Die Lampen, Uhren und Waschtische, die Tobias Hager macht, sind anders. Wer sich eine Sitzbank anschaut, der sieht noch den Baum vor sich, wie er im Wald gelegen ist. Die Bretter sind nicht penibel zurechtgeschnitten, oft noch mit Rinde. Die Struktur ist erkennbar. Jedes Stück ist anders, hat seinen eigenen Charakter.

Tobias Hager ist Holzkünstler. Vor 13 Jahren hat er begonnen, für Familie und Freunde Holzschmuck, Skulpturen und Schüsseln zu fertigen. "Zu Weihnachten hab ich keine Geschenke mehr gekauft, sondern alles selbst hergestellt", erzählt der 35-Jährige. "Es war ein Selbstläufer." Sein Hobby habe sich immer mehr entwickelt und so meldete der gelernte Koch und Kellner im vergangenen Jahr ein Kleingewerbe an. "Ziel ist es, dieses auf ein volles Gewerbe auszuweiten." Die Nachfrage ist gut, seine Kunden kommen aus ganz Österreich. Vor Kurzem hat er auch eine Bestellung aus der Schweiz erhalten. Die große Reichweite hat er auch seinem Instagram-Auftritt und einer Homepage zu verdanken, auf der er seine Produkte präsentiert.
Auch das Eigenheim selbst gebaut
Die Werkstatt des gebürtigen Mattighofeners befindet sich im oberösterreichischen Schalchen. Für seine Arbeitsstätte hat er einen ehemaligen Lastwagenanhänger umgebaut. Auch seine Wohnung ist ein Unikat: Das zugehörige Grundstück hat er selbst erschlossen, aus vier Containern ein Haus gebaut und sich dort mit seiner Freundin eingerichtet. Bei einem Kaffee sitzt er nun in der Küche und erzählt von seinem Weg in die Selbstständigkeit. Der Holzofen heizt den kleinen Raum gut auf, auf einem der Küchenstühle liegt ein dicker Kater. Es wirkt heimelig. An den Fenstern hängen Vorhänge, es gibt viele Zimmerpflanzen und an den Decken der Containerwohnung sogar Stuck. Dass eine Frau im Haus wohnt, ist unverkennbar. Die Liebe zum Detail zeichnet aber wohl beide aus: In der Küche stehen selbst gemachte Salz- und Pfefferstreuer und eine Obstschale, die Eckbank um den Küchentisch wurde selber gezimmert. Den Innenausbau hat Tobias Hager fast komplett allein gemacht. Die Selbstständigkeit, die ihm seine Arbeit als Holzkünstler bringt, schätzt er sehr. Die freie Zeiteinteilung und eine gute Work-Life-Balance sind Hager wichtig. So gehe er auch manchmal um acht Uhr abends noch in seine Werkstatt, weil ihm seine Arbeit Spaß mache.
Holz kommt aus regionalem Umfeld
In Zusammenarbeit mit diversen Tischlereien fertigt Hager aber nicht nur Deko-Artikel, sondern auch Möbel aller Art: Bei ihm gibt es Tische, Couchtische, Waschtische, Bänke, Betten und Kinderwiegen. "Das Holz beziehe ich aus dem regionalen Umfeld." Vor Kurzem erst habe er einen Teil einer Eiche gekauft - der ältesten aus dem Bezirk Braunau, die bei einem Sturm umgefallen sei. Solche Stücke sind für ihn eine große Investition, haben aber auch einen besonderen Charakter. Aus der Eiche will er unter anderem einen Tisch aus einem Stück fertigen. "Jedes Stück ist ein Unikat", sagt Hager, der als Firmennamen nicht umsonst "Naturkunst" gewählt hat. "Der wahre Künstler ist die Natur, wir formen sie nur. Man muss es erkennen und ein Auge dafür haben." Er gehe oft in den Wald und sehe sich dort nach besonderen Stücken um. "Wenn es mich anzieht, zum Beispiel hohe Wurzeln, mache ich was Schönes draus."
"Der wahre Künstler ist die Natur, wir formen sie nur. Man muss sie erkennen und ein Auge dafür haben." Tobias Hager, Holzkünstler
Ihm gefalle es, aus totem Holz etwas Neues zu schaffen. Hager deutet auf ein Regal, das über seinem Küchentisch im Haus hängt. Es ist ein naturbelassenes Brett - nicht gerade geschnitten, sondern noch in der Form, wie der Baum gewachsen ist -, das mittels zweier Halterungen an die Wand geschraubt wurde. Für einen Zimmerer seien die Bretter oft nur Abfallprodukte, sagt Hager. Sein eigentlicher Plan am Anfang seines Hobbys war es, Dinge herzustellen, die ihm selbst Freude bereiten. "So entstehen die schönsten Produkte." Diesem Motto ist er treu geblieben. "Bei uns stecken in jedem Stück Schweiß, Herzblut und Liebe", sagt Tobias Hager. "Jedes Stück ist aus Massivholz, nicht aus Pappendeckel, wie es bei manchen großen Möbelherstellern der Fall ist." Bei Tobias Hager ist alles Handarbeit, eine industrielle Fertigung gibt es bei ihm nicht. Das ist seinen Produkten auch anzusehen und verleiht ihnen ein ganz eigenes Flair. Die Kunden wissen das, sie suchen etwas Besonderes, sind von den standardisierten Massenmöbeln, die es in fast jeder Wohnung gibt, gelangweilt.
