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Tunesischer Film Favorit vor Preisvergabe in Venedig

Vor der Preisverleihung der Filmfestspiele Venedig am Samstag gibt es einige heiße Anwärter auf Auszeichnungen. Geht man nach dem Urteil vieler Kritiker, dürfte vor allem "The Voice of Hind Rajab" von Kaouther Ben Hania gute Chancen auf den Goldenen Löwen haben. Die Beliebtheit eines Films bei Kritikern ist aber nicht zwangsläufig ein Anhaltspunkt dafür, wie die Jury sich entscheidet.

Das Team von 'The Voice of Hind Rajab'
Das Team von 'The Voice of Hind Rajab'

Die tunesische Regisseurin hat sich in ihrem Film für eine emotionale, drastische Erzählweise entschieden. Sie erzählt darin von den letzten Momenten im Leben des palästinensischen Mädchens Hind Rajab im Gazastreifen, das im Alter von fünf Jahren starb. Der Film bekam nach der Premiere außergewöhnlich langen Applaus - länger als jeder andere Wettbewerbsbeitrag.

Zentrales Element des Dokudramas ist ein echter Telefonmitschnitt. Während Hind Rajab im Jänner 2024 im beschossenen Wagen zwischen getöteten Familienmitgliedern festsaß, telefonierte sie rund drei Stunden lang immer wieder mit Freiwilligen des Palästinensischen Roten Halbmonds und flehte um Hilfe.

Politischer US-Thriller weiterer Favorit

Unter den internationalen Kritikern beliebt war auch Kathryn Bigelows Thriller "A House of Dynamite". Der Film spielt in den letzten Minuten vor einem wahrscheinlichen atomaren Raketeneinschlag in den USA. Innerhalb eines kurzen Zeitfensters entfaltet sich der Film in Echtzeit aus verschiedenen Perspektiven — etwa im Weißen Haus oder einer Militärbasis in Alaska.

Gut kam auch das neue Werk von Park Chan-wook an. In "No Other Choice" erzählt der Südkoreaner von einem entlassenen Papierfabrikarbeiter, der verzweifelt versucht, seine Familie zu ernähren, und dabei moralische Grenzen überschreitet. Der Film mischt schwarzen Humor mit Gesellschaftskritik.

Darstellerpreis für Amanda Seyfried?

Für viel Gesprächswert sorgte das Musical "The Testament of Ann Lee". Der Film von Mona Fastvold erzählt die Biografie der Britin Ann Lee (1736-1784), der Gründerin der "Shaker"-Sekte im 18. Jahrhundert. Amanda Seyfried wurde für ihre Hauptrolle gelobt, in der sie drastische Szenen von Geburt, Schmerz und ekstatischem Glauben verkörpert.

Zudem sind am Freitag noch drei Premieren geplant. Darunter das neue Werk der Berlinale-Gewinnerin Ildikó Enyedi, "Silent Friend". Die ungarische Filmemacherin ist bekannt für ungewöhnliche, poetische Erzählweisen. Ihr neuer Film spielt im deutschen Marburg, unter anderem Martin Wuttke und Luna Wedler sind dabei.

21 Filme sind im Wettbewerb. Jury-Präsident ist der US-amerikanische Regisseur Alexander Payne. Außerdem gehören der Jury der französische Schauspieler Stéphane Brizé, die italienische Regisseurin Maura Delpero, der rumänische Regisseur Cristian Mungiu, der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof, die brasilianische Schauspielerin Fernanda Torres sowie die chinesische Schauspielerin Zhao Tao an.

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