespielten rechtschaffenen Polizisten Randall verliebt, sondern will ihrem Sohn Sam (Pulst), der sich als Trickbetrüger durchs Leben schlägt, einen Job in der Bank verschaffen. Was der Bankdirektor nicht weiß: Seine Tochter Caprice, der Paula Nocker eine hinreißende Mischung aus Naivität und krimineller Energie verleiht, ist die Freundin des soeben ausgebrochenen Ganoven Mitch.

Und so spielt der zweieinhalbstündige Abend nicht nur in der verwinkelten Bankfiliale, deren viele Türen allerlei abstruse Verwechslungen ermöglichen, sondern auch in Caprices Schlafzimmer, in dem sich die Männer sprichwörtlich die Klinke in die Hand geben und sich nicht nur in Wandschränken, sondern auch im hochklappbaren Bett verstecken müssen. Kurzum: Bald wird auch der Sohn der Kassierin Teil des Banküberfalls, der in einer an "Mission Impossible" erinnernden Abseilaktion gipfelt. Doch bis es soweit kommt, kippt der Abend im wahrsten Sinne des Wortes und bietet dem Publikum eine äußerst ungewöhnliche Perspektive, die der Schwerkraft trotzt. Mehr sei hier nicht verraten.

Dass sich das doch recht frisch zusammengewürfelte Ensemble unter der neuen Direktion von Jan Philipp Gloger derart sattelfest im schwierigen Genre des Slapsticks bewährt, beeindruckt. Präzises Spiel, das sich nur scheinbar dem Klamauk hingibt, macht diesen Abend zu einer überraschenden Abwechslung in Zeiten, in denen es wenig zu lachen gibt. Diesem Umstand zollte das Premierenpublikum mit lang anhaltendem Jubel Respekt.

(Von Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - "Komödie mit Banküberfall" von Jonathan Sayer, Henry Lewis & Henry Shields im Volkstheater. Deutsch von Maria Harpner und Anatol Preissler, Regie: Christian Brey, Bühne und Kostüme: Madeleine Mebs nach einem Entwurf von Anette Hachmann. Live-Musik von Thomas Esser. Mit Maximilian Pulst, Nicolas Frederick Djuren, Paula Nocker, Tjark Bernau, Bernardo Arias Porras, Claudia Sabitzer, Stefan Suske, Andrej Agranovski und Günther Wiederschwinger. Weitere Termine: 19. und 24. Oktober, 8., 9., 12., 13., 20. und 27. 11. sowie am 31. 12. www.volkstheater.at)

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