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WestLicht zeigt Mary Ellen Marks Fotos prekärer Frauenleben

Ein rauchendes Mädchen im Planschbecken, eine mutige Artistin neben einem das Maul weit aufspreizenden Nilpferd oder eine junge Frau im befremdlichen Halloweenkostüm: Es sind intime wie ermächtigende Fotos, die die amerikanische Fotografin Mary Ellen Mark (1940-2015) geschaffen hat. Das Fotomuseum WestLicht widmet ihr mit "The Lives of Women" nun eine umfassende Schau, in der der humanistische Ansatz der Künstlerin in jedem der rund 100 Schwarz-Weiß-Arbeiten spürbar wird.

'Amanda und ihre Cousine Amy' als eines von 100 gezeigten Werken
'Amanda und ihre Cousine Amy' als eines von 100 gezeigten Werken

Es waren vor allem Menschen an den Rändern der Gesellschaft, für die sich Mark ab den 1960er Jahren interessierte, als der Beruf des Bildjournalisten noch weitgehend männlich dominiert war und die Frauenrechtsbewegung erst dabei war, Fahrt aufzunehmen. Schon früh erzählte sie in Auftragsarbeiten für große Magazine wie "Life" oder später auch "Stern" oder "Geo" Geschichten von Mädchen und Frauen, denen sie mit empathischem Blick begegnete und sich so von der bloßen Zeugenschaft löste und geradezu zur "Anwältin und Komplizin ihrer Protagonistinnen" wurde, wie Tessa Demichel von diChroma photography, mit deren Unterstützung die Ausstellung entstand, am Donnerstag bei der Presseführung erläuterte.

Fotografin begleitete Menschen über mehrere Jahrzehnte

Oftmals blieb es nicht beim einmaligen Kontakt zu ihren "Models", wie WestLicht-Chefkurator Fabian Knierim ergänzte. Beispiel dafür ist die bekannte "Streetwise"-Serie, in der Mark Anfang der 1980er Jahre für eine "Life"-Reportage auf die Straßen Seattles ging, um dort obdachlose Jugendliche zu porträtieren. Dort lernte sie das "Tiny" genannte Mädchen kennen, das sie im Halloweenkostüm einer "französischen Prostituierten" ablichtete, als diese noch minderjährig war. Der Kontakt blieb bestehen, es folgten über die Jahrzehnte weitere Fotos und schließlich im Jahr 2013 der Film "Tiny: Streetwise Revisited", den Marks Ehemann Martin Bell verantwortete. Er war es auch, der auch eine Dokumentation über die indischen Zirkusse schuf. Screenings der Filme sollen im Dezember und Jänner im Rahmen der Ausstellung folgen.

Auch die berühmte Serie zur "Damm Family", einer obdachlosen Familie, fand acht Jahre später eine - traurige - Fortsetzung, in der die Künstlerin den drogeninduzierten Verfall der Familie sowie den daraus resultierenden Missbrauch festhielt. Darüber hinaus gibt die Ausstellung mit Serien wie "American Portraits" oder "Twins" weitere Einblicke in die - fernab von Glanz und Glamour lebende - amerikanische Gesellschaft am Ende des 20. Jahrhunderts.

Intime Porträts ohne Voyeurismus

Egal ob sie Mutter Teresa und ihre Mission in Kolkata ablichtete oder in ihrem Projekt "Streetwise" obdachlose Jugendliche porträtierte - der voyeuristische Blick war Mary Ellen Mark stets fremd. Vielmehr blicken viele der Frauen direkt in die Kamera, inszenieren sich bewusst vor dem sie umgebenden vorgefundenen Hintergrund und erschaffen so einen Augenblick der Nähe.

Bei der von Anne Morin für Wien adaptierten, rund 100 Fotografien umfassenden Schau handelt es sich um die bisher umfassendste Präsentation von Mary Ellen Marks Werk in Österreich. Das Spektrum reicht dabei von frühen Aufnahmen der 1960er bis in die frühen 2000er Jahre, als sie etwa kostümierte Menschen auf der "Toys 'R' Us"-Feiertagsparade ablichtete. Beibehalten hat sie über die vielen Jahre ihres Schaffens ihre ganz eigene Bildsprache: jene des Respekts und der Humanität.

(S E R V I C E - Ausstellung "Mary Ellen Mark. The Lives of Women" im WestLicht, 22. November bis 16. Februar 2025. www.westlicht.at)

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