APA: Frau Kosanović, ist Ihre Großmutter in Serbien bereits traurig, weil Sie Ihren serbischen Pass abgegeben haben?
Olga Kosanović: Ich habe die serbische Staatsbürgerschaft noch nicht zurückgelegt, das steht noch bevor. Ich möchte aber klarstellen, dass ich "Noch lange keine Lipizzaner" nicht aus Kränkung, sondern aus Notwendigkeit gedreht habe.
APA: Vielleicht auch, weil Sie am 1. April geboren sind?
Kosanović: Möglicherweise (lacht). Ich kannte jedenfalls diese Restriktionen nicht. Das war ein Augenöffner. Aber uns im Filmteam war es wichtig, die Sache mit Leichtigkeit zu erzählen. Viele Dinge im Film schrieben sich ja selbst.
APA: Sie haben nicht nur positive Reaktionen auf Ihren Kampf um die Staatsbürgerschaft bekommen. Der Filmtitel ist ja auch auf die Aussage eines Users zurückzuführen, der postete: "Wenn eine Katze in der Hofreitschule Junge wirft, sind das noch lange keine Lipizzaner".
Kosanović: Zum Themenkomplex Staatsbürgerschaft gibt es wenig Wissen, aber viel Meinung - jedem Menschen ist seine eigene Meinung erlaubt. Doch ein Staat sollte bei dieser Thematik emotionslos handeln, sonst ist es kontraproduktiv für beide Seiten. Als meine Mutter ihre Daueraufenthaltsgenehmigung bekommen hat, sagte ihr die Beamtin, sie gebe sie ihr "schweren Herzens". Das hat sehr wehgetan.
"Ich dachte ja, ich gehöre dazu"
APA: Wann haben Sie zu merken begonnen, dass mit der Farbe Ihres Passes auch manche Türen verschlossen bleiben?
Kosanović: Ich bin ja in Penzing aufgewachsen, in einem österreichischen Umfeld. Als Beispiel fällt mir eine geplante Reise nach London ein, da konnte ich letztlich nicht in den Flieger einsteigen, weil ich verabsäumt hatte, dass ich mit meinem serbischen Pass ein extra Visum gebraucht hätte. Ich dachte ja, ich gehöre dazu, so wie meine Schulfreunde. Da bin ich dann mit der S-Bahn zurück in die Stadt gefahren - es hat mich nicht nachhaltig beschäftigt, aber geprägt.
APA: Ist es nicht kurios, dass Sie etwa vom offiziellen Österreich mit dem "Outstanding Artists Award", mit 10.000 Euro dotiert, ausgezeichnet werden, aber gleichzeitig nicht zu viele Tage außerhalb Österreichs verbringen dürfen, weil dies das Verleihungsverfahren hätte gefährden können?
Kosanović: Erstens einmal ist es eine Riesenehre, ausgezeichnet zu werden. Aber das kulturelle Österreich war ja schon lange auf meiner Seite. Man findet offenbar gut, was ich mache. Aber richtig, es unterstreicht die Absurdität. Wenn ich auf Filmfestivals außerhalb Österreichs auftrete, dann werde ich als Österreicherin wahrgenommen. Und als Filmemacherin hat man ja eine Stimme in der österreichischen Gesellschaft.
APA: Wie werden Ihre Arbeiten im ex-jugoslawischen Raum wahrgenommen?
Kosanović: Ljubljana liebt meine Filme, da wurde "Lipizzaner" schon zwei Mal gezeigt. In Serbien ist man bisher eher zurückhaltend. In Belgrad wurde ich als österreichische Filmschaffende wiederum von der österreichischen Botschaft eingeladen.
APA: Nachdem Sie sich in Ihren letzten Filmen mit Herkunft, Heimat, Bürokratie, Staatsbürgerschaft beschäftigt haben - was ist Ihr nächstes Vorhaben? Noch ein Film zum Thema?
Kosanović: Alleine aus den Reaktionen könnte man ja noch eine 90-Minuten-Doku drehen. Vorerst bin ich aber einmal mit dem Kinostart von "Noch lange keine Lipizzaner" am 12. September beschäftigt, da geht es im September auch in die Bundesländer und weiter nach Deutschland. Außerdem gibt es einige Sondervorstellungen. Und Diskussionen, auch mit Schulen. Da freue ich mich darauf.
APA: Sie haben bisher schon alles im Film gemacht - Regie, Schnitt, Buch, Produktion, Kamera - was machen Sie nicht?
Kosanović: Schauspielen. Das tue ich nicht so gerne.
(Das Gespräch führte Peter Kolb/APA)
(S E R V I C E - https://stadtkinowien.at/film/noch-lange-keine-lipizzaner/ ; www.olgakosanovic.com/noch-lange-keine-lipizzaner)