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"Sound of Music"-Tour: "Wir sind da. Lasst uns jodeln!"

Hunderttausende Touristen kommen jedes Jahr nach Salzburg, um die Drehorte von "The Sound of Music" zu sehen. Die SN waren bei einer Rundreise dabei.

"Sound of Music"-Tour: "Wir sind da. Lasst uns jodeln!"
"Sound of Music"-Tour: "Wir sind da. Lasst uns jodeln!"
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"Sound of Music"-Tour: "Wir sind da. Lasst uns jodeln!"

Noch ein paar Hundert Meter auf der Bundesstraße abwärts, dann werden die Frauen und Männer im Bus in Begeisterung ausbrechen. Peter Nussbaumer, der Reiseleiter, warnt schon einmal vor: "Das wird Ihnen jetzt gleich den Atem rauben!"

Aus der Luft haben die Urlauber die Gegend alle schon gesehen, den Wolfgangsee und den Schafberg - im Vorspann des Films. Jetzt, ein halbes Jahrhundert nach den Dreharbeiten, sehen sie die Szenerie von "The Sound of Music" erstmals in echt. Eine Kurve noch, schon rückt der Kirchturm von St. Gilgen ins Blickfeld, dahinter der See, die Strobler Berge. "Wir sind da, lasst uns jodeln!", ruft Peter ins Mikrofon.

Alles raus aus dem Bus von Panorama Tours. Zeit für Selfies - im Vordergrund strahlende Gesichter, im Hintergrund die Postkartenidylle. Sergio aus Brasilien zeigt sich ganz begeistert von der Umgebung, vom Film, von der Musik. "Ich habe alle Songs aus dem Film hier in meinem Handy", sagt er. Vor allem ein Lied hat es ihm angetan: "My Favorite Things". Das hört Sergio immer, wenn es ihm schlecht geht. "Dann fühle ich mich wieder gut."

Es ist Halbzeit bei der vierstündigen Tour. Im Bus sitzen Touristen aus Michigan, Illinois, Texas, aus Großbritannien, Südamerika, aus asiatischen Ländern.

Zur guten Laune trägt Stimmungsmacher Peter bei. Seit Beginn der Fahrt auf dem Mirabellplatz redet der austroamerikanische Reiseleiter in Lederhose und Karohemd wie ein Wasserfall. Alles sei "nice" hier in Salzburg, die Schlösser, die Berge - und hier der Mirabellgarten, wo Maria und die Kinder im Musicalfilm die letzten Takte von "Do-Re-Mi" singen. Ja und die Österreicher, so ein lustiges Völkchen in Lederhose und Dirndl. "Nice" ist natürlich auch das Augustiner Bräu, "the city's largest beer-house". Und mitten in Salzburg, am Rand des Lehrerhausparks, steht auch noch ein Reiterstandbild Abraham Lincolns. Da fühlt sich naturgemäß jeder Amerikaner wie zu Hause.

"Ich liebe ,Sound of Music' - seit ich ein Kind war ..." Stopp in Leopoldskron: Der Tross wandert mit Peter zum Weiher. Fotopause mit Blick auf das Schloss, einen der wichtigen Drehorte. Der Erste, der zurückkehrt, ist Sergio. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht macht er Selfies von sich und Hauptdarstellerin Julie Andrews, deren Bild auf der Außenseite des Reisebusses prangt. "Ich liebe ,Sound of Music'. Seit ich ein Kind war, habe ich den Film immer wieder im Fernsehen gesehen", sagt er.

Die Geschichte der Trapps, die als NS-Gegner Salzburg 1939 den Rücken kehrten und später in den USA als Chorsänger berühmt wurden, fasziniert seit Jahrzehnten Menschen auf der ganzen Welt. Wobei das vor allem dem Film "The Sound of Music" zu verdanken ist, der 1964 in Salzburg gedreht wurde.

Die Schauplätze der Filmszenen sind heute Pilgerstätten für Touristen. Für 300.000 Besucher pro Jahr ist der Film ein Hauptgrund für einen Salzburg-Trip. Neben Mozart und den Festspielen ist "The Sound of Music" der wichtigste Tourismusfaktor in der Landeshauptstadt. Vierzig Prozent der Busgäste bei Panorama Tours sind US-Amerikaner, 25 Prozent Briten und Iren, je 15 Prozent Südamerikaner und Asiaten, der Rest sind Europäer. Die Zahl der arabischen Gäste steigt. Neuerdings kommen auch immer mehr Deutsche und Österreicher.

