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Der Asterix-Übersetzer: Für die Gallier ums Wort kämpfen

Zu kleine Sprechblase? Zu viel Insider-Schmäh? Übersetzer Klaus Jöken kämpft mit Feinheiten beim Übersetzen eines neuen Asterix-Bandes.

Asterix-Übersetzer Klaus Jöken
Asterix-Übersetzer Klaus Jöken

Bisweilen passt ein Witz ganz einfach nicht in die Sprechblase. Dann muss verbal getrickst werden bei der Übersetzung eines Asterix-Bandes. Deshalb gilt auch bei "Der Papyrus des Cäsar", dem 36. Band der Serie, der am Donnerstag erscheint, was Asterix-Urzeichner Uderzo einst zu Übersetzer Klaus Jöken sagte: "Asterix darf man nicht übersetzen, man muss ihn adaptieren."

Herr Jöken, es wird um jeden neuen Asterix-Band eine große Geheimniskrämerei betrieben. Sie wissen als Übersetzer lang vor allen anderen, was erzählt wird. Wie schwer fällt es denn, das geheim zu halten Jöken: Zum Glück haben meine Frau und mein Sohn viel Verständnis und sind nicht beleidigt, dass ich nichts über den neuen Asterix verrate. Ich arbeite sogar auf einem Computer, der keinen Internetanschluss hat. Hacker haben also keine Chance. Zum Glück darf ich wenigstens mit meinen Redakteuren Alexandra Germann, Wolf Stegmaier und Christian Behr sprechen. Das ist vor allem wichtig, um auszuprobieren, wie einige Gags ankommen. Ansonsten brennt es mir natürlich selbst unter den Nägeln, darüber reden zu können.

Aber ein bisschen was werden Sie doch wohl schon erzählen dürfen Ich darf nur so viel verraten, dass sich Texter Ferri und Zeichner Conrad an das alte Prinzip von Goscinny und Uderzo halten, demzufolge auf eine Reisegeschichte, in der Asterix und Obelix ein fremdes Land besuchen, immer eine Geschichte im Dorf folgt, die ein gesellschaftliches Thema behandelt. In "Der Papyrus des Cäsar" geht es um Cäsars Buch "Der Gallische Krieg", doch wie Asterix und Obelix in die Geschichte verwickelt wurden, muss der Leser selbst herausfinden.

"Der Papyrus des Cäsar" ist nicht Ihre erste Asterix-Übersetzung. Wie viele Bände haben Sie schon übersetzt und wie kam es dazu Als meine Vorgängerin, die große Asterix-Übersetzerin Gudrun Penndorf, in den Ruhestand trat, hat der Ehapa Verlag einen Nachfolger gesucht. Die Wahl fiel wohl auf mich, weil ich bereits ältere Comicserien der Asterix-Erfinder Goscinny und Uderzo und verschiedene Veröffentlichungen um Asterix übersetzt hatte, etwa das Buch zum Film "Asterix in Amerika". Ich war also bereits mit der Materie vertraut.

Worauf muss man bei einer Comic-Übersetzung denn besonders achten Für Laien mag es seltsam klingen, aber am wichtigsten ist, dass der Text am Ende in die Sprechblasen passt. Das bereitet vor allem in unserer Sprache Probleme, weil deutsche Wörter durchschnittlich 20 Prozent länger sind als französische. Selbst der tollste Gag ist nichts wert, wenn er zu viel Platz einnimmt. Ich hatte Gelegenheit, mit Asterix-Zeichner Didier Conrad darüber zu sprechen, und muss an dieser Stelle dankend erwähnen, dass er diesmal viel Raum in den Sprechblasen gelassen hat. Das hat meine Arbeit gewaltig erleichtert.

Gibt es bei Asterix im Gegensatz zu anderen Comics - etwa zu Lucky Luke, von dem Sie viel übersetzt haben - spezielle Herausforderungen Das Besondere an Asterix ist, dass es dafür keine typische Leserschicht gibt. Diese Serie wird von allen verschlungen, also von Lesern jeden Alters und aller Gesellschaftsschichten. Das bedeutet, man muss für gebildete Akademiker anspruchsvolle Wortspiele einflechten, trotzdem soll sich alles so locker und leicht lesen, dass selbst ein achtjähriges Kind die Handlung versteht und seinen Spaß hat.

