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Mäandern zwischen Genres: Natascha Gangl beim Bachmann-Preis

Natascha Gangl ist seit vielen Jahren eine fixe Größe der heimischen Literaturszene. Wer jedoch nach Büchern der 39-jährigen Steirerin sucht, findet neben zahlreichen Theaterarbeiten und Hörstücken bisher erst zwei Buchpublikationen. Bei den 49. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt wird man ab 25. Juni erleben: Gangls literarisches Werk zeichnet sich durch ein Mäandern zwischen Genres aus und lebt besonders von der Live-Performance.

Natascha Gangl fährt zum Bachmann-Preis
Natascha Gangl fährt zum Bachmann-Preis

Dieser Umstand war auch ein wesentlicher Antrieb, sich heuer für das Wettlesen um den Bachmann-Preis zu bewerben, wie Gangl im APA-Interview erzählt. "Als ich von Brigitte Schwens-Harrant eingeladen wurde, einen Text einzureichen, ist mir bewusst geworden, dass das Sinn machen könnte. Ich höre oft, dass sich Menschen durchs Hören meiner Texte neue Bedeutungsebenen erschließen." Tatsächlich ist die gebürtige Südoststeirerin, die mehrere Jahre in Mexiko und Spanien gelebt hat, mittlerweile in Wien und auch wieder in ihrem Heimatdorf lebt, in den vergangenen zehn Jahren vor allem durch auch preisgekrönte Hörstücke, Performances und Ausstellungen in Erscheinung getreten.

Autorin mit "Fetisch für Klang"

"Für mich sind Texte Spielmaterial", lacht die Autorin, deren literarische Arbeiten oft aus Begegnungen mit Künstlerinnen und Künstlern anderer Sparten entstehen. "Da sehe ich plötzlich etwas, das ich triggern, ergänzen oder als Reaktion einbringen kann." Mit den Jahren habe sich ein "Fetisch für Klang" entwickelt. Diesen lebt sie regelmäßig in Arbeiten für den SWR und Ö1 aus, etwa in ihren dokumentarischen Hörstücken, in Zusammenarbeit mit namhaften Komponistinnen und Komponisten der E-Musik, wie zuletzt Elisabeth Harnik, Angélica Castelló oder besonders oft mit Maja Osojnik und Matija Schellander.

Gemeinsam mit dem Elektro-Duo, das unter dem Namen Rdeča Raketa (Rote Rakete) auftritt, hat Gangl zahlreiche "Klangcomics" entwickelt, die das Trio nicht nur live performt, sondern auch für das Radio produziert und in Ausstellungen - etwa im Kunstforum Wien - gezeigt hat. "Als wir uns rund um das Jahr 2016 kennengelernt haben, waren wir wechselseitig voneinander begeistert", so Gangl über ihre musikalischen Partner und Partnerinnen. Wer einen kleinen Einblick in ein solches Klangcomic gewinnen will, wird bei Gangls Autorenvideo für den Bachmann-Preis fündig.

Zahlreiche Theatertexte

Dass sie schließlich bei der Literatur landen würde, war in ihrem Lebenslauf nicht vorgezeichnet. "Ich habe schon immer unterschiedliche Wege gesucht, mich auszudrücken. Allein wäre ich vielleicht nicht auf die Idee gekommen, Theaterstücke zu schreiben", erinnert sie sich heute. Der Kontakt zum Drama Forum Graz habe sie dazu ermuntert. 2007 wurde sie für den Retzhofer Dramapreis nominiert, darauf folgte ein Studium des Szenischen Schreibens dort. Aktuell arbeitet sie ebenso wie ihr Kollege Max Höfler, der ebenfalls in Klagenfurt lesen wird, regelmäßig mit dem Kollektiv spitzwegerich. Zuletzt schrieb sie den Text für "staub... a little mindblow", das im Theater am Werk Kabelwerk in Wien uraufgeführt wurde.

Mit "Wendy fährt nach Mexiko" veröffentlichte Gangl im Jahr 2015 im Ritter Verlag ihr erstes Buch. Fünf Jahre später erschien bei starfruit publications "Das Spiel von der Einverleibung. Frei nach Unica Zürn", eine Kollaboration mit dem Bildenden Künstler Toño Camuñas, der die Texte opulent bebilderte. Einen Stoff erforsche sie oft über Jahre in unterschiedlichen Genres und Medien. So schrieb sie von 2009 bis 2020 an einer "unendlichen Textfläche" mit dem Titel "Die große zoologische Pandemie", die durch Kollaborationen in Österreich, der Schweiz und Deutschland vom Sprechkonzert zum Bühnenstück, zu großen und kleinen Installationen und schließlich, "pandemiebedingt", zum Film wurde.

Neues Buch im Herbst

Nach fünf Jahren ist es wieder Zeit für ein Buch geworden, schmunzelt Gangl: Im Herbst erscheint im Ritter Verlag der Band "Frische Appelle & andere Sprechtexte": "Es ist eine Art Compilation, eine Weiterschreibung unterschiedlicher Sprechtexte", so Gangl, die ihre Texte damit "als Spielmaterial gebündelt weitergeben" will. "Abgeschlossenheit ist mir irgendwie suspekt. Von meinen Texten erhoffe ich mir, dass sie etwas Lebendiges bleiben."

Über ihren Klagenfurter Text sagt sie nur soviel: "Er handelt von der Steiermark." Das Wettlesen sieht sie als "Gesamtkunstwerk": "Die Texte kommunizieren ja auch miteinander, und die Jury-Diskussion hängt davon ab, was davor gelesen wurde, wie aufgeschaukelt die Stimmung ist, ob es heiß ist oder kalt ... Ich sehe das als theatrales Happening, wo auch Zufall eine Rolle spielt."

(Das Gespräch führte Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - https://bachmannpreis.orf.at, https://gangl.klingt.org/)

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