Produkte sollen für jeden sein
Dem Holzkünstler ist es wichtig, mit fairen Preisen zu handeln, auch wenn seine Produkte sehr hochwertig sind. "Ich bin nicht ambitioniert, nur die obere Schicht der Gesellschaft zu bedienen." Er selbst komme aus der Mittelschicht und es sei daher sein Zugang, dass sich auch nicht so gut betuchte Familien ein schönes Stück bei ihm kaufen können. Sein Ziel sei es, gute Qualität zu einem normalen Preis anzubieten.
Den Schritt in die Selbstständigkeit bereut er nicht. "Ich war immer schon ein kreativ denkender Mensch, der die Sachen selbst machen wollte." In einer Firma sei das schwierig gewesen. Seine berufliche Laufbahn geht über viele Stationen: Als Koch sei er viel auf Saison im Ausland gewesen. Nachdem er seine Verlobte kennengelernt hat, habe die Gastronomie wegen ihrer Arbeitszeiten aber keinen Sinn mehr ergeben. So gründete er zusammen mit Freunden eine Eventagentur. Auch bei den ÖBB in Salzburg sei er schon im Logistikbereich tätig gewesen. Als Holzkünstler könne er sich jetzt endlich frei entfalten. "Ich wollte schon immer mein eigener Chef sein." Die Freundin sieht es kritischer: "Sie sagt, ich habe Autoritätsprobleme", sagt Hager mit einem Augenzwinkern.
Grenzen in einer Festanstellung
Natürlich gebe es als Selbstständiger auch viele Nachteile. Urlaubsgeld gebe es jetzt nicht mehr, das mache sich bemerkbar. Dafür sei die Motivation als Selbstständiger höher, einmal mehr Geld zu verdienen, als kollektivvertraglich festgelegt ist. "Hier hat man es selber in der Hand und Einfluss auf das Einkommen." Das Einkommen steige, je mehr man arbeite. In einer Festanstellung seien einem einfach Grenzen gesetzt. "Man kann sich wirklich was aufbauen", so Hager, der auch schon ein neues Projekt in Aussicht hat. Gemeinsam möchte er mit dem Chef der Tischmanufaktur Stammdesign aus Perwang in dessen Werkstatt einen Uhrbaukurs anbieten. Die Teilnehmer sollen bei dem Workshop eine eigene Wanduhr anfertigen können.
Workshop für Wanduhren
Angst davor, sich dadurch das eigene Geschäft kaputt zu machen - Wanduhren sind derzeit die Haupteinnahmequelle von Hager -, hat er nicht. Leute, die handwerklich geschickt seien, würden sich eine solche Uhr auch ohne Kurs ohnehin selber bauen. Und allen anderen mache das Projekt sicherlich viel Freude. Für die Wanduhren verwendet der Holzkünstler unterschiedliche Holzarten. Kirsch-, Nuss- und Zwetschkenholz zeichnen sich durch ihre besondere Struktur aus. Per Hand werden die Uhren dann geschliffen und mit speziellen naturbelassenen Ölen versiegelt. Zum Schluss werden sie dann in einen passenden Altmetallreifen eingefasst. Auch wenn er nicht dieselbe Sicherheit habe wie in einem Angestelltenverhältnis, ist er von seinem beruflichen Weg überzeugt. Was die Auftragslage angehe, gehe es in die richtige Richtung. Gerade das Weihnachtsgeschäft sei sehr gut gelaufen. Als nächste Schritte hat Tobias Hager die Anmietung eines Lagerraums sowie eines Schauraums zum Präsentieren der Möbel und Kunstgegenstände geplant. Viele Kunden seien überrascht, wenn sie zu ihm kämen und nur die Werkstatt vorfänden.
Empfehlung: Job im Handwerksbereich
"Ich möchte nicht stehen bleiben." Sein Geschäft solle immer professioneller laufen. Er könne jedem empfehlen, im Handwerksbereich tätig zu sein. "Es gibt einem ein Stück Freiheit, man kann sich sehr gut entfalten." Nach einem Arbeitstag könne man immer erkennen, was man geleistet habe, und halte das Produkt in den Händen. "Man hat viel mehr Erfolgserlebnisse und bekommt gleich Feedback", sagt Tobias Hager. Auch das gehöre zu den Dingen, die man in einer Firma nicht habe. Durch die Kunden erfahre man eine ganz andere Wertschätzung.