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Female Start-ups und der 'Gender Funding Gap'

Female Start-ups sind hierzulande im Europa-Vergleich gut vertreten. Bei der Finanzierung hapert es dagegen noch. Was es braucht, um Frauen in eine stärkere Position zu bringen.

36 Prozent der Start-ups werden in Österreich von zumindest einer Frau gegründet. EU-weit sind es nur 20 Prozent.
36 Prozent der Start-ups werden in Österreich von zumindest einer Frau gegründet. EU-weit sind es nur 20 Prozent.

Österreich liegt mit einem Anteil von 36 Prozent an Female Start-ups weit vorn im europäischen Vergleich - seit 2010 hat sich der Frauenanteil zudem mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: In der EU ist nur jedes fünfte neu gegründete Start-up eines, bei dem mindestens eine Frau im Gründerteam ist. Das zeigt der Report "Female Start-ups & Investing", den das Gründerzentrum der Wirtschaftsuniversität Wien im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft erstellt hat.

Dennoch finden sich auch hierzulande gravierende Unterschiede, und zwar was die Finanzierung betrifft. Denn hier stehen weibliche Start-ups schlecht da: Nur etwa jeder neunte investierte Euro geht an Start-ups mit zumindest einer Gründerin. Warum das so ist und wie sich das ändern lässt? Dazu tauschten sich Branchenkennerinnen und -kenner beim Networking-Event "Frauen in Führung - Wie Frauen in der Digitalbranche erfolgreich(er) sind" aus. Am Podium: Doris Christina Steiner (Jung von Matt Donau), Stefanie Reif (Google), Vada Müller (Leaders in Heels), Marie Boltenstern (Boltenstern), Jürgen Schmidt (STRG.at) und Barbara Sladek (Biome Diagnostics).

Frauen wird mehr Unterstützungsbedarf zugeschrieben

Die Diskussion zeigte: Die Ursachen für den Gender Funding Gap sind oftmals auf unbewusste Voreingenommenheit bei Investitionsentscheidungen zurückzuführen. Frauen würden weniger Kompetenz sowie mehr Unterstützungsbedarf zugeschrieben, unterschiedliche Maßstäbe führten überdies zu Bewertungsunterschieden. "Es ist eine Tatsache, dass Frauen in Führungspositionen anders behandelt werden. Das Aussehen ist ein Thema, das Verhalten. Man braucht eine dicke Haut, muss einiges aushalten können", sagt Doris Christina Steiner, Geschäftsführerin Jung von Matt Donau.

Während an Männer gerichtete Fragen tendenziell unterstützenden Charakter haben, würden Frauen viel häufiger in eine defensive Position gedrängt - trotz einer überlegenen Performance. Nicht müde zu werden, über strukturelle Differenzen zu reden, ist Google-Managerin Stefanie Reif zufolge unglaublich wichtig. Im beruflichen Arbeitsalltag rät sie ihren Kolleginnen speziell von falscher Bescheidenheit ab. "Wer mit Bescheidenheit glänzt, gilt als einsichtsvoll, besonnen und verständig, einfach sympathisch. Aber falsche Bescheidenheit kann die Karriere und den Einfluss, den man in einer Gruppe oder auf die Gesellschaft ausübt, hemmen. Frauen müssen lernen, ihre Bescheidenheit zu überwinden und über ihre Stärken zu reden."

Die Frage der Vereinbarkeit

Marie Boltenstern und Vada Müller zufolge müsse sich auch die Struktur des Systems ändern. So seien vor allem flexible Arbeitsmodelle, die es erlauben, Privatleben und Karriere erfolgreich in Einklang zu bringen, essenziell, wenn es um die Förderung weiblicher Führungskräfte geht: "Ich möchte für meine Familie kochen, ich möchte am Spielplatz sitzen und ich möchte meine Firma leiten. Das alles unter einen Hut zu bekommen ist herausfordernd - aber machbar. Hierbei rate ich Kolleginnen, einen Businessplan für das eigene Leben zu erstellen und Meilensteine zu setzen: Wo will ich hin, was möchte ich erreichen?", schließt sich Barbara Sladek, CEO von Biome Diagnostics, an.

Fazit der Podiumsdiskussion: Businesspläne zahlen sich aus. Außerdem müsse der Effekt der unbewussten Voreingenommenheit gegenüber Frauen bei Investitionsentscheidungen bekannter werden, um ihm aktiv begegnen zu können. Dazu zählen neben Trainings, Mentorings und Accelerator-Programmen vor allem strukturelle Veränderungen wie beispielsweise ein höherer weiblicher Anteil an Investoren und Business Angels: Diese sind aktuell noch zu 89 Prozent männlich.