Die natürlichen Voraussetzungen, so der Hotelchef, liegen rund ums Haus: "Es ist hier absolut ruhig, kein Lärm weit und breit." Die Natur der umliegenden Kärntner Nockberge wird ebenfalls einbezogen, mit Wanderungen zu Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sowie neuestens auch Waldbaden. Ganz wichtig: die Selbstbeobachtung und ein Tagebuch, um die Schlafverläufe aufzuzeichnen. Ortners Sohn Martin, Mediziner und demnächst fertig ausgebildeter Neurologe und Osteopath, analysiert die Eintragungen dann gemeinsam mit den Gästen. Er war es auch, der den Anstoß zur neuen Ausrichtung des elterlichen Hotels gegeben hat, denn "der Bedarf ist da".
Martin Ortner hat sich viel mit Schlaftherapie beschäftigt, war lange mit Patienten mit Burn-out und Depressionen in Kontakt. "Das hat in den letzten Jahren gefühlt zugenommen. Die allgemeine Verunsicherung hat sich auf die Menschen niedergeschlagen." Dabei stehe gar nicht die Stimmung im Vordergrund, sondern Symptome wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie sinkende Leistungsfähigkeit. Betroffen seien oft "klassische Performer", die mit beiden Beinen im Leben stehen, und dann komme der körperliche Zusammenbruch. Ortner ist überzeugt, "mit dem, was wir im Hotel anbieten, kann man das abfangen". Das, wie er sagt, runde Paket aus Urlaub und den drei Säulen, Psychologie, Bewegung und Ernährung könne schon recht rasch Erfolge zeigen. "Manche sind nach einer Woche bereits wie ausgewechselt."
Krisen als Potenzial für Veränderung
"Gehaltvolle Auszeit" nennt Elisabeth Rabeder das Angebot im Curhaus Bad Mühllacken. Das Kurhaus und Kloster im oberösterreichischen Mühlviertel, nahe der Donau, wurde frisch umgebaut und präsentiert sich nun klein und fein. "Die neue Exklusivität", sagt Rabeder und lacht. Auch die Fastenbegleiterin und Geschäftsführerin des Kurhauses hat einen steigenden Bedarf nach solchen "Auszeiten" beobachtet, ausgelöst durch krisengebeutelte Perioden von Covid bis Kriegsthematik und wirtschaftlichen Belastungen, die jeden Haushalt treffen. "Wir haben in der Fülle gelebt in den letzten 15 oder 20 Jahren, wir sind solche Situationen nicht gewöhnt, daher fehlt uns Resilienz wie auch Vertrauen und Kreativität, um in eine neue Denkweise zu kommen."
Sie sieht Krisen als Potenzial zur Veränderung. Der Homo sapiens sei im Prinzip ein bequemes Gewohnheitstier, was nicht unbedingt zum persönlichen Wohlbefinden beitrage. "Wenn manche ältere Menschen auf ihr Leben zurückblicken, dann sind es in der Rückschau oft die Krisenzeiten, die eine längst fällige Veränderung initiiert haben." Ein Schubs, ausgetretene Pfade zu verlassen, ein Ruck, der auch Angst mache, beutelt und schüttelt, aber genau das gebe dem Leben oft Tiefe und Inhalt. Und Erkenntnis. Dass es nämlich nicht das neueste Smartphone, Auto oder Designerstück sei, das zähle, sondern echte, ehrliche Beziehungen. Klingt wie eine Binsenweisheit, rückt aber viel zu oft in den Hintergrund.
Das Kurhaus, betrieben von den Marienschwestern, ist ein guter Ort für ein wenig Rückbesinnung. Und für Ruhe, gleich nebenan liegt das Naturschutzgebiet des Pesenbachtals. Der Bach mäandert sich seinen Weg durchs Mühlviertel bis zur Donau, die Ufer sind dicht bestanden mit Weiden und Pappeln, Erlen und den immer seltener werdenden Eschen. Auf kleinen Wiesenflecken wird "Wyda" praktiziert, das "Druidenyoga", hat man sich ja hier auf die Traditionelle Europäische Medizin, kurz TEM, spezialisiert, mit Heilpraktiken von Hildegard von Bingen bis zum Pfarrer Kneipp. Das Gespräch zählt auch dazu. Vor allem, um die, die hierherkommen, dazu zu motivieren, nicht die Verantwortung für das eigene Leben und die eigene Gesundheit abzugeben.
Funktionieren müssen statt wirklich funktionieren? Bei Elisabeth Rabeder beginnt vieles mit dem Essen. Sich gesund und ohne Fertiggerichte zu ernähren spart meist Geld und senkt vor allem Blutdruck und Cholesterinspiegel. Bewusster essen, besser schlafen, so die Formel. "Schlaf ist etwas ganz Essenzielles. Da werden nicht nur Reparaturmechanismen in Gang gesetzt, sondern Regenerationen auf höchster Ebene", sagt die Fastenbuch-Autorin. Nicht umsonst heiße es "schlaf einmal drüber", weil nach einer ausgiebigen Schlafphase man rasch einen anderen Blick auf die Dinge erhalte, sich Einstellungen verändern könnten.
Ruhe und Regelmäßigkeit bringen nachhaltige Erholung
Die TEM empfiehlt sieben Stunden täglich, zu wenig Schlaf erschöpft, zu viel jedoch macht das System schlaff und träge. Weiters setzt man hier auf die klassischen fünf Säulen: Ernährung, Bewegung, Wasseranwendungen und Wickel, Heilkräuter und - nicht zuletzt - die Lebensordnung. Also Maß und Regelmaß. "Das Frühjahr ist die perfekte Zeit, um aus der Winterschwere rauszukommen, der Trägheit, die blockieren und krank machen kann, und Prozesse anzukurbeln. Eine Art Hausputz!"
