"Fremd sein ist frei sein", sagt Omar Khir Alanam, der 2014 aus Syrien nach Österreich kam. "Gleichzeitig ist es ein ständiges Dazugehörenwollen, das uns treibt. Wir alle wollen ankommen, so etwas wie Heimat finden." Die Fluchterfahrung verbindet den Autor Omar Khir Alanam mit Max Reinhardt, dem Begründer der Salzburger Festspiele, der einst wegen der Nazis Österreich verlassen musste. Die Fremde, in der wir Heimat suchen, muss aber nicht immer ein neues Land sein, in das wir aufbrechen. Für Schauspieler und Jedermann-Ikone Philipp Hochmair sind es die manchmal zuerst merkwürdig anmutenden Texte und Stücke, die sich zunächst fremd anfühlen. Er arbeitet sich auf der Bühne so lange an ihnen ab, bis sie Teil von ihm werden. So begeben wir uns alle zeit unseres Lebens auf höchst unterschiedliche Art auf eine Reise, in der wir am Ende immer nur eines suchen: unsere ganz persönliche Heimat. Diese individuelle Suche ist es, die der Film "Jedermann auf Reisen" sichtbar macht, ein Film, in dem Hochmair, Reinhardt und Alanam einander auf ihrer Suche nach Heimat begegnen.
Arbeit ermöglicht Ankommen und ist ein wesentlicher Motor für Integration
Dass Arbeit dabei eine wesentliche Triebfeder sein kann, um in der Fremde ein Stück weit anzukommen, ist nicht nur für Schauspieler wie Hochmair, sondern tatsächlich für jedermann und jedefrau so. "Arbeit ist ein starker Motor für Integration, weil sie die Chance bietet, das eigene Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen", weiß Wolfgang Tonninger, Macher des Films "Jedermann auf Reisen" und Mitbegründer des Vereins fairmatching. So werde ein Prozess in Gang gesetzt, der ein individuelles Entfalten und letztlich Ankommen ermögliche. Der Verein fairmatching formierte sich 2016, als Tonninger mit vier Gleichgesinnten erkannte, wie schwer es für geflüchtete Menschen in Österreich ist, geeignete Arbeit zu finden - und das oft trotz guter Ausbildung. "Mit geeignet ist gemeint, dass Arbeit möglichst Interessen, Bedürfnisse und Fähigkeiten des Einzelnen berücksichtigt", ergänzt Katrin Gerschpacher, die fast von Beginn an Teil des fairmatching-Teams ist: "Wir schauen uns an, was für den- oder diejenige gerade wichtig ist. Ist es das Geldverdienen oder eine sinnvolle berufliche Entwicklung, in der Kompetenzen und Erfahrungen eingebracht werden können? Dementsprechend helfen wir, die passende Stelle zu finden und Hürden auf dem Weg dorthin aus dem Weg zu räumen."
fairmatching sieht sich als Türöffner gegen Fachkräftemangel für Firmen
Und Hürden auf dem Weg gebe es viele, erzählt Gerschpacher. Bewerbungsprozesse seien manchmal so komplex und undurchsichtig, dass selbst sehr gut qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen an ihnen scheitern. Andere kommen nicht in die engere Auswahl, weil ihre formalen Deutschkenntnisse laut Lebenslauf nicht reichen. "Wir rufen dann zum Beispiel an und verschaffen dem Bewerber eine Chance, sich trotzdem vorzustellen", so Katrin Gerschpacher. "Manchmal habe ich das Gefühl, als würden Firmen ihre Tore mit zehn Schlössern verriegeln und sich dann aber wundern, wenn niemand reinkommt." Gerade angesichts des aktuellen Fachkräftemangels kann sich das aber wohl kaum mehr ein Unternehmen leisten: "Wir freuen uns, wenn wir beiden - sowohl Unternehmen als auch Bewerbern - auf diesen letzten Metern als Türöffner helfen können."
Von einem solchen Türöffner profitierten etwa Alaa Batman und Ayat al Rubaye. Batman arbeitete in Syrien bei einem staatlichen Unternehmen als Elektroingenieur, floh 2015 mit seiner Frau und drei Kindern nach Österreich und konnte durch fairmatching bei der Salzburg AG anheuern. Ayat al Rubaye war in ihrer Heimat als Volksschullehrerin tätig. Sie arbeitet seit der erfolgreichen Vermittlung in einem Kindergarten und absolviert gleichzeitig die Ausbildung zur Kindergartenhelferin. Aktuell werden rund 60 geflüchtete Menschen pro Jahr von fairmatching vermittelt. Damit das fairmatching-Team dieser Aufgabe nachkommen kann, ist es auf Spenden angewiesen. Zu diesem Zweck wird jährlich ein Charitydinner veranstaltet, bei dem, so Gerschpacher, "Menschen einander begegnen, die die gleichen Werte mit uns teilen und deshalb gerne mit uns an diesem Strang ziehen".
"Jedermann auf Reisen" feierte am 5. Februar Premiere
Durch die Pandemie musste das Charitydinner zwei Mal ausfallen. Um trotzdem weiterhin Bewusstsein für das Thema zu schaffen, wurde durch Tonninger die Idee des Films geboren. Mit wenig Budget und ganz viel Engagement konnte "Jedermann auf Reisen" am 5. Februar im Das Kino Premiere feiern.
140 Gäste waren bei der Charitymatinee um 11 Uhr dabei, als Omar Khir Alanam auf der großen Leinwand davon erzählt, wie es ist, endlich die eigenen Texte auf der Bühne vortragen zu können, ganz frei von Angst. Das kann er hier in Österreich, denn auch Alanam findet im Tun, in seiner Arbeit als Autor, seine ganz persönliche Heimat.

Mehr Infos zu fairmatching gibt es unter www.fairmatching.com
Trailer zum Film: https://vimeo.com/667171669