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Fuckup Nights in Salzburg: Geschichten über berufliches Scheitern

Aus Fehlern wird man klug, besonders im Arbeitsleben. Dafür sollte man sich nicht schämen oder verstecken, am besten gleich darüber reden. Und diese Möglichkeit bietet die Fuckup Night in Salzburg.

Auch schon mal gescheitert im Berufsleben?
Auch schon mal gescheitert im Berufsleben?

Sabine Deubler

Es passiert uns allen. Jeder macht hie und da Fehler oder scheitert. Wie im Privaten gilt auch im Berufsleben, man kann daraus lernen. Wer sich traut, offen zu seinem eigenen Scheitern zu stehen, ist am ehesten offen für neue Chancen. Und macht es mit seiner oder ihrer Offenheit anderen leichter, ebenfalls über erfolglose Projekte, Pleiten oder die falsche Jobwahl zu reden.

Die Fuckup Nights bieten dem Scheitern eine Bühne

Das Bewusstsein für den richtigen Umgang mit Fehlern und Scheitern ist in Österreich noch bescheiden. Doch immer mehr Menschen sprechen darüber. Etliche trauen sich damit sogar auf eine Bühne. Diesen Trend registriert Aleksandra Nagele. Die Kommunikationsexpertin hat vor drei Jahren die Fuckup Nights in Salzburg etabliert, in denen Gäste vor Publikum erzählen, wie sie beruflich gescheitert sind und was sie daraus gelernt haben. Die Fuckup-Night-Bewegung kommt ursprünglich aus Mexiko. Mittlerweile finden solche Bühnenabende weltweit in mehr als 300 Städten statt, in Österreich auch in Wien, Innsbruck und Dornbirn.

In Salzburg war es vorigen Sonntag wieder so weit. Wegen des nach wie vor geltenden Veranstaltungsverbots ging der Abend via Videokonferenz vom Coworking-Space Salzburg aus über die Bühne. Über sein berufliches Scheitern erzählte diesmal ein Schweizer, der sich vor wenigen Jahren als grüner Unternehmensberater selbstständig gemacht hatte. Er ist einem Gründer eines Öko-Start-ups aufgesessen, für den er erst kostenlos und dann extrem günstig Beratungen erbrachte. Als die Firma nach kurzer Zeit bereits richtig erfolgreich war, wollte der Besitzer nichts mehr von ihm wissen und behauptete, er habe schlecht gearbeitet. Der Schweizer wurde aus der Firma geworfen und verlor von einem Tag auf den anderen sein berufliches Netzwerk. Was er daraus gelernt hat? "Ich hätte Rechtssicherheit schaffen sollen, dass ich Miteigentümer der Firma bin", so der Schweizer. Für seine jetzige Tätigkeit als Berater weiß er: Blindes Vertrauen ist fehl am Platz. Er arbeitet bereits mit neuen Öko-Initiativen zusammen.

Bei den Fuckup Nights gefragt sind große wie auch kleinere Scheiter-Geschichten. Gespannt lauschte man einem Salzburger, der neben seinem Angestelltenjob als Konzertveranstalter Stars nach Salzburg gebracht hatte. Nachdem er plötzlich zusperren musste, hat er gelernt: "Lieber kleiner bleiben und dafür gesund." Viel Resonanz löste eine Deutsche aus, die das Marketing bei Kreuzfahrtreedereien und einer Hotelkette geleitet hat, bis ihr die Luft ausging. Nach Atemnot, der Diagnose Asthma und der damit verbundenen Angst dachte sie erst, sie würde schon bald wieder funktionieren. Doch dann ging sie einen Sommer lang auf eine Alm, was ihr den Startschuss für ein komplett anderes Leben gab. Aleksandra Nagele imponieren solche Gäste: "Die Frau hat sich geerdet. Sie berät jetzt als Einpersonenunternehmerin Tourismusbetriebe, die ihr Marketing verbessern wollen. Ich finde es bewundernswert, wenn jemand merkt: ,Ich muss jetzt die Notbremse ziehen und mein Leben in eine andere Richtung steuern.' Oft scheine nach außen hin alles toll, obwohl innerlich schon vieles bröckle. Wichtig sei, darauf zu schauen, was man aus der Situation und der Erkenntnis mache. In den USA gehöre es fast zum guten Ton, schon einmal ein Start-up oder eine Idee in den Sand gesetzt zu haben.

Aufstehen und weitermachen

"Später darüber zu erzählen beweist, dass du wieder aufstehen kannst", betont Nagele, die von sich sagt: "Ich scheitere auch permanent, weil ich mir zu hohe Ziele setze, an meine Leistungsgrenzen komme oder ein falsches Bild von mir habe. Man muss sich nicht unter einem Stein verkriechen, wenn man scheitert." Das Schöne am Reden übers Scheitern ist für die Salzburgerin die Resonanz, die dabei entsteht: Ein Stück weit erkennen sich die Zuhörer in den Rednern selbst. "So ist es mir auch einmal gegangen", oder "Das merke ich mir", hört man dann im Publikum. Nagele: "Es gibt ein riesiges Bedürfnis der Leute über das Thema Scheitern zu reden."

Gelegenheit bietet ab sofort ein Schreibbewerb zum Thema, veranstaltet von Fuckup Nights Salzburg, der Geschichtenplattform storyone.at und den "Salzburger Nachrichten".

Geschichten gesucht

Geschichten über berufliches Scheitern aus ganz Österreich kann man bis zum 31. Jänner 2021 hier. Sie erscheinen auf der Geschichtenplattform story.one. Eine Jury wählt 16 Siegergeschichten aus, die in einem Buch erscheinen. Die Autoren/-innen bekommen ein Buchexemplar und dürfen ihre Geschichte 2021 auf einer Fuckup-Nights-Bühne in Salzburg erzählen. Ein Siegerbeitrag wird auf den Karriereseiten der "Salzburger Nachrichten" veröffentlicht. Die Geschichten können bis zu 2500 Zeichen lang sein.