Die Liste der illustren Überraschungsgäste Samstagabend in der Linzer Tabakfabrik war lang: Liedermacher Konstantin Wecker, "Science Buster" Werner Gruber, Ex-Superintendentin Gertraud Knoll, Philosoph Michael Schmidt-Salomon oder "Titanic"-Chefredakteur Tim Wolff und andere hatten es sich nicht nehmen lassen, mit dem "Direktor"Gerhard Haderer dessen "Schule des Ungehorsams" zu eröffnen.
Genau genommen ist der Linzer Karikaturist nicht der Direktor dieser gesellschaftskritischen Denkwerkstatt sondern nur der "Hausmeister", wie Schöpfer Haderer selber meinte. Denn leiten werden sie sein Sohn Christoph und Julia Kofler, Gründer des Verlags "Scherz & Schund Fabrik". Warum sein Sohn für diesen Posten prädestiniert sei, erklärte der Vater gleich zu Beginn des Abends. Nach stundenlangem Bemühen, den einstigen Volksschüler nächtens ins Bett zu bekommen, wähnten sich die Eltern endlich in Ruhe, als sie ein leichtes Kratzen unter der Tür des elterlichen Schlafzimmers vernahmen. Auf einem Zettel - eine Nachricht von Christoph - stand: "Ich lasse mich nicht zwiengen (!)".
Auch die anwesenden Künstler, Philosophen und Naturwissenschafter des Abends einte das Bestreben, den "Ungehorsam zu kultivieren". "Den niemals Angepassten singe ich ein Lied", gab Wecker zum Besten. Der deutsche Philosoph Schmidt-Salomon, Verfasser des Buchs "Keine Macht den Doofen", unterstrich die Bedeutung dieses "waghalsigen Projekts": "Wir werden nicht mit einem aufrechten Gang geboren, wir müssen ihn lernen." In Zeiten einer allgemeinen Radikalisierung, die nicht nur in der politischen Islamisierung ihren Auswuchs finde, brauche es eine "Avantgarde zur Verteidigung der Menschenrechte". Das sei das "wirksamste Gegengift gegen Kaczynskis, Orbans oder Trumps". Schmidt-Salomon warnte auch vor den Ewiggestrigen, die für Werte wie Zucht und Ordnung eintreten, woraus schnell "Züchtigung und Unterordnung" werden könne.
Haderers langjährige Freundin Gertraud Knoll, eine Rebellin und ein ungehorsames Kind (Haderer), schwamm bisher stets "gegen den Strom". Sie sei deshalb schon ein "schlimmes Kind gewesen", weil sie "undankbare, unbequeme Fragen" stellte - bis heute. Aber, so die Warnung von "Science Buster" Gruber: "Deppert ungehorsam sein, ist nur deppert."
Als ein Synonym für ein gegen den Strom schwimmen steht das deutsche Satire-Magazin "Titanic", dessen Chefredakteur Wolff in der "Schule des Ungehorsams" die Ausstellung "Endlich Zeitreise möglich: Die besten Covers aus über 30 Jahren Titanic" eröffnete. Monat für Monat lotet es die Grenzen der Satire aus, "inhaltlich, politisch und juristisch", so die einleitenden Worte zur Ausstellung. Aktuell ist es ein Titelbild mit ÖVP-Chef und Nationalratswahlsieger Sebastian Kurz als "Baby-Hitler", das in Österreich für Aufregung sorgt, was Wolff so gar nicht verstehen kann: "Baby-Hitler war doch ein total unbedarfter, niedlicher Schreihals".
Aber nicht nur wechselnde Ausstellungen wird es in der Schule zu sehen geben. Haderer selbst wird erstmals in seiner Geburtsstadt dauerhaft vier seiner "Ölschinken" präsentieren sowie zwölf "aktuelle Blätter", die regelmäßig wechseln. Zum Schluss der Einweihungsfeier gewährte er aber auch noch einen Blick in die Zukunft. So hat er begonnen, österreichische Literatur als Graphic Novels zu zeichnen. Das erste Stück ist "Rozznjogd" von Peter Turrini, aus dem der Schriftsteller zum Ende der Feier vor Projektionen von Haderers Zeichnungen rezitierte.