Hinter Frau Franzi steckt die Kunsttherapeutin und Theaterpädagogin Marika Reichhold. Die Gastwirtstochter aus Niederösterreich hat eine ungewöhnliche Lebensgeschichte. Ihre Eltern erwarben Mitte der 1960er Jahre das Gasthaus "Zum Bergmann" in Grünbach am Schneeberg. Der daneben liegende Schacht wurde ein Jahr später stillgelegt. Reichholds Vater trug in den Jahren danach eine umfangreiche Sammlung zur Geschichte des örtlichen Bergbaus zusammen und präsentierte diese im Gasthaus. Nach dem Tod ihrer Eltern war die Tochter plötzlich mit einem veralteten Bergbaumuseum konfrontiert. "Das Museum zeitgemäß weiterzuführen, dafür fehlten mir die Mittel", sagt Marika Reichhold im Gespräch mit der APA.
Ein neues Marketing-Konzept musste her. Und so entwickelte Reichhold mit dem Regisseur und Objekttheater-Spezialisten Christian Suchy eine Kunstfigur, die künftig die Museumsführungen übernahm. "Das sollte nicht die Chefin sein, sondern jemand, der sich ganz unkorrekt verhalten und sich alles erlauben durfte. So ist die 'Frau Franzi' entstanden, eine Putzfrau vom alten Schlag, eine Hommage an eine aussterbende Frauenfigur." Mit Kopftuch, Schürze, Mutterwitz und einem nicht geringen Mut zur Hässlichkeit wurde Frau Franzi rasch ein Erfolg und sehnte sich bald nach höheren Aufgaben und wagte den Sprung vom Bergwerk auf die Bühne. Nach einem mit Markus Kupferblum erarbeiteten Programm zum Haydn-Jahr ("a haydn-oawad") suchte Frau Franzi nach "etwas Zeitlosem" - und fand den genialen englischen Dramendichter, dessen Stücke auch im deutschen Sprachraum immer Saison haben.
Mit erdigen Interpretationen von "Romeo und Julia", "Macbeth", "Hamlet" und "Othello" wurde Reichholds Kunstfigur in der Folge selber Kult. Mopp und Mixer, Kübel und Fetzen schlüpfen dabei in der Regie von Christian Suchy in wechselnde Rollen und entpuppen sich als ebenso abgründig wie ihre menschlichen Vorbilder. "Des Tischtiachl als Bluadwiesn, des Unheu im dampfenden Reindl...", wirbt man im breiten Putzfrauen-Dialekt. "Es stirbt nichts so gut wie ein Paradeiser" hat Frau Franzi eindeutig eine Lieblings-Requisite, deren Bühnentod nicht nur zartbesaiteten Zuschauern das Gruseln lehrt. Ebenso eindeutig gibt die Shakespeare-Spielerin den Tragödien den Vorzug: "Die Komödien reizen mich nicht so. Wenn es schon komisch ist - daraus dann etwas Lustiges zu machen, das funktioniert für mich nicht."
Beim Jubiläumsfestival "schäggsbia in ana dua" gibt es ab 18. Februar "romeo & julia" (18.), "hamlet" (19.), "mägbess" (21.) und "do host den solot" (kein bisher unbekanntes Shakespeare-Drama, sondern ein Potpourri über "Hormone, Schäggsbia und Paradeisa", 22.2.) zu sehen. Den 2010 erarbeiteten "othello" habe sie zu lange nicht gespielt, um ihn ohne großen Aufwand wiederzubeleben, sagt Reichhold, dafür sei als Nächstes "King Lear" ins Auge gefasst. Im Sommer gönnt sie sich jedoch eine Shakespeare-Pause: Für die Bezirksfestwochen wird Frau Franzi mit Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" durch Wiener Gemeindebauten touren. Und natürlich starten im Mai wieder Frau Franzis kabarettistische Auftritte im Bergbaumuseum in Grünbach. Jeden ersten Sonntag im Monat verbindet sich dort Führung und Aufführung zu einem liebevoll-skurrilen Gesamtkunstwerk.
(Einige Ausschnitte aus Frau Franzis Programmen sind auf Youtube zu finden. Karten: 01 / 523 12 26, www.kosmostheater.at; www.bergbaumuseum-gruenbach.at)