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"Das Phantom der Oper" am Raimund Theater: Ein neues Phantombild begeistert

In Wien feierte "Das Phantom der Oper" 1988 deutschsprachige Erstaufführung. Jetzt ist der Musicalklassiker am Raimundtheater in einer Neuproduktion zu erleben.

Lisanne Clémence Veeneman als Christine, Anton Zetterholm als Phantom.
Lisanne Clémence Veeneman als Christine, Anton Zetterholm als Phantom.

Es ist so etwas wie die "La Bohéme" der Musicals - ein unsterblicher Klassiker, der über alle Zeitläufe hinweg nicht von den Bühnen verschwindet: Am Freitag ist "Das Phantom der Oper" wieder im Raimund Theater gelandet. Die vor einigen Jahren entstandene Neuproduktion des Webber-Musicals ist damit erstmals im deutschsprachigen Raum zu sehen. Und die Neugestaltung entpuppt sich als ebenso dynamische wie moderate Auffrischung eines Klassikers.

In vielen Details wirkt die Neudeutung agiler als die Originalproduktion, die bisher rund 160 Millionen Besucherinnen und Besucher in die Musicalpaläste der Welt lockte. Die deutschsprachige Erstaufführung fand 1988 im Theater an der Wien statt, bevor 1990 der Umzug ins Raimund Theater erfolgte, wo das Stück bis 1993 zu sehen war. Bühnentechnisch bietet das neue "Phantom" schnelle Wechsel der Schauplätze, Feuerfontänen und Explosionen bei Bedarf und Treppen, die vermeintlich aus dem Nichts erscheinen. Auch stürzt der legendäre Kronleuchter nun nicht mehr in Richtung Bühne, sondern in Richtung Zuschauer.

Nicht nur aufgrund der altbewährten Originalkostüme kommt die Neuinszenierung im Retrogewand daher. Immer noch strahlt die Bühne den Fin-de-Siècle-Charme der Pariser Opéra Garnier aus, noch immer bestehen viele Szenen aus Persiflagen auf die Opernwelt. Dieser Bombast geht nahtlos Hand in Hand mit dem Glamrock der 1980er, der letztlich hinter Andrew Lloyd Webbers Partitur steht. Gerade damit erweist sich "Das Phantom der Oper" besser gealtert als andere Klassiker aus der Feder des Meisters wie "Cats" oder "Starlight Express".

Dass die Charaktere im Ausstattungsfuror nicht untergehen, dafür sorgt ein großteils glänzendes Ensemble. Der jungen Niederländerin Lisanne Clémence Veeneman gelingt ein bravouröser Einstieg in Wien als Christine mit klarem, angenehm reduzierten Sopran. Roy Goldman gelingt das Kunststück, aus dem sonst meist blassen Liebhaber Raoul eine interessante Figur zu formen, während Milica Jovanovic die Diva Carlotta als zickige Opernprimadonna geben darf.

Und für die Titelpartie hat man mit Anton Zetterholm einen Star des Musicals als Phantom der Oper engagiert. Der Schwede vermag mit subtilem Spiel seinem Charakter eine ambivalente Tiefe zu geben, auch wenn er bei der immer wieder Tiefe erfordernden Gesangslinie stimmlich nicht direkt die Katakomben der Oper erbeben lässt.

So wird ein vielfarbiges, behutsam erneuertes Phantombild im Raimund Theater gezeichnet, das Fans des Originals aus 1986 nicht verschreckt und doch neue Anhänger gewinnen wird. Keinerlei Grund für Phantomschmerz also. SN,APA

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