Woher rührt die globale Begeisterung? Kaum einer weiß darüber besser Bescheid als Stefan Herzl. 1975 hat er als Reiseleiter bei der Firma Kleinbusse Mirabell damit begonnen, Touristen zu den Schauplätzen des Films zu bringen. Seit 1983 ist er Chef von Panorama Tours. "Die Salzburger Filmkulisse ist einzigartig, dazu die wunderbare Musik von Richard Rodgers. Die Amerikaner lieben diese Musik", sagt Herzl, während seine Gäste vom Weiher zum Bus zurückschlendern.

Ein strenger Papa, der sich in die sanfte, stets gut gelaunte Erzieherin seiner sieben Kinder verliebt, dazu ein paar fromme Nonnen und böse Nazis, die Flucht nach Amerika: Die Handlung darf als eher seicht bezeichnet werden. Jedoch: Man müsse an die Entstehungszeit des Films denken, die 1960er-Jahre, sagt Herzl, als in den USA die Väter in den Krieg zogen und Verhütungsmethoden für Aufregung sorgten. "Das war die Zeit des Vietnamkriegs. Da kam die Antibabypille heraus." Entsprechend groß sei die Sehnsucht nach einer heilen Familienwelt gewesen - gerade bei den Amerikanerinnen. Noch heute sind zwei Drittel der Besucher, die bei Herzl eine Reise buchen, Frauen. "Der Film ist ein starkes Frauenthema. Jede möchte ihren Baron finden."

"Als Historiker kann man da auch viel kaputt machen" Während der Bus Kurs auf Hellbrunn nimmt, setzt Peter seinen Redeschwall fort. "Isn't Salzburg beautiful? What do you think?" Dazwischen immer wieder ein Scherz. "Der macht das gut", sagt Historiker Reinhold Wagnleitner. Schließlich dürfe man in so eine Tour nicht allzu viel Information hineinstopfen. "Als Historiker kann man da auch viel kaputt machen." Amerika-Experte Wagnleitner hat sich viel mit der kulturellen Ausstrahlung der Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Die Trapp-Geschichte komme bei den Amerikanern so gut an, weil es eben eine Emigrantenstory sei. "Das betrifft den Gründungsmythos der USA." Aber warum war der Film nicht seit jeher auch beim deutschsprachigen Publikum ein Renner? "Der Film war grauenhaft eingedeutscht", sagt Wagnleitner. Dass die Maria im Film von "Schnitzel with noodles" singe, hätten die Österreicher nur als Beweis dafür betrachtet, dass die Amerikaner nicht einmal ein Schnitzel richtig zubereiten könnten.

In der Ferne taucht die Hellbrunner Allee auf - die Frohnburg ist im Film die Vorderseite der Trapp-Villa. Doch viel mehr begeistert die Besucher der "Gazebo" beim Schloss Hellbrunn, der Pavillon, in dem Rolfe und Liesl, die älteste Tochter des Barons, turteln und "Sixteen going on seventeen" singen. Jeder posiert für das Handyfoto vor dem "Gazebo". Manche werden ganz rührselig. "Es kommt öfter vor, dass Männer hier ihren Frauen Heiratsanträge machen", sagt Herzl. Vor dem Pavillon geraten auch drei junge Britinnen ins Schwärmen. "Ich liebe Julie Andrews", sagt eine. "Ich genieße die Tour", sagt eine andere. Die Rundreise sei echt "erstaunlich", meint eine Texanerin, die den Film "unzählige Male" gesehen hat.

Die Fahrt geht weiter - und Peter redet mit breitem amerikanischen Akzent. Das Pflücken von Edelweiß auf steilem Fels sei bei den Österreichern seit jeher ein Liebesbeweis der Burschen. "Viele junge Österreicher" hätten dabei den Liebestod gefunden. In österreichischen Häusern wohnten oft mehrere Generationen unter einem Dach und der Österreicher müsse seine Lederhose nie waschen. Und noch einmal: "Salzburg is beautiful!"

