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Held Idefix: Wie Obelix auf seinen Hund kam

Das Leben von Idefix - er feiert dieser Tage seinen 50. Geburtstag - taugt als ein Plädoyer für die Macht der Kleinen.

Noch steht er unsicher da, der Idefix. Er lauert und hofft vor der Metzgerei - und niemand kennt ihn. Niemand ahnt, dass der vermeintliche niedliche kleine Streuner ein Großer der Comicgeschichte werden wird.
Hunde haben es in Comics ja nicht immer leicht. Nur einer darf immer ein Philosoph sein: Snoopy. Der liegt auf dem Dach von seinem Hütterl und denkt sich seinen Teil über Charlie Brown und die restliche Peanuts-Bande. Mehr als beste Freunde aber dürfen Hunde auch in Comics nicht oft sein.
Da gibt es bei Micky Mouse etwa Pluto, der immer ein bisserl dämlich daherkommt. Oder der stets gedemütigte Spike bei Tom und Jerry. Übertroffen an Ahnungslosigkeit und Harmlosigkeit werden alle Comic-Hunde von Rantanplan, der Lucky Luke begleitet. Gegen solche Exemplare ist Idefix geradezu ein Genie. Aber darauf kommt es gar nicht an, wenn nur die Liebe der Leser für die Viecherl existiert.
Liebling wurde Idefix, der dieser Tage seinen 50. Geburtstag feiert, recht flott. Dass er zum Inventar des gallischen Dorfes werden konnte, liegt nämlich weniger an einem fixen Plan seiner zeichnenden Erfinder als an der überwältigenden Zuneigung durch die Leserschaft.
Im Jänner 1963 war er zum ersten Mal angerannt gekommen, um in der französischen Zeitschrift "Pilote" ein neues Abenteuer der gallischen Helden anzukündigen. Der fünfte Band - "Le Tour de Gaule d'Asterix" - stand an. Nur als Running Gag - im wahrsten Sinn des Wortes - bauten ihn René Goscinny und Albert Uderzo in dieses Abenteuer ein. Das erste Bild, auf dem das Hündchen bei der Veröffentlichung des Bands im Jahr 1965 zu sehen ist, zeigt ihn vor einer Metzgerei in Lutetia. Asterix und Obelix kaufen Wurst. Der namenlose Hund riecht seine Chance und bleibt - unbemerkt von den Helden, aber liebevoll wahrgenommen von der Leserschaft - Asterix und Obelix auf den Fersen.
Eine Flut an Zuschriften, schon als zwei Jahre zuvor in "Pilote" das Abenteuer ankündigt wurde, war die Folge. In einem Wettbewerb wurde ein Name für den Hund gesucht, denn niemand wollte ihn wieder verschwinden lassen. Und gleich im Band nach "Tour de France" hatte er, der nun Idefix, hieß, einen mächtig wichtigen Auftritt.
Für die deutsche Ausgabe gilt das übrigens nicht. Die Übersetzungen erschienen nicht in der Reihenfolge der französischen Originale. Auf Deutsch war Idefix nicht inkognito als Wurstjäger aufgetaucht, sondern schon als integraler Bestandteil des gallischen Widerstands.
Bei Kleopatra in Ägypten darf Idefix ja richtig eingreifen. Neben seinem Herrchen Obelix rettet er auch gleich noch Asterix und Miraculix. Die drei gingen im unterirdischen Labyrinth einer Pyramide verloren. Die Spürnase des Hundes aber bringt sie wieder ans Licht.
Weil die Kleopatra-Folge im deutschsprachigen Raum vor "Tour de France" erschienen ist, wird er hier gleich als raffinierter Held eingeführt. Diese Bedeutung bekommt er in späteren Jahren nicht sehr oft. Idefix bleibt meistens Nebenfigur - liebenswert, immer für einen guten Witz von Obelix gut, aber irgendwie auch dramaturgisch unnütz.
Allerdings spielt er vor allem als Umweltgewissen eine große Rolle. Idefix ist ja der einzige Hund auf der Welt, den jedes Baumsterben in hysterische Anfälle treibt. Und als im Band "Die Trabantenstadt" ganze Wälder gerodet werden, kommt er aus dem Heulen gar nicht mehr heraus.
Im Prinzip verkörpert Idefix - wie alle anderen Helden des Dorfes, ja auch das Dorf selbst - die Idee, dass auch die Kleinen gewinnen können. Nun, 50 Jahre nach seinem Erscheinen, lässt sich in einer Jubiläumsaugabe von "Tour de France" deutlicher als in anderen Hefte das Erfolgsprinzip der Serie studieren: Unterdrückte gegen Machthaber, David gegen Goliath. Das alles mit französischem Flair vermengt, mit raffinierter Zweideutigkeit gezeichnet und niemals bloß regional verortet, sondern allgemein gültig. In "Tour de France" verdichtet sich das einzigartig.
Häufig wird dieser Gegensatz aus Unbeugsamkeit und Übermacht in Bezug auf das gallische Dorf und die Römer als Verweis auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs interpretiert: hier die Résistance, dort die deutschen Nazi-Eindringlinge. Bei ihrer "Tour de France" taucht das Heldenduo Asterix und Obelix immer wieder bei verschiedenen "Widerstandsgruppen" unter. René Goscinny und Albert Uderzo haben stets jeden politischen Hintergedanken dementiert. Es gehe ihnen bloß um Unterhaltung. Aber die wirkt am besten, wenn sie g'scheit hintergründig daherkommt.

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