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Schmalz' "bumm tschak" als grell bebildertes Hörspiel

In einer autoritär regierten Zukunft, in der der Himmel grau und die Luft kalt ist, erscheint hedonistischer Eskapismus das Mittel der Wahl. So ist es zumindest in Ferdinand Schmalz' bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführtem "Richtspiel" "bumm tschak oder der letzte henker", mit dessen Übernahme Hausherr Stefan Bachmann am Donnerstag im Akademietheater die neue Spielzeit eröffnet hat. Ein grell bebildertes Hörspiel, das in seiner Gesamtheit nicht vollends befriedigt.

Regisseur Bachmann setzt auf Hedonismus in dunklen Zeiten
Regisseur Bachmann setzt auf Hedonismus in dunklen Zeiten

Grelle Ausstattung einer düsteren Zukunft

Als Pate für diese sprachlich stark rhythmisierte, aber auch hermetisch bleibende Dystopie wählte der Autor, dessen Stück "jedermann (stirbt)" in der Uraufführungsregie Bachmanns 2018 für Furore sorgte, das Leben des letzten Henkers der K.-u.-k.-Monarchie, Josef Lang. Diesen gibt Max Simonischek als mit schrägen Ticks behafteten, kaum greifbaren Besitzer des "Club Schafott", in und vor dem sich die Handlung entfaltet, in der die historische Referenz lediglich im Programmheft lebt. Die überdimensionale, die gesamte Bühne in Anspruch nehmende Guillotine, die im Club zum Gaudium der Partygäste zum Köpfen von Wassermelonen genützt wird, bildet im monochrom gehaltenen Bühnenbild von Olaf Altmann eine entfernte Klammer, steht aber hauptsächlich für die Wiedereinführung der Todesstrafe unter dem neuen Regime.

In krassem Gegensatz zu der aus Gitterböden bestehenden, schmucklosen Schräge, auf der der zweistündige Abend stattfindet, setzt Kostümbildnerin Adriana Braga Peretzki auf grelle Garderobe: Bachmanns Ehefrau Melanie Kretschmann, die in der Rolle als autoritäre Bundeskanzlerin nicht so recht überzeugt, hüllt sich in Glanz und Glitzer, während Simonischek im goldbesetzten schwarzen Mantel und unter einem Hut liegenden, langen strähnigen Haaren auf der dunklen Seite bleibt, die der 42-Jährige mit bemerkenswert durchgehaltener Kauzigkeit den ganzen Abend über ausfüllt.

Starke Szenen machen noch kein großes Ganzes

Als sein Gegenstück irritiert Thiemo Strutzenberger als zwielichtige Figur "flamboyanza" mit weißen Kontaktlinsen und entrückten Posen, während Sarah Viktoria Frick und Mehmet Ateşçi als "systemschergen" als bunt bemalte Gruselclowns ihr Unwesen treiben. Ihnen gelingen - ebenso wie Stefanie Dvorak als allegorische "strenge tür" und Stefan Wieland als seiner Hinrichtung ins Auge blickender Delinquent - immer wieder starke Szenen, die sich am Ende aber nie so richtig zu einem großen Ganzen fügen. In greller Aufmachung widersetzt sich Maresi Riegner als Josefs Freundin Flo dem System, ihre Verhaftung gerät zum Druckmittel, um den Clubbesitzer zum Henker - und somit zum Kollaborateur des neuen Systems - zu machen.

Schmalz bedient in "bumm tschak" einmal mehr den Topos der hedonistischen Gegenbewegung in autoritären Zeiten und zelebriert die Sprache als eine, "die die gewalt nicht mehr kaschiert, / eine sprache, / die mit ihrer eigenen gewalt zupackt". "bumm tschak" eben. Wer genau hinhört, findet in Schmalz' elliptisch gebrochenem Text zahlreiche Glanzstücke, die bei geöffneten Augen jedoch vom Trubel auf der Bühne allzu stark überlagert werden. Am Ende bleibt das Gefühl: Weniger wäre hier durchaus mehr gewesen, aber wenn der Himmel grau und die Luft kalt ist, setzt Bachmann lieber auf bunte Überhitzung.

(Von Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - "bumm tschak oder der letzte henker" von Ferdinand Schmalz, Burgtheater in Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen. Inszenierung: Stefan Bachmann, Bühne: Olaf Altmann, Kostüme: Adriana Braga Peretzki. Mit Max Simonischek, Thiemo Strutzenberger, Melanie Kretschmann, Maresi Riegner, Stefanie Dvorak, Mehmet Ateşçi, Stefan Wieland und Sarah Viktoria Frick. Weitere Vorstellungen im Akademietheater: 7. und 15. September sowie 5., 11. und 26. Oktober. www.burgtheater.at)

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