Allein schon die bloße Anzahl an Menschen auf der Bühne wirkt in der Anfangsszene, dem Einzug von Jesus in Jerusalem, durch die schiere Körperlichkeit schlicht überwältigend. Der Regisseur Plattner versteht es zudem aber auch noch die Menschen richtig zu platzieren und zu inszenieren. Sie gleichen, auf dem Boden liegend, einer Landschaft. Der Einzelne geht dabei in der Masse auf.
Auch die Schlussszene des Passionsspiels trifft eine ähnliche Aussage. "Großer Gott, wir loben dich" steht am Ende der großen Leidensgeschichte, die tief im kollektiven Gedächtnis einer breiten Masse eingeschrieben ist. Gott ist, so könnte man es interpretieren, größer als der Autor und der Regisseur des Stückes, auch die Schauspielleistung des Einzelnen und des Ensembles dient weniger dem Ego der Beteiligten, sondern einzig dem Lob Gottes.
An dieser Schnittstelle von Individualität und Demut entzündet sich jedenfalls die Faszination der aktuellen Erl-Passion. Bereits im Vorfeld hatte Plattner darauf hingewiesen, dass einige der Schauspieler in diesem Jahr "psychologischer" an ihre Rolle herangehen würden. Das gilt vor allem für die Darstellung des Jesus, die sich sämtlichen Mittel der emotionalisierten und emotionalisierenden Schauspielkunst bedient. Als Jesus verzweifelt vor seiner Verhaftung steht, kommt man ob der Schauspielgewalt nicht darum umhin tief berührt zu sein. Die Kreuzigungsszene ist außerdem mit einer solchen körperlichen Präsenz dargestellt, dass man den Blick eigentlich abwenden will, es aber ob der Eindringlichkeit nicht kann.
Eindringlich wirkt auch der Text von Mitterer, der sich ob der kollektiv bekannten Geschichte die eine oder andere Freiheit herausnimmt. Sein Text zitiert zum Teil wortwörtlich die Bibel und ist an anderen Stellen sprachlich wieder ganz nah an der Gegenwart. Auch bei der Bewertung von Maria Magdalena als "Apostelin der Apostel" lehnt sich Mitterer durchaus ein wenig aus dem Fenster. Den Erler Laienschauspielern scheint aber wiederum der wenig gestelzte Text sehr entgegen gekommen zu sein. Passagen mit eher hölzernen Darbietungen sind kaum vorhanden, Hingabe und Enthusiasmus hingegen durchgehend spürbar.
Atmosphärisch unterstrichen wird die insgesamt überzeugende Schauspielleistung durch ein ausgeklügeltes Lichtdesign. Die Bühne, in verschiedenste Farben getaucht, stülpt das Innere der Agierenden immer wieder nach außen. Der Kinderchor, der einhellig darum bittet, dass dieser Kelch doch an Jesus vorübergehen möge, sorgt für Gänsehautmomente. Im Verlauf des gesamtes Stückes agieren zudem Chor und Orchester präzise, die Musik setzt Akzente, ohne Stimmungen zu übertünchen.
Das Publikum bedankte sich an diesem Premierentag für die Darbietung und das Gesamterlebnis mit tosendem Applaus. Obwohl es bei "Großer Gott, wir loben dich" aufgrund liturgischer Konventionen ohnehin schon stand darf die Applaus-Situation ohne weiteres als Stehovation bewerten werden. Auch Markus Plattner und Felix Mitterer, die während der Begeisterungsbekundungen die Bühne betraten, wurden euphorisch gefeiert.
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