Asterix-Bände strotzen vor Wortspielerei und Andeutungen. Wie viel Freiraum haben Sie bei der Eindeutschung Die meisten Wortspiele ergeben übersetzt gar keinen Sinn oder sind einfach nicht mehr lustig. In diesem Fall muss man sie durch etwas anderes ersetzen. Das Gleiche gilt für Anspielungen und Situationen, die so typisch französisch sind, dass sie vom deutschen Leser nicht verstanden werden. Oberstes Ziel ist, dass man beim Lesen der deutschen Ausgabe genauso lacht wie bei der französischen Version. Wenn ich die ursprünglichen Gags durch eigene ersetze, müssen sie sich natürlich problemlos in die Handlung einfügen, außerdem zu den Bildern und - wie bereits erwähnt - auch in die Blasen passen. Sowohl der deutsche als auch der französische Verlag prüfen übrigens noch einmal genau, ob solche Änderungen zum typischen Asterix-Humor passen.

Wie bereiten Sie sich denn auf so eine Übersetzung vor Natürlich lese ich immer wieder in den älteren Asterix-Bänden, um mich in die Sprache einzufühlen. Sobald ich weiß, welches Thema ein neues Abenteuer behandelt, lese ich mich auch darin ein. Für "Asterix bei den Pikten" habe ich mich eingehend über die Schotten und Schottland informiert. Einerseits sammle ich so Ideen, andererseits muss man sich auch auskennen, um keine Schnitzer zu machen. Für "Der Papyrus des Cäsar" habe ich mir den "Gallischen Krieg" (lat. De Bello Gallico) des guten alten Julius noch einmal zu Gemüte geführt.

Wie lange arbeiteten Sie dann konkret am neuen Band Normal würde ich für Asterix vier Monate konkrete Übersetzungszeit ansetzen. Leider hatte ich aus Termingründen nur zwei. Darum muss ich mich schon lange vorher bereithalten und alles andere beiseiteschieben, um sofort anfangen zu können, sobald das Material kommt.

Und wenn das Manuskript da ist Sobald das Manuskript eintrudelt, verabschiede ich mich von Frau und Kind und ziehe mich ins Arbeitszimmer zurück. Als ich nach getaner Arbeit wieder herauskam, war das Gras im Garten so hoch, dass man nur noch mit der Sense durchkommen konnte.

Es gibt seit "Asterix bei den Pikten" aus dem Jahr 2013 ein neues Zeichner-Texter-Duo. Was änderte sich dadurch Der eine Mitbegründer der Serie, René Goscinny, ist bereits 1977 gestorben, seitdem hat der Zeichner Albert Uderzo die Reihe allein fortgesetzt. Mittlerweile ist er 88 Jahre alt und seine Hand macht ihm seit geraumer Zeit zu schaffen. Darum konnte er nur noch alle vier Jahre ein neues Asterix-Abenteuer zeichnen. Die beiden "Neuen", Jean-Yves Ferri als Texter und Didier Conrad als Zeichner, legen wieder ein rascheres Tempo vor. In Zukunft werden wir uns alle zwei Jahre auf eine neue Geschichte der gallischen Helden freuen können.

Welche Beziehung haben Sie denn ganz persönlich zu Asterix und den Galliern Ich gehöre ja zu der Generation, die mit Asterix aufgewachsen ist. Wir sind beide ungefähr gleich alt. Mittlerweile nimmt er den größten Teil meiner Arbeitszeit in Anspruch. Asterix ist nichts, was man nebenbei übersetzen könnte. Die Fans sind extrem anspruchsvoll. Der kleinste Schnitzer fällt sofort auf. Man muss sämtliche früheren Bände im Kopf haben, schon um keine älteren Gags aufzuwärmen. "Bis repetita non placent" (dt. Wiederholungen gefallen nicht), wie der Lateiner sagt. Das geht nur, wenn man selbst Spaß an der Sache hat. Als vor einigen Jahren in der Nähe eine gallische Siedlung ausgegraben wurde, habe ich als freiwilliger Helfer vier Wochen lang mitgebuddelt, um mal zu sehen, wie die Zeitgenossen von Asterix wirklich gelebt haben.

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