"Die Welt teilt sich in Zukunft in die Lerner und die Nichtlerner ein", sagt Autor Andreas Salcher. "Und die Nichtlerner werden zu den Verlierern gehören. Jeder Einzelne, und jedes Unternehmen, muss für sich entscheiden, zu welcher Gruppe man gehört." Klingt nach einer äußerst düsteren Prognose, wenn man in die Zukunft schaut. Doch was hat es mit diesem "lernerischen Weltuntergangsszenario" auf sich?
Aus- und Weiterbildung: Lernen oder Nichtlernen - das ist hier die Frage
Der Stellenwert beruflicher Aus- und Weiterbildung ist gesunken. Wie wird sich das auf die künftige Arbeitswelt auswirken? Und welche Bedeutung hat Lernen heutzutage?

"Die Nichtlerner werden zu den großen Verlierern gehören."
Die Studienergebnisse des Weiterbildungsindex 2023 von IMH besagen, dass der Stellenwert von beruflicher Aus- und Weiterbildung im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist. Der Seminaranbieter misst jährlich die Bedeutung von beruflicher Aus- und Weiterbildung anhand von Befragungen von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Hierarchie-Ebenen österreichischer Unternehmen. Für das aktuelle Jahr steht fest: Die heimischen Unternehmen investieren weniger Zeit und Geld in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Salcher ("Der talentierte Schüler und seine ewigen Feinde") meint dazu: "Das ist ein schlechtes Zeichen, ist doch Weiterbildung integraler Teil der Unternehmenskultur."
Geplante Ausbildungstage und Weiterbildungsbudgets sinken
Die Studienwerte zeigen aktuell, dass sich der Hype der "Nach-Corona-Jahre" hinsichtlich der Sehnsucht nach echten Begegnungen im Rahmen von Schulungen und Ähnlichem wieder gelegt hat und die Weiterbildungen in den Unternehmen sehr oft der stagnierenden Wirtschaft zum Opfer gefallen sind. Für 2023 steht somit ein Abwärtstrend an - sowohl die geplanten Ausbildungstage als auch die Weiterbildungsbudgets sinken. Die Mehrheit der befragten Personen hat diesbezüglich zwar angegeben, dass die finanziellen Mittel gleich bleiben, in Kombination mit anderen Werten - wie der Anzahl der Ausbildungstage oder der Berücksichtigung der Zahl an Unternehmen, bei denen die Budgets sinken - ergibt sich jedoch ein negativer Trend.
Allgemein lässt sich festhalten, dass Präsenzveranstaltungen Onlineweiterbildungen vorgezogen werden. Nicht einmal 20 Prozent wollen dieses Jahr an drei oder mehr Onlineweiterbildungen teilnehmen, im Vorjahr war das mit einem Drittel noch mehr. Salcher: "Lernen findet über Beziehung statt - oder es findet eben nicht statt." Das Problem liege oft in der Konzeption von Onlineformaten: Diese sollten so gestaltet werden, dass keine Langeweile aufkomme. In Zukunft würden sich hybride Formate am Markt etablieren. Sprich: virtuelle Lerngruppen in Kombination mit Präsenzworkshops.
Zukunftsfähige Bildung
Wie zukunftsfähige Bildung ausschauen kann und soll, darüber scheiden sich bekanntlich die Geister. Wo fängt sie an und wo hört sie auf? Welche Rolle spielen Bildungsinstitutionen und in weiterer Folge schließlich auch die Unternehmen? Der Salzburger Zukunftsforscher Reinhold Popp sagte dazu einst in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" recht anschaulich: "Manchmal entsteht der Eindruck, dass sich allzu viele Menschen, aber auch allzu viele Institutionen und Unternehmen in Deutschland und in Österreich so verhalten wie ein Autofahrer, der mit 130 Stundenkilometern vorwärtsrast, jedoch mit dem Blick in den Rückspiegel."
Vor allem künstliche Intelligenz (KI) wird immer mehr zum Thema. Schenkt man dem Weiterbildungsindex Glauben, nutzen bereits drei Viertel der befragten Betriebe künstliche Intelligenz. Genauer gesagt: Gut ein Viertel der Arbeit, die vor fünf Jahren noch ein Mensch erledigt hat, wird heute von Computern bewältigt. Angst davor, ihren Job zu verlieren, haben allerdings die wenigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für Salcher gestaltet sich die Lage etwas düsterer: "Mittelmäßige Arbeit, vor allem im Bereich von Texterstellung, hat in Zukunft wenig Chance gegen künstliche Intelligenz." Seiner Meinung nach sind Leistungen neuer Tools, wie ChatGPT, von menschlicher Arbeit in vielen Bereichen kaum noch zu unterscheiden. Verkaufstexte und Produktbeschreibungen könnten mittlerweile auf sehr hohem Niveau von künstlichen Intelligenzen verfasst werden. Daneben lässt sich sagen, dass Menschen zwar der KI vertrauen, wenn es um das Lösen von Rechenaufgaben geht, sonst aber eher nicht. In Sachen administrative oder körperliche Tätigkeiten hält der Mensch quasi noch immer mehr vom Menschen als von Maschinen.
In Bezug auf die Zukunftsfähigkeit der Bildung konstatiert Wissenschafter Popp: "Es geht um die Entwicklung eines neuen Bildungsbewusstseins, also um die weite Verbreitung des Verständnisses der zukunftsrelevanten Bedeutung einer alle Lebensbereiche durchdringenden, lebensbegleitenden Bildung. Einer Bildung, die überwiegend Freude bereitet und bei der die Kür gleich wichtig ist wie die Pflicht."
Abschließend ist zu sagen, dass sich (lebenslanges) Lernen bekanntlich immer auszahlt. Und auch für Salcher steht fest: "Wer lernt, lebt länger besser." Denn: Unser Gehirn will trainiert werden - in allen Altersstufen.