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Die "Provinz" überzeugt: Wien-Premiere für "Der Zerrissene"

Die derzeit beste Nestroy-Aufführung der Bundeshauptstadt kommt aus der "Provinz": Hakon Hirzenbergers Inszenierung von "Der Zerrissene", die im Sommer beim Zillertaler Steudltenn Festival und im koproduzierenden Waldviertler Hoftheater zu sehen war, gastiert seit Mittwoch im Theater Akzent. Die Wien-Premiere wurde umjubelt. Bis 27. November gibt es noch drei Gelegenheiten, die unterhaltsame und temporeiche Interpretation zu sehen.

Herr von Lips und Krautkopf: Martin Bermoser und Fabian Krüger
Herr von Lips und Krautkopf: Martin Bermoser und Fabian Krüger

Hirzenberger hat die bekannte Posse ordentlich gestrafft, modernisiert und mit neuen Liedtexten versehen, die mit der Live-Musik von Matthias Jakisic und der Choreografie von Yukie Koji phasenweise schon in Richtung Musiktheater drängen. Erich Uiberlacker und Gerhard Kainzner haben ein rotes Ledersofa inmitten von Lamellenwänden aufgestellt. Das ist als Bühne völlig ausreichend für ein Ensemble, das mit viel Spielwitz die 100 pausenlosen Minuten im Flug vergehen lässt.

Krautkopf als Biobauer

Allen voran brillieren Martin Bermoser als von seinem Reichtum gelangweilter Herr von Lips und Fabian Krüger, der als freakiger Biobauer Krautkopf dem Affen nicht nur Zucker, sondern eine ganze Zuckerfabrik gibt, und am feinen Grat zwischen expressiver Komödiantik und Outrage balanciert, ohne abzustürzen. Valentin Frantsits als Gluthammer, der auf die vermeintliche Geliebte im Internet hereingefallen ist, Jula Zangger als Frau Schleyer, der nicht nur von der möglichen Heirat mit dem Superreichen ganz schwindlig wird, sowie Thomas Höfner und Boris Alexander Popovic, die als falsche Freunde an die beiden Vetter des "Jedermann" denken lassen, ergänzen das komödiantische Treiben.

Clara Lou Kindel gibt als schlichte und herzenswarme Kathi den Kontrapunkt. Sie könnte einer traditionellen Nestroy-Inszenierung entsprungen sein. Nicht ganz. Am Ende deutet die Regie einen emanzipatorischen Akt an. Ob der gerettete Reiche auch ein Geläuterter sein wird, scheint nicht sicher. Ein Zerrissener bleibt er jedenfalls. Ganz im Gegensatz zum Publikum. Das zeigte sich einig - und spendete intensiven Applaus.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - "Der Zerrissene" von Johann Nestroy, Koproduktion von Steudltenn mit Wald4tler Hoftheater in Kooperation mit dem Theater Akzent Wien. Vorstellungen noch am 14., 21. und 27. November, 19.30 Uhr. Karten: 01 / 501 65-13306, www.akzent.at)

(Quelle: APA)

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