SN.AT / Kultur / Allgemein / Kultur

musa zeigt Leopold Kesslers Arbeiten im öffentlichen Raum

Auf den ersten Blick sieht er ganz normal aus, der neue Kaffeeautomat vor dem Eingang zur musa-Dependance des Wien Museums. Auf den zweiten Blick stutzt man über die Aufschrift "Sospeso". Und dann entdeckt man auf dem Display die der neapolitanischen Bar-Kultur des Caffè sospeso entlehnte Möglichkeit, einen Kaffee zu spenden oder einen bezahlt zu bekommen. Der Künstler Leopold Kessler hat das in Innsbruck entstandene Objekt als Auftakt seiner neuen Ausstellung aufgestellt.

Espresso-Automat von Leopold Kessler
Espresso-Automat von Leopold Kessler

Die Mid-Career-Werkschau ist seinen "Arbeiten im öffentlichen Raum" gewidmet - und viel anderes hat der 1976 in München geborene und in Wien lebende Künstler Leopold Kessler ohnedies nicht geschaffen. "Darin ist er wahrscheinlich der konsequenteste Künstler", versicherte Kurator Vincent Weisl am Mittwoch bei der Presseführung. Seit rund einem Vierteljahrhundert interveniere er künstlerisch im Stadtraum und verschaffe mit Eingriffen Einsichten. Dass die Schau videolastig sei, erklärte er so: "Die Videos sind Zeugen, dass die Interventionen stattgefunden haben. Bei den meisten bleibt sonst nichts übrig." Stimmt nicht immer - wie etwa das Relikt einer durch die auf Video festgehaltenen Passanten-Reaktionen besonders witzigen Intervention zeigt, bei der Kessler mit einem bemalten Deckel einen Bankomaten zum Teil einer Graffiti-Wand machte. Das für sich recht unscheinbare Teil ist nun neben dem Video zu sehen.

"Es passiert am helllichten Tag"

"Es passiert am helllichten Tag", schilderte Weisl die übliche Vorgangsweise des Künstlers, der ungeniert und unangemeldet, aber völlig selbstverständlich im blauen Arbeitsoverall auf der Bildfläche erschiene und scheinbar in höherem (oder zumindest behördlichem) Auftrag zu Werke gehe. Dabei werden Aufschriften verändert oder neu angebracht, Objekte neu installiert oder vorhandene übermalt. Zu sehen in der bis 25. Jänner geöffneten bisher größten Ausstellung des Künstlers ist etwa eine zur Stele umgearbeitete Temperatur-Mess-Vorrichtung aus der Corona-Zeit oder eine Art Boxsack, den Kessler bei Demos zur Abreaktion zur Verfügung stellte.

Kessler studierte von 1996 bis 1998 an der Akademie der Bildenden Künste in München und anschließend bis 2004 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Auch seine dortige Abschlussarbeit ist zu sehen - sein "Akademiekabel", ein 1.200 Meter langes, orangenes Stromkabel, mit dem er den Fernseher in seiner Atelierwohnung an eine Steckdose in der Akademie der bildenden Künste anschloss und dieses Kabel mit Freunden als mit orangefarbenen Arbeitswesten getarnter Arbeitstrupp ungehindert über Strommasten, Straßenlaternen, Bäumen und Straßenschildern durch den öffentlichen Raum führte. Länger als fünf Wochen klappte das unbehelligt - und als einmal das TV-Gerät ausfiel, hatte in der Akademie schlicht jemand den Stecker gezogen.

Hotelpool-Wasser als Springbrunnen

Deutlich kürzer, aber nicht weniger subversiv fiel seine Intervention bei der Sharjah-Biennale in den Vereinigten Arabischen Emiraten aus: Mittels eines langen Gartenschlauchs entwässerte er den Hotel-Swimmingpool als Springbrunnen auf der darunterliegenden staubigen öffentlichen Straße. Zur völligen Entleerung des Pools habe die Zeit leider nicht gereicht, berichtete Kessler. Denn auch der Hotelmanager griff zum Mittel der Intervention ...

Witz und Sozialkritik sind fast überall originärer Bestandteil von Kesslers Arbeiten, manche funktionieren auch indoor gut: In einer ganzen Serie verändert er etwa die Funktionen von Haushaltsgeräten. Ein TV-Gerät in der Ausstellung ist etwa nur mittels eines starken Schlags ein- oder ausschaltbar ("Hit-TV"), der "Ejecting Fridge" spuckt in regelmäßigen Abständen seinen Inhalt in den Raum. Die Besucherinnen und Besucher sind gebeten, ihn anschließend wieder einzuräumen. Kessler ist up to date: Interaktivität und Immersion sind in der Kunstszene voll im Trend.

(S E R V I C E - "Leopold Kessler. Arbeiten im öffentlichen Raum", Ausstellung im musa, Wien 1, Felderstraße 6-8, 11. September 2025 bis 25. Jänner 2026, Dienstag bis Sonntag, 10-18 Uhr, Katalog im Distanz Verlag: 160 Seiten, 28 Euro, ISBN 978-3-95476-809-7, https://www.wienmuseum.at/musa )

KULTUR-NEWSLETTER

Jetzt anmelden und wöchentlich die wichtigsten Kulturmeldungen kompakt per E-Mail erhalten.

*) Eine Abbestellung ist jederzeit möglich, weitere Informationen dazu finden Sie hier.