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Publikum feiert Tanzstück "Borrowed Light" in Bregenz

Zu den Neuerungen, die Lilli Paasikivi in ihrer ersten Saison als Intendantin der Bregenzer Festspiele realisiert, zählt die Erweiterung des bewährten Musiktheater-, Konzert- und Schauspielprogramms mit Tanz. Dass die einstige Leiterin der Finnischen Nationaloper mit der Tero Saarinen Company ein Ensemble aus ihrer Heimat engagierte, fiel am Mittwochabend beim Publikum der Österreich-Premiere der Produktion "Borrowed Light" auf enorme Zustimmung.

Im Festspielhaus Bregenz wurde 'Borrowed Light' aufgeführt
Im Festspielhaus Bregenz wurde 'Borrowed Light' aufgeführt

Der Jubel des Publikums in der ausverkauften Werkstattbühne des Bregenzer Festspielhauses ist auch ein Indiz dafür, dass die Erfolgswelle dieser vor 20 Jahren geschaffenen und bereits an mehreren Orten aufgeführten Produktion noch lange nicht verebbt ist. Tero Saarinens Auseinandersetzung mit der Lebenswelt der im 18. Jahrhundert gegründeten Glaubensgemeinschaft der Shaker erweist sich als zeitlos. Die Verbindung von Tanz und Vokalmusik ist faszinierend, kraftvoll, suggestiv, aber klischeefrei und mit Elementen durchsetzt, die Zuordnungen ermöglichen und Assoziationen fördern.

Große Räume

Schon der Titel "Borrowed Light" (Geliehenes Licht) hat nicht nur eine metaphysische Bedeutung. Die Nutzung des Lichts ist ein wichtiger Aspekt in der Architektur der Shaker, deren auf die Funktion konzentriertes Design spätere Entwicklungen stark beeinflusst hat. Die Ausstatterinnen Mikki Kunttu und Erika Turunen haben darauf aufgebaut. Sie schaffen mit wenigen dunklen Kuben und Scheinwerfern verschieden große Räume, in denen sich die Tänzerinnen und Tänzer in ihren langen schwarzen, der Gleichberechtigung von Mann und Frau entsprechenden Gewändern, zum Kollektiv vereinen, in den Gesten aber auch individuelle Regungen offenbaren.

Die Grundsätze dieser Freikirche mit dem Prinzip "die Hände bei der Arbeit, die Herzen bei Gott" sowie die Gebetsform charakterisieren zu wollen, wäre jedoch überflüssig. Tero Saarinen begeht diesen Fehler nicht. Seine Choreografie offenbart seine unverkennbare Tanzsprache, die auch vom Butoh sowie fernöstlichen und südamerikanischen Kampfsportarten inspiriert ist, letztlich aber darauf abzielt, dass der Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten in einer friedfertigen, kompromissfähigen Gemeinschaft sein Glück finden kann.

Fortsetzung solcher "Cross-Genre-Projekte" geplant

Für den Part der Boston Camerata hat Joel Cohen originale Shaker-Musik arrangiert. Die englischen Texte der rund 20 Lieder, die auch den Anspruch des Berufenseins enthalten ("gürtet eure Lenden, oh meine Auserwählten..."), braucht man nicht zu verstehen. Das hohe Niveau des Vokalensembles unter der Leitung der Sopranistin Anne Azéma bietet reinen Genuss, sei es in den Solopassagen oder im Chor. Zudem sorgen die Stimmen trotz der vielen Wiederholungen im Gestenvokabular für enorme Spannung im Gesamtbild der Produktion. Wenn sich die Sängerinnen und Sänger dann mit den Tänzerinnen und Tänzern verbinden, wirkt das wie die Betonung der Ankündigung von Intendantin Lilli Paasikivi - sie bezeichnet die Arbeiten von Tero Saarinen als ein "Cross-Genre-Projekt" - wie sie es in der weiteren Planung der Bregenzer Festspiele berücksichtigen möchte. Schon in dieser Saison steht noch eine neuere Produktion des finnischen Choreografen auf dem Programm.

(Von Christa Dietrich/APA)

(S E R V I C E - Tero Saarinen Company: "Borrowed Light" im Rahmen der Bregenzer Festspiele; Choreografie: Tero Saarinen; Edition und Arrangement originaler Shaker-Musik: Joel Cohen; musikalische Leitung: Anna Azéma; Bühne und Licht: Mikki Kunttu; Kostüme: Erika Turunen. Weitere Auführung am 24. Juli auf der Werkstattbühne im Bregenzer Festspielhaus. Nächste Produktion der Tero Saarinen Company: "Study for Life" am 30. und 31. Juli: www.bregenzerfestspiele.com)

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