Peter hat schon viele Touristen begeistert. Eine 19-Jährige, so erzählt er, habe während der Tour einmal zu weinen begonnen und gemeint, sie habe den Film seit ihrem fünften Geburtstag täglich zwei Mal gesehen. Auch Peters Chef Stefan Herzl sagt: "Dass viele den Film hundert Mal gesehen haben, wissen wir aus Fragebögen."

Es geht weiter Richtung St. Gilgen. Vor Koppl beginnt dann im Bus der Melodienreigen. "The hills are alive with the sound of music." Peter reißt die Hände in die Höhe, so wie Julie Andrews im Film. Heile Welt, glückliche Familie - "nice".

Die Realität war anders.

Die echte Maria führte ein strenges Regiment Die echte Maria führte ein strenges Regiment. Die tief religiöse Erzieherin predigte auch selbst bei den täglichen Hausmessen, die Prälat Franz Wasner hielt, der Chorleiter und Freund der Familie. Der Prälat sei bei den Kindern vermutlich nicht sonderlich beliebt gewesen, sagt Franz Wasners Neffe, der den gleichen Namen trägt wie sein Onkel und mit uns im Bus mitfährt. Ein Grund dürften die zahllosen strengen Proben gewesen sein. "Mein Onkel war ein Perfektionist in musikalischen Dingen. Er hat immer noch eine Probe verlangt." Rund 200 Lieder auswendig singen, darunter "komplizierte Madrigale", Volkslieder in einem Dutzend Sprachen - ohne Proben wäre all das auch nicht möglich gewesen. "Wenn mein Onkel nicht aus dieser fröhlich singenden Kinderschar einen professionellen Chor geformt hätte, wären sie nicht zu diesen Engagements und zur Amerika-Tournee gekommen."

Wasner lernte seinen Onkel erst kennen, als dieser um die 70 war. Da hatte sich der Chor längst aufgelöst. "Er war ein Mann von Welt, er sprach ein Dutzend Sprachen, hat die kirchliche Liturgie ins Fidschianische übersetzt. Er trank gern guten Wein und trug gute Schuhe." Gefiel ihm vielleicht auch Maria, die Frau Georg von Trapps? Schließlich wurde schon viel diskutiert über die Ähnlichkeit des Priesters mit Johannes, dem jüngsten der drei Kinder Marias. Allerdings ist das nicht mehr als ein Gerücht. Eine "Seelenverwandtschaft" habe es jedoch zwischen Maria und dem Priester gewiss gegeben. "Die beiden waren ja auch gleich alt.

Im Bus läuft mittlerweile der flotte Marschsong "Do-Re-Mi". Peter beginnt zu dirigieren, Begeisterung flammt auf. "Den Film können auch Kinder sehen, der kommt ohne Sex und Crime aus. Den schaut man zu Weihnachten an", sagt Franz Wasner. "So ging das von einer Generation zur anderen über."

Ankunft in Mondsee. Fußmarsch zur Kirche, in der im Film Georg von Trapp seine Maria heiratet. Die meisten Touristen gehen geradewegs zum Altar. "Das ist der emotionalste Moment der Tour", sagt Herzl. "Viele sind hier zu Tränen gerührt."

Wer will, kann in Mondsee ein "wedding-church"-T-Shirt kaufen. Dann geht es zurück über die Autobahn nach Salzburg. Im Bus läuft eine Doku, die vor zehn Jahren gedreht wurde. Die hübsche Film-"Liesl" Charmian Carr kehrt darin zurück zu den Drehorten und schildert, wie es damals war in den 1960er-Jahren, als noch niemand ahnen konnte, welcher Welterfolg hier in Salzburg entstehen sollte.

Bald wird die Reise zu Ende sein. Eines freilich fehlt noch. Die Landeshauptstadt taucht schon bei Salzburg-Nord im Blickfeld auf, da, endlich, ist es so weit.

Sachte Gitarrenklänge, dann die Stimme des Barons:

Edelweiß, Edelweiß,
Every morning you greet me,
Small and white, clean and bright,
You look happy to meet me.

Eine simpel gestrickte Melodie, schlicht und schön, sehnsüchtig und wehmütig. Bless my homeland forever.

Die ganze Welt kennt es.

"Come on, boys", ruft Peter in das Mikrofon. Und alle singen mit.

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