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Robert Plant ist abseits ausgetretener Pfade unterwegs

Als sich Robert Plant vor einigen Jahren mit Musikern aus seiner Region zusammentat, wollte er nur ein paar Konzerte geben. "Ich hatte wirklich nicht vor, mehr zu machen", sagt der einflussreiche britische Sänger im Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben einfach nur mit Freude in kleinen Venues gespielt, die nicht einmal auf der Landkarte oder im offiziellen Künstlerverzeichnis auftauchen. Wir sind einfach abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs gewesen."

Robert Plant hat Rockstar-Image abgelegt
Robert Plant hat Rockstar-Image abgelegt

Der 77-Jährige, der als Frontmann der Rockgiganten Led Zeppelin einst auf den größten Bühnen der Welt stand, mag es heute lieber beschaulicher. "Kein Tamtam, nichts davon", sagt er. Daher seien die Konzerte mit seiner Band Saving Grace "erfrischend" gewesen. "Einfach spielen, lachen, den Moment genießen und einen Teil meines Lebens als Musiker erleben, ohne dass irgendetwas davon abhängt."

"Die Lehrjahre sind vorbei"

Nun wird jedoch mehr daraus. Unter dem Titel "Robert Plant and Saving Grace featuring Suzi Dian" veröffentlicht die Gruppe ihr erstes Album, das der Sänger als "Songbook vergessener und wiederentdeckter Stücke" beschreibt. Einige der Songs hatte er über die Jahre schon bei seinen Shows gesungen. Ein Album war laut Plant ursprünglich nicht angedacht, doch irgendwann habe es sich angeboten.

"Wir haben so viele Songs in unserem Repertoire, und wir sind an einem entscheidenden Punkt unserer Reise angekommen. Wir sind in unsere neue Rolle hineingewachsen. Saving Grace sind nicht mehr nur ein paar Leute, die ein paar Songs spielen", sagt Plant. "Wir haben lange genug zusammen gespielt, um unsere eigene Identität zu finden. Jetzt war der richtige Moment, denn unsere Lehrjahre sind vorbei."

"Folk Music? Das ist ein schrecklicher Begriff"

Das Album enthält Neuinterpretationen von Songs, die ursprünglich von wegweisenden Künstlern wie Memphis Minnie und Blind Willie Johnson oder Bob Mosley (Moby Grape) gesungen wurden. Andere Songs stammen von zeitgenössischen, aber nicht weltberühmten Künstlern wie Sarah Siskin oder Alan Sparhawk von der Indie-Rock-Band Low.

Stilistisch liegt die Musik irgendwo in der Schnittmenge von Blues, Country, Gospel und Americana - wobei es sich nicht nur um amerikanische Songs handelt und danach auch nicht ausgewählt wurde. "Das sind alles Songs mit einer Geschichte, ohne wirkliche Nationalität", betont Plant, der viele Songs im Duett mit Akkordeon-Spielerin Suzi Dian singt.

Auch das Wort Folk Music liegt einem auf der Zunge, doch der Sänger winkt ab. "Das ist ein schrecklicher Begriff. Was soll das überhaupt heißen? Bedeutet es, dass man eine akustische Gitarre hat und ein Lied über irgendein Unglück singt - und das nennt man dann Folk? Aber wenn man eine elektrische Gitarre hat und in einer höheren Tonlage singt und klagt, ist es plötzlich kein Folk mehr?"

"Mich faszinieren die Nuancen, die Romantik eines Songs"

"Saving Grace", wie es der Kürze halber genannt wird, ist ein angenehm entspanntes Album. Der vielleicht entspannteste und auch schönste Song ist Bob Mosleys "It's a Beautiful Day Today". Die Originalsongs umspannen fast ein Jahrhundert, haben aber etwas Zeitloses und wirken in den neuen Arrangements wie aus einem Guss.

"Ich bin Sänger, kein Musiker", stellt Plant klar. "Mich faszinieren die Nuancen, die Romantik eines Songs - ganz unabhängig davon, wer ihn vorträgt oder wo er herkommt. Entscheidend ist allein, wie er wirkt. Ich identifiziere mich mit Texten, die ich selbst geschrieben habe, oder wenn ich eine emotionale Verbindung zu dem habe, was ein Sänger erzählt."

Solche weniger bekannten Songs zu entdecken und ihnen eine Plattform zu geben, ist eine Leidenschaft der Rock-Ikone. "Es bereitet mir Freude, dieses Zeug aufzuspüren. Und ich genieße es, den Leuten bei Konzerten die Ursprünge und die Ironie mancher Songs zu erklären."

"Nicht der Robert Plant für andere Leute"

Bei seinen Konzerten singt er gelegentlich neu arrangierte Lieder seiner legendären früheren Band. Aber Robert Plant lebt nicht in der Vergangenheit. Ganz im Gegenteil. Er hat sich alle Mühe gegeben, das Etikett des Ex-Led-Zeppelin-Sängers abzustreifen. Mit dem Ergebnis, dass er sich künstlerisch frei fühlt.

"Das ist im Grunde schon seit dem Jahr 2000 so", erzählt er. "Damals habe ich bemerkt, dass das Bild, das viele Menschen seit 25 Jahren von mir hatten, nicht mehr zu dem passte, was ich heute bin. Also musste ich Umwege gehen, meine Spuren verwischen, neue Pfade einschlagen. Nur so konnte ich weiter kreativ sein, ohne das Gefühl zu haben, dass ich der Robert Plant für andere Leute sein muss."

Auf die großen Bühnen, die Hallen und Stadien, die Led Zeppelin zu ihren besten Zeiten füllten und wohl auch heute noch füllen könnten, und an dem Rummel um die Band hat der 77-Jährige definitiv keine Lust mehr. Mit Saving Grace will er weiter auch an kleinen und unbekannten Orten auftreten.

"Wenn diese Platte draußen ist, machen wir einfach genauso weiter wie vorher", versichert Plant. "Es gibt genug Orte, an denen man spielen kann. Wir müssen nicht ins Rampenlicht drängen. So ist es schön. So ist es gut."

(Das Gespräch führte Philip Dethlefs/dpa)

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