Das Beste, um sich nachhaltig zu erholen, sind, da sind sich Kurärzte und Therapeutinnen einig, Ruhe und Regelmäßigkeit. Als rhythmisierte Wesen tun uns drei Mahlzeiten am Tag gut, dazu vielleicht eine heilsame Anwendung wie ein Wickel und dann das Nachrasten, also der Wechsel zwischen Reiz und Entspannung. Darauf legt auch Ulrike Göschl ihr Augenmerk. Die Kurärztin im Kurhaus Marienkron bedauert es, dass wir verlernt haben zu entspannen. Wenn ständig Reize auf uns einwirken, kommt eine Überladung zustande, das sei wie beim Training. "Die Phase nach dem Reiz ist das Wesentliche", sagt die Ärztin für physikalische Medizin und Rehabilitation. Sie beschäftigt sich schon lange mit ganzheitlichen Aspekten der Gesundheit, wie Kneipp-Medizin oder Fasten.
Marienkron, gegründet von Zisterzienser-Schwestern in Mönchshof beim Neusiedler See, sei für Auszeiten prädestiniert, sagt Göschl. Eine Oase, ein wunderschöner Kurpark und viel Luft und Raum, um sich zurückzuziehen, sich zu besinnen. "Das ist sehr wichtig geworden. Lag unser Hauptaugenmerk noch vor 15 Jahren auf dem Bewegungs- und Stützapparat, ist es heute die Psyche." Die letzten Jahre haben das noch verstärkt. Und: Die Patienten, die Kurgäste, werden immer jünger. Der Bedarf tritt früher auf. Auch die alljährliche Marienkroner Fastenumfrage zeigt, dass ein großes Bedürfnis nach Erholung besteht: Die Hälfte der Befragten hat sich vorgenommen, im kommenden Jahr vor allem für "ausreichend Schlaf" zur sorgen - speziell die 18- bis 29-Jährigen scheinen mit 58,6 Prozent ein besonders hohes Schlaf- oder. Erholungsbedürfnis mittels Schlaf zu haben. "Das Bewusstsein für Ernährung und Körper ist gestiegen, trotzdem kommen viele erst, wenn der Hut brennt." Die Welt ist rasend schnell geworden, die Reizüberflutung hat sich laut Studien in den letzten 100 Jahren vervielfacht, Arbeit und Freizeit verschwimmen immer mehr, Routinen im Tagesablauf verschwinden. Der Schlaf wird schlechter, die Belastungsgrenze sinkt. Dabei ist Schlaf ein wahrer Schatz, den es zu wahren gilt. Und der sogar den nüchternen Immanuel Kant zu dem Satz inspiriert hat: "Der Himmel hat den Menschen als Gegengewicht gegen die vielen Mühseligkeiten des Lebens drei Dinge gegeben: die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen."
Tipps & Tricks für guten Schlaf
Schlaf und Entspannung fördernde Maßnahmen: Für ruhiges Durchschlafen empfiehlt sich, drei bis vier Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr zu essen und auch keinen Alkohol zu trinken. Zu dieser Zeit sollten auch die Bildschirme von Computer und Handy ausgeschaltet bleiben, da deren blauweißes Licht die Schlafhormone hemmt. Wichtig: Das Schlafzimmer sollte kein Arbeits- oder Fernsehzimmer sein.
Förderlich ist ein Ritual zum Tagesabschluss, etwa das Führen eines Tagebuchs, das mag am Anfang ungewohnt und schwierig scheinen, lässt sich aber lernen. Alternativen: ein Abendspaziergang, ein Häferl Kräutertee. Diese Rituale sollten eine Zeit lang beibehalten werden, dann erst entfalten sie ihre Wirkung.
Schneller einschlafen mit Kneipp: Was am Morgen die Lebensgeister weckt, hilft am Abend beim Einschlafen - ein kühles Armtauchbad oder Guss auf Arme und Beine.
Frühlingsputz: Wer alte Gewohnheiten ändern möchte, sollte sich da nicht überfordern, es ist wichtig, beim Entrümpeln mit einer kleinen Schublade anzufangen.
Bei schweren Gedanken und Niedergeschlagenheit helfen oft statt exotischer Öle oder esoterischer Hilfsmittel einfache, erdige Anwendungen wie Kneipp-Güsse oder Bewegung an der frischen Luft, in der frühlingshaften Natur.
Information & Adressen
Hotel Eschenhof: Das Familienhotel in Bad Kleinkirchheim hat sich ganz der Alpine Slowness verschrieben und neuerdings auch dem Thema Schlaf und Erholung. Ausgezeichnetes Spa, unterschiedlichste Packages. Eine Schlaffibel liegt auf dem Zimmer auf, zusätzlich gibt's Gespräche mit Ernährungsberatern und dem Schlafspezialisten im Hotel. www.eschenhof.at
Curhaus Bad Mühllacken: Im rundum erneuerten spirituellen Gesundheitszentrum widmet man sich der Traditionellen Europäischen Medizin und den Heilwirkungen des Fastens. Einfach gehaltene, freundliche Zimmer, Hallenbad mit Gegenstromanlage, Sauna und Ruheräume, Kochstudio und Klosterladen. www.curhaus.at
Kurhaus Marienkron: Nach dem Umbau präsentiert sich das Haus im Nordburgenland seit Mai 2019 mit neuen, klimatisierten Gästezimmern, Pool und Saunabereich mit Ausblick in den Kurpark, Teehaus und Restaurant mit frischer, vegetarischer Küche, Fleisch und Fisch nur ein Mal pro Woche und nur auf Wunsch. Kneippen und Güsse, Bäder und Massagen, Pakete von drei bis zu 21 Tagen. www.marienkron.at