Umdenken in Sachen Auslandsreise hieß und heißt es am Campus der FH Kufstein Tirol: "Nicht noch mehr Stunden vor dem Bildschirm" - was für die Studierenden im Bachelorstudiengang Marketing & Kommunikationsmanagement zuerst anstrengend klang, schlug bald in Begeisterung um: "Wegen der coronabedingten Unsicherheit war meinem Kollegen Peter Schneckenleitner und mir schnell klar, dass die Studienreise im vergangenen Oktober online stattfinden muss", berichtet Alexandra Brunner-Sperdin. Sie ist die stellvertretende Studiengangsleiterin.
Vorteile einer "Online-Reise"?
Die Vorteile erkannten Lehrende und Studierende schnell. War es bisher üblich, dass die Lehrveranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Reise mit viel Freiheit planten und organisierten, gab es im Herbst noch mehr Möglichkeiten: "Zwar waren wir nicht vor Ort, dafür konnten wir viel mehr Experten und Unternehmen digital besuchen, als es uns live möglich gewesen wäre", sagt Brunner-Sperdin. Wer die Wissbegierigen aus Kufstein empfing? Etwa die "Financial Times", die PR-Managerin von Siemens oder aber ORF-Wissenschaftsjournalist Günther Mayr.
Mit digitalen Tools vertraut
Während sich andere Menschen zu Beginn der Pandemie mit ihnen teils noch recht neuen Kommunikationswegen wie Zoom oder MS Teams herausgefordert fühlten, genossen Brunner-Sperdins Studierende entscheidende Vorteile: "Aus ihrem Studium kannten sie diese Tools bereits, das Arbeiten damit war ihnen vertraut. Auch, weil rund 30 Prozent der Inhalte für berufsbegleitend Lernende auf digitalem Weg aufbereitet sind."
Als "Transportmittel" wurde daher MS Teams ausgewählt; während der "Reisedauer" führten die Frauen und Männer Reisetagebücher. Die Einträge in diesen freuen die FH-Professorin besonders. Sie konnte lesen, dass die Teilnehmer vom Praxiswissen profitierten. "Alle Sessions haben sich sehr an der Realität orientiert, waren aber auch strategisch ausgerichtet. Für uns war es sehr spannend zu erfahren, dass Themen wie Branding und Markenführung von erfolgreichen Leuten umgesetzt werden, die schon vor uns dieselben Grundlagen gelernt haben wie wir an der FH heute." Brunner-Sperdin ist auch aufgefallen, dass die Profis ihre Redezeit weit überzogen haben. Das wertet sie als Zeichen der Begeisterung über den Einsatz und das Interesse aus Kufstein.
Auslandsaufenthalt
Fokus Estland und Finnland
Wer nicht berufsbegleitend lernt, sondern das Vollzeitstudium gewählt hat, für den gehört ein halbes Jahr im Ausland dazu. Im Wintersemester 2019/20 habe das noch bestens funktioniert und auch im Folgejahr seien einige von Kufstein in andere Länder gereist, um sich dort weiterzubilden. Dabei würden freilich die Regeln der jeweiligen Hochschule gelten, auch, was E-Learning und Coronaregeln betreffe.Den Fokus auf Estland und Finnland setzte der Bachelorstudiengang Wirtschaft & Management. Auch für diesen gab es eine virtuelle Reise. Stationen: Nokia, Kone oder die Universität Helsinki. Die Kultur des Nordens und die Möglichkeit, Nordlichter zu sehen, haben die Studierendengruppe von Anfang an begeistert. Das Coronavirus stand diesen Erlebnissen nicht im Wege, denn glücklicherweise konnte eine Kommilitonin, die gebürtige Finnin ist, den Mitstudierenden das Land trotz der digitalen Barriere aus erster Hand näherbringen. Das Wissen über finnische Anekdoten sowie Vergleiche zu Österreich waren den Studierenden aus der gemeinsamen bisherigen Studienzeit bereits bekannt. Auf Arbeitsebene gab die Studentin einen Einblick in die breite Produktpalette von Nokia und brachte ihren Mitstreitern auch den finnischen "Way of Life" näher.
In diesen Tagen bekamen alle Beteiligten tiefe Einblicke in die Besonderheiten der finnischen Forstwirtschaft, die lange Tradition und Nachhaltigkeit der Papierwirtschaft, die Craft-Beer-Kultur und das bunte Modelabel Marimekko. Der Umgang Finnlands mit der Coronakrise, die Fortschrittlichkeit in Bezug auf die Digitalisierung vieler Lebensbereiche, die Besonderheiten der finnischen Sprache und die Bedeutung des Tourismus waren mit etlichen Details ausgeschmückt.
Auch andere Studiengänge digital unterwegs
Nicht nur diese beiden Studiengänge - Marketing & Kommunikationsmanagement sowie Wirtschaft & Management - profitierten von der Auslandsreise-Alternative. Wie sie begeben sich von Kufstein aus auch andere auf digitalen Pfaden durch Europa und die Welt.
"Uns fehlt die Präsenz"
Bei allen Vorteilen, die das Digitale mit sich bringt, erinnert Alexandra Brunner-Sperdin allerdings an den Kern des Studiums: "Uns fehlt die Präsenz. Das Arbeiten und Lernen daheim ist schon in Ordnung. Auf lange Sicht geht es aber nicht ohne Kontakte zu Lektoren und den Austausch in der Gruppe, von Angesicht zu Angesicht." Nichtsdestotrotz haben sie und ihre Kollegen viel von der pädagogischen Weiterentwicklung der Lehre mitgenommen. "Die echte persönliche Anwesenheit braucht es aber auf jeden Fall wieder", stellt sie fest.
