"Kunst wird hier nicht nur ausgestellt, sondern auch produziert", betonte Museumsquartier-Chefin Bettina Leidl am Dienstag bei der Presseführung. Verantwortlich dafür sind einzellige Grünalgen (Chlorella vulgaris), deren produzierte Fettsäuren in einem Bioreaktor durch Bakterien wie Cupriavidus necator umgewandelt bzw. metabolisiert werden. Am Ende steht das bioplastische Material PHB (Polyhydroxybutyrat), das als künstlerischer Werkstoff verarbeitet werden kann. "Ich bin ja kein Naturwissenschafter, sondern Bildhauer", erklärte der 1968 geborene Innsbrucker Feuerstein, der seit 2017 an diesem Werkkomplex arbeitet, der nun erstmals in allen wesentlichen Komponenten gezeigt wird. "Mich hat immer interessiert, das Lebendige der Natur in meiner Kunst zu verwenden."
Das Metabolische und das Symbolische
In "Metabolica" verwendet er Stoffwechsel- und Stickstoffprozesse "als Partner im bildhauerischen Prozess", der bei einem 3-D-Drucker endet, wo mit einem "David"-Kopf eine Anspielung auf eine der berühmtesten Skulpturen der Kunstgeschichte wartet. "Grünalgen sind mein Marmor, Bakterien arbeiten bei mir als Meißel." Wobei es Thomas Feuerstein nicht nur um das Metabolische, sondern auch um das Symbolische geht - denn seine hier aufgebaute "Fabrik des Lebens" funktioniert mehr theoretisch als praktisch, wie er zugab: Um die Photosynthese in den wie Blätter funktionierenden Gummischläuchen nicht nur in Gang zu halten, sondern auch voranzutreiben, brauche es nicht nur wesentlich mehr Sonnenlicht und statt 1,5 rund 10 Kilometer Schlauchlänge. "Ich denke, wir werden am Ende der Ausstellung wenige Gramm PHB ernten können."
"Der Zusammenhang von Kunst und Wissenschaft ist gleich ersichtlich", sagte Chefkuratorin Verena Kaspar-Eisert, die demnächst vom Museumsquartier als neue Direktorin zur Heidi Horten Collection wechseln wird. "Er arbeitet aber auch mit dem Übergang von Fakten und Fiktion." Deswegen finden sich in den fünf Kapiteln des Werkkomplexes Objekte, die an U-Boote und Bioreaktoren erinnern, ebenso wie Anspielungen auf die Umrisse der Comicfigur Micky Mouse, die von Walt Disney in jenen 1920er-Jahren entwickelt wurden, in denen auch das Erdölzeitalter begann. Im fünften Kapitel kommt zu den angeschnittenen Themen wie Ressourcenverbrauch und Nachhaltigkeit, Natur und Kreativität noch die Gegenkultur hinzu: Eine Serie von Zeichnungen spielt auf das zwischen 1968 und 1972 erschienene Magazin "Whole Earth Catalog" an. An diesem letztlich weniger erhellenden als überfordernden Ende kommt einem dann nicht Chemie oder Biologie, sondern Philosophie in den Sinn: "Die Welt ist alles, was der Fall ist". Dass wir sie schlüssig interpretieren können, ist allerdings nicht immer der Fall.
(S E R V I C E - "Thomas Feuerstein - Metabolica", Ausstellung im MQ Freiraum im Wiener Museumsquartier, 18. September 2025 - 1. Februar 2026. Di-So 10-18 Uhr. Eröffnung am 17.9., 19 Uhr. Eine Publikation erscheint im Oktober. www.mqw.at)