Die Einladung der Parlamentsdirektion sei ehrenvoll, sagt der Autor im Gespräch mit der APA, schließlich gehe es in seinem Buch um ein schmerzhaftes Kapitel österreichischer Zeitgeschichte und den in der Nachkriegszeit stecken gebliebenen Versuch seiner Aufarbeitung. "Ich meinerseits möchte ausdrücklich den Herrn Parlamentspräsidenten dazu einladen, weil ich annehme, dass er in seinem eigenen Haus den Mut dazu aufbringt, sich mit dem Inhalt des Buches auseinanderzusetzen."
Ein NS-Generalstaatsanwalt als "Leistungsträger"?
Prinz zielt damit auf die Person des Juristen Johann Karl Stich, der seit 1930 Mitglied der in Österreich illegalen NSDAP und ab 1939 als Generalstaatsanwalt in Wien für Hinrichtungen von Widerstandskämpfern verantwortlich war - ein Umstand, der ihm eine Hauptrolle in "Die letzten Tage" verschafft hat. In einem 2009 von Walter Rosenkranz verfassten Artikel über Stich und weitere 156 in der Zwischenkriegszeit tätige Burschenschafter hatte der FPÖ-Politiker diese als "Leistungsträger" bezeichnet.
"Ich halte diese Aussage für revisionistisch. Das grenzt an NS-Wiederbetätigung", sagt Prinz und hofft darauf, dass sich der Erste Nationalratspräsident einer Diskussion stellen wird. Rosenkranz hat 2022 eingeräumt, dass er dies mit heutigem Wissen nicht mehr so formulieren würde. Prinz: "Der Mann war kein Leistungsträger, sondern ein NS-Verbrecher, der an der Entmenschlichung arbeitete. Das zu bewerten ist keine Frage der Formulierung, sondern der Tatsachen selbst."
Anerkennungspreis in St. Pölten
Prinz hat sich vorgenommen, sich bei der in der Parlamentsbibliothek nach der Lesung angesetzten Diskussion, an der auch die Historikerin Claudia Kuretsidis-Haider vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) teilnehmen wird, kein Blatt vor den Mund zu nehmen - zumal er bei einer anderen Gelegenheit wenige Tage zuvor das Wort gar nicht ergreifen darf. Wenn er am 23. Oktober im Festspielhaus St. Pölten im Kreise von rund zwei Dutzend Ausgezeichneten einen Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich entgegennehmen wird, sei eine Wortmeldung der Kulturpreisträgerinnen und Kulturpreisträger nicht vorgesehen, moniert Prinz.
Dabei empfinde er den Termin in St. Pölten nicht nur angesichts des dort mitregierenden Koalitionspartners FPÖ, sondern auch im Zusammenhang mit den von ihm in seinem Buch geschilderten Ereignissen als heikel: Stich wurde u.a. wegen seiner Mitwirkung an Standgerichtsprozessen in Krems und St. Pölten im April 1945 verurteilt, jedoch bereits nach nicht einmal zwei Jahren aus der Haft entlassen.
"Die letzten Tage" als "Kulturerbe"
Martin Prinz ist mit seinem Buch aber auch für die von der Tageszeitung "Die Presse" veranstaltete Wahl der "Österreicher:innen des Jahres" nominiert, die in einer großen Gala am 23. Oktober in den Wiener Sofiensälen kulminiert - nämlich in der Kategorie "Kulturerbe". "Das passt wie die Faust aufs Auge", feixt der Autor. "Kulturerbe - das ist grundsätzlich das Terrain, auf dem dieses Buch seinen Platz haben soll."
(S E R V I C E - Martin Prinz: "Die letzten Tage", Verlag Jung und Jung, 272 Seiten, 24 Euro)